Veröffentlicht: 08.08.2019
Es ist gegen sieben am Donnerstagmorgen (01.08.2019), als ich nicht weit von Böyük Dəhnə in der Halbwüste frühstücke. Die Landschaft sieht aus, wie das Klischee, welches ich von Aserbaidschan im Kopf habe. Hügelig, ockerfarben und nur von wenig Vegetation besiedelt. Eine Stunde später befinden wir uns auf dem Weg in die Siedlung. Die Sonne versteckt sich hinter einer dünnen Wolkendecke und macht das Gehen erträglich. Nach gut 2 km erreichen wir Böyük Dəhnə und werden umgehend von Ruslan und seinem Vater zum Frühstück eingeladen. Eigentlich zu früh für eine Pause und ob der guten Wanderbedingungen wahrscheinlich keine sehr schlaue Entscheidung, aber die Aussicht auf ein Käffchen ist dann doch zu verführerisch. Auf dem Grundstück der Familie angekommen, wird gemeinsam gefrühstückt. Es gibt Kaffee, Tee, Brot, Käse, Wurst, Butter und verschiedenes Obst und Gemüse. Nach und nach kommen und gehen im Laufe des Vormittags Angehörige und Freunde der Familie. Die Mutter hat wohl Geburtstag. Ich kann duschen und mein Wanderhemd wird gewaschen. Außerdem bekomme ich Socken und ein neues Oberteil geschenkt. Ruslan und seine Schwester sprechen ganz gut Englisch, der Vater Russisch. So können wir uns etwas austauschen. Wiedermal ganz normale, überaus gastfreundliche Leute auf die ich getroffen bin. Gegen elf verabschieden wir uns und ich gehe mit Rango entlang der Landstraße weiter nach Süden. Nach gut 10 km suchen wir schließlich in Aran unter einem Baum Schutz vor der Sonne. Die Wolken haben sich mittlerweile verzogen und ein weiterwandern scheint vorerst unmöglich. Bei einem Anwohner kann ich etwas Wasser auftreiben, lehne aber eine erneute Einladung zum Essen ab. Nachdem ich etwas entspannt habe, versuche ich an der Landstraße eine Mitfahrgelegenheit zu organisieren. Es dauert eine Weile, aber gegen vier können wir schließlich bei Razim mitfahren. Rango springt etwas voreilig in den Kofferraum und darf gleich dort bleiben. Ein Loch bei der Armlehne der Rückbank, gerade groß genug für Rangos Kopf, bietet Zugang zu klimatisierter Luft aus dem Innenraum. Ersticken muss der Dicke also nicht und auch mein schlechtes Gewissen hält sich in Grenzen. Razim kommt aus Mingəçevir und ist Händler. So klappern wir auf dem Weg, in mehreren kleinen Dörfern, Markets ab, in denen der Mann Bestellungen aufnimmt. Am Abend erreichen wir Mingəçevir und ich werde zum Abendbrot eingeladen. Nach und nach stoßen ein paar Freunde Razims dazu. Es gibt Brot, Salat und Schaschlik. Alles sehr schmeckig. Später werde ich von den, mittlerweile leicht angetrunkenen, Jungs noch direkt bis an den etwa 3 km entfernten Strand gefahren. Wir verabschieden uns und ich suche mir einen Lagerplatz. Ich frage an einer Art Strandbar nach, bekomme ein Plätzchen zugewiesen und werde umgehend zu Tee und gebratenem Fisch eingeladen. Anschließend gehe ich im Stausee baden, wasche meine Wäsche und ziehe mich unter die Plane zurück.
Am Freitagvormittag werde ich, nach meinem Frühstück im Zelt, zu Tee, Brot, Butter und Käse an die Strandbar eingeladen. Anschließend mache ich mich mit dem Dicken auf den Weg in die Stadt. Auf dem Bazar kaufe ich mir ein paar neue Schuhe und entsorge anschließend meine Wanderschuhe, die mittlerweile irreparable Schäden hatten. Ich schlendere noch etwas durch die Stadt und gehe am späten Nachmittag zurück zum Strand. Dort geht es prompt baden (auch Rango kühlt sich ab) und anschließend entspanne ich bei einem kühlen Bier etwas an der schattigen Strandbar. Ich komme mittels Übersetzer mit Aiche ins Gespräch. Die attraktive junge Frau ist Grundschullehrerin und Mutter einer elfjährigen Tochter. Wir verstehen uns ganz gut, für die ins Gespräch gebrachte Hochzeit, bin ich dann aber doch nicht spontan genug. Später am Abend werde ich von Ragil und Tural zum Essen und Trinken eingeladen. So zieht sich der Abend bis weit nach Mitternacht.
