Veröffentlicht: 04.01.2018
29/12 - 03/01
"Ich könnte noch tausend Mal durch diese Stadt laufen und würde immer noch etwas Neues entdecken!". Diese Aussage brachte es an unserem letzten Tag in Valparaíso genau auf den Punkt.
Valpo - wie die Stadt von den Einheimischen genannt wird - war unser Ziel für die Silvesternacht. Nach einigen Recherchen haben wir herausgefunden, dass es hier angeblich das beste und größte Feuerwerk in ganz Südamerika geben soll. Außerdem dürfte hier das Nachtleben einzigartig sein. Die perfekte Kombination also für die Neujahrsfete!
Diese Stadt besticht durch eine ganz eigene Atmosphäre. Als wir mit dem Bus aus Santiago ankamen, erschien sie mir eigentlich etwas versifft und heruntergekommen. Der typische Glamour, den man sich von einer hochgelobten Stadt erwartet, fehlt hier absolut. Dafür gibt es praktisch an jeder Hausmauer Straßenkunst in Form von Graffiti oder Malerei zu bewundern. Dementsprechend viele Freigeister leben hier in Valpo. Man begegnet immer wieder etwas eigenwilligen Gestalten, bei denen man schwer sagen kann, ob sie gerade von ihrer Parkbank aufgestanden oder aus ihrem Atelier gekommen sind.
Die Stadt wurde außerdem willkürlich ohne Baukonzept auf insgesamt 40 Hügeln errichtet. Freunde des 90°-Winkels werden hier schwer enttäuscht werden - Valpo ist extremst verwinkelt und es gibt überall kleine Seitengassen. Wer keine Lust auf ewiges Stufensteigen hat, kann eine der 7 alten und extrem steilen Ascensores (Standseilbahnen) als Transportmittel verwenden.
Bereits nach unserem ersten Rundgang auf unserem Cerro waren wir schwer begeistert. Hinzu kam dann auch noch, dass auf dem Platz vor unserem Fenster plötzlich Folklore-Musik ertönte und zahlreiche Menschen einfach zu tanzen begannen. Unser Hostel fügte sich ebenfalls in die schräge Stadtarchitektur ein. Der Fußboden in unserem Zimmer wurde scheinbar ohne Wasserwaage verlegt und um in den Gemeinschaftsbereich zu gelangen, musste man 10 Meter über eine Wendeltreppe hinabsteigen. Das wundert einen beim ersten Mal insofern, als man das Haus eigentlich ebenerdig auf dem Hügel betritt, allerdings reicht die Hausrückseite ein weiteres Stockwerk tiefer hinunter. Diese Bauweise findet man überall in der Stadt - vor allem am Cerro Alegre stehen richtig schöne Exemplare ehemaliger britischer Kolonisten.
An unserem ersten Morgen in Valpo machten wir wieder mal eine Free-Walking-Tour, da dies eine gute Möglichkeit ist, mehr über die Stadt zu erfahren und Orte abseits der üblichen Touristenwege kennenzulernen. Besonders hier in Valpo zahlt es sich aus, wenn ein Einheimischer den Weg vorgibt. Nebenbei bekommt man auch gute Unterhaltung und interessante Facts geboten.
Beim Frühstück in unserem Hostel lernten wir Julia aus Deutschland kennen, mit der wir gemeinsam zum Treffpunkt der Walkingtour marschierten. Üblicherweise stellen sich bei diesen Touren alle Teilnehmer kurz mit Namen und Herkunftsland vor. Bei der Vorstellungsrunde hörten wir hinter uns kurz ein "Babsi from Austria", schenkten dem allerdings keine große Aufmerksamkeit. Als wir dann losgehen wollten, kam plötzlich von hinten: "Emi, bist das du?". Wie es der Zufall so wollte, trafen wir ungeplanterweise Babsi, eine Freundin von Emi, und so hatte man gleich einmal eine Menge zu erzählen. Babsi war mit dem Chilenen Ignacio und der Argentinierin Lucia unterwegs, die sie damals bei ihrem Auslandssemster in Zagreb kennengelernt hatte. Bei einem kurzen Zwischenstopp, um Empanadas zu jausnen, lernten wir dann noch das Schweizer Pärchen Cyrill und Selina kennen, mit denen wir uns sofort bestens verstanden.
Nach der Walkingtour waren wir also plötzlich eine Gruppe von 8 Leuten, mit denen wir den restlichen Tag verbrachten. Nach einer eher wenig spannenden und sehr kurzen Bootstour, die uns eigentlich wegen dem Sonnenuntergang und dem Ausblick auf die erleuchtete Stadt empfohlen worden war - beides davon sahen wir nicht - schmiedeten wir anschließend bei einigen Bieren und Mojitos Pläne für die Silvesternacht. Gemeinsam feiert es sich ja am besten!
