Veröffentlicht: 09.02.2021
Donnerstag 15.05.2014
Zwei Wochen sind heute rum. Wir stehen tapfer schon vor 8 Uhr morgens auf und schaffen erstmals das Frühstück, was keine große Offenbarung ist (viel haben wir also nicht in den letzten zwei Tagen verpaßt). Um 9.00h fahren wir ab in Richtung Fredericksburg.
Unsere Route führt uns wieder über die Landstraße 290 – nunmehr nach Westen – und unser erstes Ziel ist die LBJ-Ranch bei Stonewall.
Schon der Ort Johnson City zeugt von der Präsenz der Familie des ehemaligen Präsidenten Lyndon B. Johnson. LBJ kam nach dem Attentat an Kennedy 1963 für zwei Jahre an die Macht und wurde 1965 für vier weitere Jahre gewählt. Hier bei Stonewall stehen das Haus der Grosseltern, sein Geburtshaus, das Haus, in dem er bis zu seinem Tod 1973 gelebt hat und auch der kleine Friedhof der Familie ist auf diesem Gelände zu finden. Seine Frau Claudia hat verfügt, dass nach ihrem Tod (2007) das Grundstück mit den Häusern inkl. der eigenen Residenz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte. Wir können glücklicherweise selbst fahren und müssen nicht an einer Tour teilnehmen.
Der Weg führt durch die Ländereien, entlang an Rinderwiesen und dem besagten Familienfriedhof, einem Air Strip für die Präsidentenmaschine (LBJ war der erste Präsident der USA mit eigenem Flugzeug, das hier auch ausgestellt ist und eine Mini-Version der heutigen Air Force 1 ist).
Im hinteren Bereich der Weiden findet sich ein Stall, den man auch betreten kann. Alles in allem aber nicht sehr spannend. Wir fahren dann auch ohne Besichtigung des Wohnhauses von LBJ weiter und steuern die Beckmann-Sauer Ranch an, die unweit der Johnsons liegt. Sie ist eine Working Ranch – aber irgendwie ist der Begriff auch ziemlich strapaziert, denn es ist eher ein Museum. Also weiter.
An der Landstraße 290 sind jetzt viele „Peaches“-Schilder zu finden und viele Wineries ausgeschildert. Wir holen uns ein sensationelles Pfirsich-Eis mit riesigen Obststücken im cremigen Vanilleeis. Unglaublich lecker!
20 Minuten später erreichen wir Fredericksburg. Am Marktplatz steht die runde „Vereinskirche“, die aber ein kleines Museum beherbergt.
Im Garten dahinter erinnern Plakate an einige Deutsche, die für die Stadt wichtig waren. Und es findet sich ein Denkmal für Herrn von Meusebach, das ihn bei der Finalisierung des Vertrages mit den Comanchen zeigt. Im Übrigen der einzige Vertrag zwischen Weißen und Indianern, der bis heute noch Bestand hat und eingehalten wird! Von Meusebach genießt daher auch höchstes Ansehen bei den First Nation.
Wikipedia schreibt dazu: „Im Jahr 1845 wurde Meusebach zum Nachfolger von Carl Prinz zu Solms-Braunfels als Generalkommissar des Vereins zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas ernannt und ging gleich im Mai 1845 im Auftrag dieses Vereins nach Texas. Dort gründete er 1846 die Ortschaft Friedrichsburg (Fredericksburg) im Gillespie County in Texas, die er nach Prinz Friedrich von Preußen benannte (….). Nach kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Comanchen schloss er am 2. März 1847 bei San Saba mit den Indianern Frieden, unterzeichnete am 9. Mai 1847 seinen berühmten Friedensvertrag und gab dadurch nicht nur den beiden bedeutenden deutschen Siedlungen in Texas, New Braunfels und Fredericksburg, eine solide Basis und Sicherheit, sondern ermöglichte auch die weitere Besiedlung des Landes, so dass infolge die Countys Concho, Kimble, Llano, Mason, McCulloch, Menard, San Saba, Schleicher, Sutton und Tom Green gegründet werden konnten.