Den Samstagvormittag (03. August 2019) verbringe ich am Zeltplatz. Bevor die ersten Besucher am Strand auftauchen geht es zum Planschen ins kühle Nass und anschließend für einen Tee an die Strandbar. Gegen Mittag schlendere ich mit Rango wieder nach Mingəçevir zum Bazar. Ragil hat mich in seinen Buchladen eingeladen und hilft mir anschließend dabei einen neuen Maulkorb für den Dicken zu organisieren. Den Alten habe ich wohl vor Böyük Dəhnə beim Zelt abbauen vergessen. Dann geht es mit Tural zum Dolma essen. Ich kenne die Speise bereits aus Rumänien, Georgien und Armenien. Laut Ragil schmeckt Dolma aber nirgends so gut wie in Aserbaidschan. Wir fahren im Cabrio durch Mingəçevir, klappern mehrere Lokalitäten ab, bevor in einem Restaurant direkt an der Kura die in Weinblättern eingerollten Fleischklöschen bestellt werden. Wirklich sehr lecker. Anschließend geht es in eine gekühlte Spielhalle für einen Tee und anschließend zum Baden zurück an den Fluss. Am späten Nachmittag verabschiede ich mich und gehe mit Rango zurück zum Strand. Wenn ich die Jungs richtig verstanden habe, sollten wohl ein paar leichte Mädchen für den Abend organisiert werden. Das schien mir nicht mehr angemessen. Den Rest des Tages verbringe ich ganz entspannt am Strand.
Den Sonntag beginne ich mit einem Frühstück im Zelt und anschließendem Tee an der Strandbar. Dann spaziere ich mit dem Dicken wieder in die Stadt und pausiere wie üblich an einer kleinen Bar. Beim weiteren Schlendern durch Mingəçevir treffe ich erneut auf Ragil und Tural. Ich werde erneut zum Essen eingeladen und auch die Mädels vom Vorabend werden nochmal ins Gespräch gebracht. Hartnäckig die Jungs. Am späten Nachmittag kaufe ich noch ein paar Kleinigkeiten ein und gehe mit Rango zurück zu unserem Zeltplatz am Stauseeufer. Der Abend verfliegt wieder vor der Strandbar in guter Gesellschaft.
Am Montag, den 05. August 2019, wollte ich eigentlich weiterziehen, der Wetterbericht hat jedoch erneut weit über 30 °C und einen wolkenfreien Himmel vorhergesagt. Erst für den Dienstag kündigt sich etwas Abkühlung an. Ich verweile also noch etwas nahe Mingəçevir. Nach meinem Frühstück gibt es Tee an der Strandbar und am Mittag gehe ich, fast schon aus Gewohnheit, an meine Kaffeebar am Ortseingang von Mingəçevir. Der Besitzer Nico ist in Berg-Karabach geboren. Damit erschließt sich auch der Name "Qarabag" des Etablissements. Wir verstehen uns gut und ich komme eher selten dazu für mein Heißgetränk auch zu bezahlen. Den Rest des Tages verbringe ich dann wieder mit Baden und Enspannen am Stausee. Über den Abend werde ich zu drei Abendessen eingeladen. Vorspeise gibt es mit dem Besitzer der Bar, zum Hauptgang kommt ein Teil seiner Familie zum Essen vorbei. Auch sie mussten aus Bergkarabach fliehen. Sie erzählen von der schönen Landschaft, den Bergen, dem Wald sowie dem guten Wasser, welches es dort gibt und berichten wehmütig, dass ihre Kinder die Heimat noch nicht sehen konnten. An meinen Erfahrungen in Armenien und den netten Menschen dort, ist man trotzdem interessiert. Ich werde überredet einen Selbstgbrannten zu probieren, der wohl um die 80 Vol.% haben soll. Ist mir deutlich zu straff und auch den Einheimischen scheint der Tropfen eher schwer runter zu gehen. Am späteren Abend trudelt auch Nico nochmal an der Strandbar ein. Nachtisch quasi. So langsam platze ich aus allen Nähten. Da die angebotenen Speisen aber allesamt sehr lecker sind, fällt es schwer nein zu sagen. Beim obligatorischen nächtlichen Bad im Stausee schwimme ich dann auch lieber nicht so weit raus. Dann geht es wiedermal erst spät in der Nacht ins Nest.