(v.l.n.r.: Selina, Cyrill, Babsi, Ignacio, Lucia, Julia und wir zwei)
Zu Silvester ankern im Hafen von Valpo und den angrenzenden Küstenorten eine Vielzahl mit Pyrotechnik beladene Boote. Um Punkt Mitternacht wird die komplette Ladung dann abgefeuert - das Ganze dauert dann gute 20 bis 30 Minuten. Um eine gute Sicht auf das Spektakel zu haben, platziert man sich am besten mit ausreichend Getränken auf einem der vielen Plätze hoch oben auf einem der Hügel.
Bereits am Nachmittag fanden sich dort Leute mit Kühlboxen und Campingequipment ein und die vielen Straßenverkäufer bauten schön gemütlich ihre Verkaufsstände auf. Wir waren mit einigen Sixpacks, Sekt und Haselnussschnaps - den Babsi aus Österreich mitgebracht hatte - ausgestattet. Wie in Valpo üblich, wurde man während der Wartezeit auch gut mit Straßenmusik unterhalten. Die Stimmung war also ausgezeichnet. Um Mitternacht knallten dann die Sektkorken - "Feliz Año Nuevo!" - erklangen die Sprechchöre und das riesige Feuerwerk wurde endlich gezündet. Es wurde zum Glück hoch genug in die Luft geschossen, sodass wir trotz der Flut an Smartphones, die plötzlich hochgehalten wurden, noch etwas davon sehen konnten.
Es wurde seinem Ruf gerecht! Ich - als absoluter Feuerwerk-Gegner - muss eingestehen, dass der Anblick beeindruckend war. Besonders, wenn man den Blick entlang der Küste schweifen ließ und realisierte, wie weitläufig und riesig es tatsächlich war. Nach etwa 25 Minuten war der Spaß vorbei, die Menschenmenge jubelte, Unsummen von Geld hatten sich - im wahrsten Sinne des Wortes - in Rauch aufgelöst und das Meer war wieder eine extra Portion Müll reicher. Gleich im Anschluss an das Feuerwerk startete auf unserem Platz die After-Party mit lauter Elektromusik und wir stockten unseren bis dahin schon aufgebrauchten Getränkevorrat bei den zahlreichen Getränkeständen auf. Irgendwann gegen 4 Uhr morgens torkelten wir dann Richtung Hostel - besonders Cyrill hatte schon einige Schwierigkeiten, die Steigungen der Hügel auszugleichen. Ich war beeindruckt von der Atmosphäre, die zu diesem Zeitpunkt in der Stadt in den engen und verwinkelten Gassen herrschte. Kurz vor dem Schlafengehen gabs dann natürlich noch den obligatorischen Hot Dog - Italiano versteht sich! :)
Während wir den 1. Jänner hauptsächlich im Bett verbrachten, reisten Babsi, Ignacio, Lucia und Julia bereits weiter nach Santiago. Die restliche Zeit in Valpo verbrachten wir also mit Cyrill und Selina. Wir schlenderten einfach durch die Gassen, genossen die Aussicht von verschiedenen Dachterassen auf die Stadt und gönnten uns ein wenig...;) Cyrill und Selina waren bereits am Ende ihrer Südamerikareise und hatten schon viele Orte besucht, die uns noch bevorstehen. Also tauschten wir einige Tipps und Geschichten aus und vereinbarten, auf jeden Fall weiterhin in Kontakt zu bleiben!
Fazit:
Valpo ist tatsächlich der perfekte Ort, um in Südamerika Silvester zu feiern. Das Feuerwerk war enorm und die Stadt hat ihren ganz besonderen Charme. Auch wenn nicht gerade Silvester ansteht, gehört diese Stadt unserer Meinung nach auf jede Must-See-Liste einer Chile-Reise, denn hier ist immer etwas los!Man muss sich einzig etwas an den Uringestank und die Hundehaufen gewöhnen, die von den vielen Straßenhunden hinterlassen werden. Diese gehören ebenso zum Stadtbild wie die bunten Häuserwände. In einem kleinen Café entdeckten wir mal eine Karte, auf der die Streuner-Reviere eingezeichnet waren. Die Bevölkerung kümmert sich um die Hunde - an vielen Straßenecken oder vor Lokalen stehen Gefäße mit Wasser oder Futter, sodass es den Vierbeinern eigentlich an nichts mangelt.
Neben Silvester feierten wir am 31.12. außerdem die Halbzeit unserer Weltreise. Wir können uns beide nicht festlegen, ob die Zeit bis jetzt schnell oder langsam vergangen ist. Auf jeden Fall ist es ein unglaubliches Gefühl, zu wissen, dass wir diese Zeitspanne noch einmal erleben dürfen! Durch die coole Atmosphäre und die lieben Leute, die wir in Valparaíso kennengelernt haben, hat sich auch kurz eine Reisemüdigkeit eingeschlichen. Wir wollten eigentlich nicht schon wieder packen, einen ganzen Tag in diversen Verkehrsmitteln verbringen und in einer neuen Stadt erneut von vorne anfangen müssen.
Recht lange hielt die Müdigkeit aber nicht an und wir sind schon wahnsinnig gespannt, was uns auf der zweiten Hälfte unserer Reise im Norden von Chile, Bolivien, Peru, Kolumbien und Brasilien erwartet! :)
Hasta pronto!
E&L
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