Meusebach war von William Penns Indianerpolitik in Pennsylvanien inspiriert und die Voraussetzungen seiner Verhandlungserfolge mit den Indianern waren sicher seine positive Einstellung und sein freundliches Verhalten ihnen gegenüber. Meusebach sagte nach den Friedensverhandlungen mit den Comanchen: „Wenn mein Volk für eine Zeitlang mit Euch gelebt hat und wenn wir uns gegenseitig besser kennen, dann mag es vorkommen, dass einige heiraten möchten. Bald werden unsere Krieger Eure Sprache lernen. Wenn sie dann wünschen, ein Mädchen aus Eurem Stamm zu heiraten, sehe ich darin überhaupt kein Hindernis, und unsere Völker werden so viel bessere Freunde. …. Mein Bruder spricht von einer Barriere zwischen den roten Männern und den Bleichgesichtern. Ich schätze meine roten Brüder nicht geringer, weil ihre Haut dunkler ist, und ich halte nicht mehr vom Volk der Weißen, nur weil ihre Hauptfarbe heller ist.“ - 1936 wurde bei San Saba (San Saba County) ein Gedenkstein mit folgendem Text aufgestellt: „On this site a treaty of peace was agreed upon, March 1–2, 1847, between twenty Comanche chiefs and the German colonists represented by Otfried Hans Freiherr von Meusebach (1812–1897), who became a citizen of Texas under the name of John O. Meusebach…this treaty was never broken.“ (Deutsch: An dieser Stelle wurde am 1-2 März 1847 ein Friedensvertrag geschlossen zwischen zwanzig Komanchen-Häuptlingen und den deutschen Kolonisten vertreten durch Otfried Hans Freiherr von Meusebach (1812–1897), der unter dem Namen John O. Meusebach Bürger von Texas wurde. Dieser Vertrag wurde nie gebrochen.)“
Wir gehen in der Old German Bakery eine Kleinigkeit essen. Sie ist dekoriert mit Bildern aus Berlin, hat aber weder gutes Brot, noch gemütliche Atmosphäre, aber eine drollige Speisekarte mit vielen Schnitzeln.
Es ist heiß, unsere Gummibärchen sind schon lange im Handschuhfach zu einer einzigen homogenen Masse verschmolzen.
Wir fahren ein wenig durch Fredericksburg und gucken uns die alten Häuschen an. Nicht nur die Sunday Houses sind sehenswert, aber etwas, was ich noch nirgendwo in den USA oder sonstwo auf der Welt gesehen habe. Die Deutschen haben diese kleinen Häuser, die meist nur einen Raum und eine Küche hatten, im Umkreis ihrer Kirche gebaut und sie nur Sonntag genutzt.
Dann kamen sie mit ihren Kutschen aus den Dörfern nach Fredericksburg zur Kirche. Und um nicht nach der Kirche erstmal wieder 2 Stunden nach Hause zu fahren, konnte man in diesen Häusern mit allen Familienmitgliedern essen. Erst am Nachmittag fuhr man dann zurück auf die Farm. Heute sind diese Mini-Häuser entweder Denkmäler oder schön renoviert und bewohnt. Dann allerdings durch Anbauten ergänzt.
Etwas weiter liegt die St. Maria-Kirche, eine katholische Kirche aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Innen völlig schlicht und außen sehr alt wirkend.
Nun verlassen wir das heiße Fredericksburg und fahren in östlicher Richtung am Nimitz-Museum vorbei aus der Stadt heraus. Wir biegen auf die Country Road 1376 nach Süden ab und steuern nun das 3-Seelendorf Luckenbach an.
Die Straße führt durch eine wunderschöne Hügellandschaft mit viel Grün, Wildblumen und gelb blühenden Kakteen. Luckenbach ist herrlich.
Es besteht aus etwa 5 Holzhäusern, wovon eines die Dance Hall ist und eines der alte Laden. Unter knorrigen Bäumen sitzen ein paar Leute und hören einem Gitarrenspieler zu.
Ein Hahn sitzt oben in einer Astgabel und kräht. Luckenbach ist ein heißer Treffpunkt für Countrymusik-Freunde und Biker. Jedes Wochenende geht es hier rund.
Bei Wikipedia steht zu Luckenbach folgendes:
„Luckenbach wurde Ende der 1840er von deutschen Farmern besiedelt, darunter die Brüder Jacob und August Luckenbach. Das älteste Gebäude Luckenbachs ist ein Gemischtwarenladen und Saloon, der 1849 von Minna Engel – deren Vater ein deutscher Wanderprediger war – eröffnet wurde. Die Gemeinde, deren erstes Postamt 1854 unter dem Namen South Grape Creek eröffnet wurde, wurde 1886 nach Minnas Verlobtem und späterem Ehemann Albert Luckenbach benannt. Das Paar zog 1892 nach Martinsburg, das nach der Eröffnung einer Poststelle auf den Namen Albert Luckenbachs in Albert umbenannt wurde. Luckenbach war als Handelsniederlassung gegründet worden und betrieb Handel mit den Comanchen, mit denen seit 1847 ein von John O. Meusebach geschlossener Friedensvertrag galt.
