somewhereoutthere
somewhereoutthere
vakantio.de/somewhereoutthere

Auf Tuchfüllung mit Pachamama! - Cusco

Veröffentlicht: 25.01.2018

19/01 - 24/01

Das einzigartige Machu Picchu, den Inca-Trail oder die farbenprächtigen Rainbow Mountains - all das, wofür Cusco weltbekannt ist, haben wir nicht gesehen!

Es ist schon irgendwie ein komisches Gefühl, nach Cusco zu fahren und Machu Picchu nicht zu besuchen. Wir haben sehr lange mit uns gerungen, aber schlussendlich entschieden, dass es sich auf dieser Reise einfach nicht auszahlt. Es ist jetzt mitten in der Regensaison, und jeden Tag gibt es mindestens zwei heftige Regenschauer. Und wenn wir uns schon Machu Picchu ansehen wollen, dann soll es auch das krönende Ziel einer mehrtägigen Wanderung sein. Da solche Touren ziemlich teuer sind, wollten wir einfach nicht so viel Geld ausgeben, um dann vier Tage klitschnass herumzuwandern und Machu Picchu bzw. auch die umliegende Landschaft nur durch eine Wolkendecke zu sehen...

Von Copacabana aus nahmen wir eine Busverbindung nach Cusco. Nach wenigen Minuten erreichten wir die Grenze und mussten aus- bzw. einreisen. Wir sind immer noch begeistert, wie einfach es als Österreicher ist, zu reisen: Kein Visum, keine Einreisegebühren - einfach nur Pass hergeben und ein kleines Formular ausfüllen! Nach drei weiteren Stunden erreichten wir Puno, wo wir den Bus wechseln mussten. Ab Puno verbrachten wir nochmal neun Stunden in einem Doppeldeckerbus, bis wir endlich in Cusco ankamen. Mittlerweile machen uns solche Reisezeiten überhaupt nichts mehr aus, das einzig unangenehme war die Kombination aus mangelnder Frischluftzufuhr und Menschen mit intensivem Körpergeruch. In Cusco angekommen, freuten wir uns, endlich wieder ein Zimmer mit einer kleinen Heizung und heißem Wasser zu haben.

Was macht man aber in Cusco, wenn man alle üblichen Attraktionen nicht besucht? Cusco allein ist schon eine sehr schöne Stadt, die man durchaus einen Tag genauer erkunden kann. Immerhin war sie früher die Hauptstadt des Inka-Reiches, bis die Spanier einmarschiert sind. Demzufolge gibt es viele Gebäude und Bauwerke sowohl im Inka- als auch im Kolonialstil.


Für fünf Tage Aufenthalt ist das aber bei weitem nicht genug Programm. Emi stieß - lange bevor wir die Reise angetreten haben - bei der Recherche über Cusco auf einen interessanten Beitrag über die sogenannte „San Pedro Experience“. Dabei handelt es sich um eine spirituelle Zeremonie, bei der man einen speziell zubereiteten Saft aus dem San Pedro-Kaktus trinkt. Die Erfahrunsberichte der Leute, die das bereits gemacht haben, waren so positiv, dass wir uns entschieden, es ebenfalls auszuprobieren.

Wir machten uns also auf die Suche nach einem seriösen Anbieter und fanden das „Healing Tree Center“. Diese Organisation bezeichnet sich eher als medizinsches Institut und bietet neben der San Pedro Experience auch noch andere Kuren mit sogenannten 'Master Plants' (Heilpflanzen) an. Die grausamste bzw. intensivste hierbei ist die "Ayahuasca", aber dazu später mehr.