Nach einigen Quellen gelang 1865 – über 35 Jahre vor den Brüdern Wright – Jacob Brodbeck der erste erfolgreiche Flug der Luftfahrtgeschichte auf einem Feld bei Luckenbach, wo er als Lehrer tätig war. Die Einwohnerzahl Luckenbachs wuchs bis zu einem Höchststand von 492 im Jahr 1904, in den 1960er-Jahren war Luckenbach jedoch fast zu einer Geisterstadt geworden. Hondo Crouch kaufte 1970 auf Grund einer Zeitungsanzeige („town – pop. 3 – for sale“ (dt.: Stadt – 3 Einwohner – zu verkaufen)) Luckenbach für 30.000 $ und übernahm die Leitung des dortigen Tanzlokals, der Luckenbach Dance Hall. Heute vermittelt Luckenbach mit seiner geringen Einwohnerzahl und seiner Wild-West-Wurzeln noch immer das Gefühl einer Geisterstadt. Die beiden Hauptgebäude Luckenbachs sind das Haus, in dem sich die Poststelle, der Laden und der Saloon befinden, sowie das Tanzlokal.
Luckenbachs enge Verbindung zur Country-Musik begann im Sommer 1973, als Jerry Jeff Walker in der Luckenbach Dance Hall das Live-Album Viva Terlingua aufnahm, das zu einem der Klassiker in der Outlaw-Bewegung der Country-Musik wurde. Vier Jahre später setzten Waylon Jennings und Willie Nelson Luckenbach mit dem Lied „Luckenbach, Texas (Back to the Basics of Love)“ ein Denkmal.“
Jedenfalls versteht dieses Nest bestens, seine Kleinheit in klingende Münze umzusetzen. Es gibt eine große Auswahl an Souvenirs und der Slogan „Everybody is somebody in Luckenbach“ ziert demnächst als Magnet meine Dunstabzugshaube in Berlin.
Eine Stunde später passieren wir Boerne, das mich stark an Prof. Boerne aus dem Münsteraner Tatort erinnert.
Wir erreichen jetzt den Highway 46 und fahren nach Osten in Richtung New Braunfels. Um 18.00h checken wir im Sleep In ein und schwingen uns gleich wieder ins Auto, um Richtung Gruene zu fahren, was rund 5 km entfernt ist.
Auch, wenn wir immer von „Grüne“ sprechen, spricht der kennende Texaner den Ort folgerichtig als „Green“ aus. Warum das allerdings mit „ue“ geschrieben wird, wird einem sicher keiner erklären können. Der putzige Ort besteht praktisch aus 3 Straßen, ein paar teilweise skurrilen Geschäften und einigen Restaurants.
Unter Bäumen stehen Tische und Bänke, die gut besetzt sind, weil hier die lokalen Wineries zur Weinprobe geladen haben. Ich probiere einen Wein und entscheide mich unmittelbar weiterhin eher Budweiser zu trinken.
Wir laufen etwas rum und natürlich zur Gruene Dance Hall. Diese Dance Hall ist die größte in Texas und an sich schon eine Sehenswürdigkeit. Das Gebäude verfügt über eine über 500qm große Tanzfläche und hat sich in der Neuzeit als Konzerthalle etabliert. Gebaut 1878 von Heinrich D. Gruene, hat sich dieses Relikt aus alten Tagen bis heute gut behaupten können. Country-Größen wie Willie Nelson sind hier aufgetreten und leider tritt auch heute Abend irgendeine uns unbekannte Musikerin live auf und es ist alles ausverkauft. So können wir die berühmte Dance Hall nur von außen sehen und nicht nochmals ein paar Stunden Two-Step sehen. Jemand, der zwei Tickets verkaufen will erzählt, dass die Künstlerin Patty XY keine Country Musik macht und so kaufen wir ihm die Tickets nicht ab.
Wir bummeln durch die Gegend, schauen von oben durch dichtes Grün auf den unterhalb des Ortes fließenden Guadeloupe River und setzen uns schließlich bei „Oma Gruene’s Secret Garten“ an Picknicktische, holen uns ein Bier und hören bis es dunkel ist, ein paar Musikern auf einer kleinen Bühne zu.
Ein schöner, gemütlicher Abend. Neben uns prangt ein Schild mit der Aufschrift: „Das Leben ist schöen“.
Tagesstrecke: ca. 170 Meilen / 274 km