Wir kontaktierten die Leute vom Healing Tree Center und schauten für das Erstgespräch bei ihnen im Büro vorbei. Juanita und Italo - die Institutsbetreiber - erklärten uns, was auf uns zukommen würde und stellten uns außerdem einige Fragen zu unserem Ernährungsverhalten und unserem Gesundheitszustand. Üblicherweise wird nämlich empfohlen, eine Woche vor der Zeremonie eine strikte Diät einzuhalten. Da wir uns nur zwei Tage vorher dafür angemeldet hatten, sollte für uns ein Tag Diät reichen. Ab sofort mussten wir also auf Kaffee, Fleisch, Zucker, Medikamente, Vitaminpräparate u.v.m. verzichten und am kommenden Morgen eine Entgiftungskur mit "Volcanic Water" (Vulkanwasser) durchziehen.

Nachdem wir alles geklärt hatten, gingen wir erstmal Essen - und zwar streng nach Diät ernährten wir uns vegan. In Cusco ist die Kulinarik glücklicherweise sehr nach den Bedürfnissen der westlichen Touristen ausgerichtet und wir hatten sowieso ein veganes Restaurant auf unserer Wunschliste. Das Essen war echt ausgezeichnet. Wer in Cusco vegan speisen möchte, dem sei das „Green Point“ sehr ans Herz gelegt. Ich als begnadeter Fleischesser muss zugeben, dass das vegane Essen dort echt köstlich war, es ließ mich Fleisch nicht vermissen. Den Rest des Tages bereiteten wir uns mental auf die kommenden zwei Tage vor.




Am nächsten Morgen kam eine junge Dame mit einem riesigen Kanister voller Vulkanwasser bei uns im Hostel vorbei. In sehr schlechtem Englisch erklärte sie uns, dass wir auf nüchternen Magen nun 8 - 10 Becher davon zu uns nehmen müssen. Im ersten Moment dachte ich mir, dass es wahrscheinlich kleine Plastikbecher sein würden und war über diese Anzahl nicht sehr verwundert. Allerdings packte sie für uns zwei 500 ml-Becher aus! Uns war es ein Rätsel, wie wir mindestens 4 Liter Flüssigkeit innerhalb von ein bis zwei Stunden zu uns nehmen sollten. „Habt ihr eh genug Klopapier?“, wollte sie noch wissen. Das Zeug ist nämlich abführend und hat denselben Effekt wie ein Einlauf. Das Wasser schmeckte etwas salzig, war aber durchaus trinkbar. Die ersten zwei Becher waren schnell geleert. Danach mussten wir ein paar Fitnessübungen machen, um den Kreislauf etwas in Schwung zu bringen und im Magen etwas Platz zu machen. Ab dem dritten oder vierten Becher wurde es langsam unangenehm. Es gesellte sich außerdem ein unangenehmer Schüttelfrost hinzu - scheinbar kühlte das viele Wasser den Körpervon innen. Ab dem fünften Becher fing dann die Verdauung an und wir tranken abwechselnd einen Becher und gingen aufs Klo. Ich weiß nicht mehr genau wie, aber ich habe es tatsächlich geschafft, 4 Liter Vulkanwasser zu trinken...Emi war nach 3 Liter gereinigt. 

Nach der Detoxtour hatten wir mächtig Hunger und gingen wieder in das vegane Lokal. Auf dem Weg dorthin war ich schon sehr kraftlos, es war heiß und wir mussten viel bergauf gehen. Diese ganzen Umstände haben dazu beigetragen, dass ich die ganze Zeit an das gute österreichische Essen denken musste. Besonders Schwein hatte es mir angetan, das wir während unserer Diät auf gar keinen Fall essen durften. Schnitzel, Schweinsbraten, Käsekrainer, Heurigenjause, Ripperl: In diesem Moment beschloss ich, dass ich mir zuhause von meinem Vater zeigen lassen muss, wie man einen richtigen Schweinsbraten zubereitet.

Am nächsten Morgen holte uns pünktlich um 8 Uhr Juanita mit dem Schamanen Nicolas und unserem Fahrer (Namen leider vergessen) ab. Während der Fahrt zum Büro in der Stadt, wo Juanita ausstieg, erzählte sie uns ganz fröhlich und unbeschwert, was uns den Tag über erwarten würde. Emis Nervosität steigerte sich jede Minute, besonders als Juanita ausstieg und uns mit den beiden spanischsprechenden Männern im Auto zurückließ. Wir fuhren dann eine Weile durch die Stadt und immer weiter den Berg hinter Cusco hoch. Irgendwann wurden die Straßen unbefestigt und die Fahrt gestaltete sich ziemlich holprig. Nach etwa einer halben Stunde Autofahrt kamen wir bei einem alten, abgefuckten Haus an. Wir stiegen aus, nahmen unsere Sachen und betraten durch ein Eisentor einen kleinen Hof. Dort saßen eine blonde Frau und ein junger Typ – unser russischer Begleiter Danil, wie sich schnell herausstellte. Wir wurden gebeten, Platz zu nehmen und zu warten. Während der Wartezeit unterhielten wir uns mit der blonden Frau, die aus Dänemark war und die eine dreitägige Ayahuasca-Kur machte. Ayahuasca ist in etwa das Heroin unter den Master Plants. Man leidet unter schweren Halluzinationen und muss sich ständig übergeben. Der erste Tag dürfte dabei die reinste Qual sein. Sie schaffte es in der ersten Nacht nicht aus eigener Kraft auf die Toilette, weil es ihr so schlecht ging. Sie wollte bereits aufgeben, ließ sich aber vom Schamanen überreden, weiterzumachen. Sie hat uns erzählt, dass sie sich ein bestimmtes Ziel für ihre Kur gesetzt hatte und mittlerweile nach dem zweiten Tag schon auf einem guten Weg dorthin sei - beispielsweise sind ihre chronischen Schulterschmerzen verschwunden, was sie anfangs überhaupt nicht glauben konnte. Irgendwann kam ihr Mann kurz vorbei, gab uns die Hand und ging sofort wieder schlafen. Er sah aus wie ein Häufchen Elend. Durch die ganzen Gruselgeschichten wurden wir noch nervöser und löcherten die arme Dänin mit unnötigen Fragen und hielten sie so davon ab, endlich nach zwei Tagen Nulldiät ihren Porridgebrei fertig zu löffeln. Unsere Anspannung war mehr oder weniger unbegründet, da San Pedro eine weit harmlosere Form der spirituellen Reinigung als Ayahuasca ist.

Nach gefühlten 20 Minuten holte uns Danil endlich für den ersten Teil in einen großen, dunklen und vor allem kalten Raum. Wir setzten uns auf dünne Matratzen nebeneinander und Danil erklärte uns ruhig und gelassen, was San Pedro ist, welche Symptome auf uns zukommen und wie der Tag verlaufen würde.

San Pedro ist eine Wasser-Kaktus Mischung - der ursprüngliche Name ist eigentlich "Wachuma" und bedeutet so viel wie „Alles an seinem Platz“. Es geht also darum, wieder in Einklang mit sich selbst zu gelangen und seine Verbindung zu Pachamama - der Mutter Erde - zu erneuern. San Pedro wurde früher von den Ureinwohnern der Gegend, die keinen Zugang zu moderner Medizin hatten, als physisches und psychisches Heilmittel eingesetzt. Angeblich hilft es gegen Parasiten, frühe Stadien von Krebs, Diabetes, und einiges mehr. Die volle Wirkung setzt erst nach etwa zwei bis zweieinhalb Stunden ein und wir sollten uns hauptsächlich mit uns selbst beschäftigen und darauf achten, uns als Pärchen nicht zu sehr um das Wohl des Partners zu sorgen - das ist für den eigenen Heilungsprozess hinderlich.

Irgendwann kam dann der Schamane hinzu, zog sich seinen Teppich an, setzte seine Quastelhaube auf und die ganze Sache fing von vorne an, nur dass der Schamane auf Spanisch erklärte und uns Danil auf Englisch übersetzte. Danach folgte die erste Zeremonie. Jeder von uns bekam drei Kokablätter in die Hand und der Schamane sprach etwas in der indigenen Sprache, um uns für den "Trip" nur das Beste zu wünschen (es waren 3 Dinge, von denen ich mich nur mehr an Harmonie erinnern kann). Nach dem Spruch bliesen wir dreimal auf die Kokablätter und mussten sie dann kauen. Nachher umhüllte uns der Schamane einzeln noch mit Rauch – auf den Kopf und zwischen die Handflächen blies er uns den Zigarettenrauch. Danach kam der Trinkteil…

Danil hatte uns bei der Einführung schon gewarnt, dass dieser Part der schwerste sein würde, weil das Getränk widerlich ist - was allerdings eine enorme Untertreibung war. Es war eine grüne, zähe, stinkende und schleimige Flüssigkeit.Selbst jetzt beim Schreiben schüttelt es mich noch, wenn ich nur daran denke...


Ab diesem Zeitpunkt erlebten Emi und ich den Tag sehr unterschiedlich, weshalb ihn jeder für sich noch am selben Tag niedergeschrieben hat. Die Beiträge würden den Rahmen dieses Blogeintrags bei Weitem sprengen. Wer aber neugierig auf einen ausführlichen, teilweise sehr intimen und vermutlich unterhaltsamen Bericht unseres Kaktustrips ist, kann sich gerne persönlich bei uns melden! :) 

Zusammenfassend kann man sagen, dass man für Außenstehende vermutlich sehr komische Dinge macht und etwas abwesend wirkt. Eigentlich ist man aber höchst konzentriert und auf sich selbst fokussiert. Es ist vergleichbar mit einer Meditation, wo man komplett im Hier und Jetzt ist und nichts anderes wahrnimmt. Der ganze spirituelle Schnickschnack ist ganz nett - aber wenn wir uns ehrlich sind - man berauscht sich einfach mit Meskalin! Für uns war es jedenfalls eine einzigartige und extrem positive Erfahrung, die wir so schnell nicht vergessen werden. Ein paar fotografische Eindrücke möchten wir euch nicht vorenthalten...











Den letzten Tag in Cusco verbrachten wir sehr gemütlich mit Frühstück, Free-Walking-Tour und Essen gehen in der Stadt. Wir spürten beide allerdings noch einige Auswirkungen vom vergangenen Tag: Ich hatte kaum Appetit und war nicht besonders gut gelaunt, Emi war müde und  stark reizbar.

Die Walking-Tour war ok - der Guide erzählte uns ein paar nette Inkastories - aber recht begeistern konnte ich mich nicht dafür. Zu guter Letzt kosteten wir noch eine Spezialität in Peru – "Ceviche". Das ist roher Fisch mit Zwiebeln und Limettensaft. Ich konnte es aus irgendeinem Grund nicht essen - der Geschmack war nicht wirklich schlimm, aber ich brachte den rohen und kalten Fisch einfach nicht hinunter. Auch Emi als Fischfreundin schmeckte es nicht wirklich - naja, versucht hätten wir es jedenfalls...






Fazit:

Cusco ist eine überraschend schöne Stadt. Wir haben uns im Vorfeld nicht viel darüber informiert und haben eher ein kleines Städtchen erwartet. Erst dort erfuhren wir, dass es die ehemalige Hauptstadt des Inka-Reichs war. Außerdem lebt sie sehr stark vom Tourismus, wodurch einiges an Geld in der Stadt bleibt und eine gute Infrastruktur vorhanden ist. Obwohl wir in der Regensaison dort waren, waren extrem viele Touristen unterwegs - ich möchte mir nicht vorstellen, was hier in der Hauptsaison erst los ist.

Wir werden auf jeden Fall wiederkommen, um alles Verpasste nachzuholen. Cusco war außerdem unser einziger Stopp in Peru, wir haben also fast keine andere Wahl, als nochmal in dieses Land zu kommen, um es so richtig kennenzulernen!


Hasta pronto!

E&L


>> Next stop: Kolumbien <<

Antworten

Peru
Reiseberichte Peru