Salam ya Amman
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Zwischen Uni und Dabke.

Veröffentlicht: 12.11.2019

Sonntag – Dienstag, 10. – 12. November

Die letzten drei Tage waren lang, sehr lang. Sonntag und Dienstag liefen dabei beide sehr ähnlich ab: früh aufstehen, joggen, Frühstück, arabisch lernen + Unikram, Arabisch-Unterricht in der Uni, Vorlesung am Abend, danach wieder arabisch + Unikram. Für die Uni haben wir derzeit sehr viel zu tun. Anders als in den meisten deutschen Unis haben wir hier nicht nur eine Klausurenphase am Ende des Semesters, sondern „mid-term Prüfungen“ Ende November und dann schließlich die „finals“ im Januar. Für die mid-terms gibt es also für alle unserer vier Vorlesungen diverse Aufgaben und assignments abzugeben. Alle dieser assignments müssen in Gruppenarbeit erledigt werden, und ich habe wirklich alles andere als einen Überblick darüber, was in welcher Gruppe für welche Dozentin erledigt werden muss. Neben all unseren Verpflichtungen, Vorlesungen, Praktika, Arabisch-Unterricht & Co. ist es außerdem gar nicht so einfach, Termine zu vereinbaren, an denen jeweils alle Gruppenmitglieder Zeit haben. Derzeit herrscht also so etwas wie eine allgemeine Überforderung in unserem Kurs. Aber das ist okay. Bis zu den Weihnachtsferien haben wir hoffentlich die erste Stresswelle überlebt und können dann für die finals ein wenig durchschnaufen. Man darf nur nie seinen Humor verlieren.

Solange Sophia und ich bei Tarabot arbeiten, werden wir das auch nicht. Als ich am Montagmorgen um kurz nach 9 dort auftauche, sehe ich schon an einem gelben Schulbus, der unten im Hof steht, dass die Bude voll ist. Niemand kann mir erklären, welches Event genau hier schon so früh stattfindet, aber es ist auf jeden Fall gut besucht. Im Bastelraum sitzen kleinere Kinder und basteln bunte Regenschirme auf DinA4-Blättern. Im anderen größeren Raum sind heute Beamer und Leinwand im Einsatz, vor der ältere Kinder sitzen und sich einen Film über die Geschichte der arabischen Länder anschauen. Eine Sache, die uns hier schon öfter aufgefallen ist: schon im frühesten Alter werden Jungs und Mädels getrennt. Wenn getanzt wird, Lieder gesungen, oder einfach nur Reihen gebildet werden, um das Gebäude geordnet zu verlassen. Und auch hier beim Film: Mädels auf der einen Seite, Jungs auf der anderen. Während diese strikte Geschlechtertrennung bei mir immer wieder Erstaunen hervorruft, scheint sie für die Kinder und Betreuer*innen hier ganz selbstverständlich zu sein.

Nach einer kurzen Zeit bricht (wie bei den meisten Aktivitäten und Workshops, die hier für Kinder angeboten werden), wieder allgemeine Panik aus. „Bsirra, bsirra!“, hört man die Betreuerinnen im Bastelraum rufen, übersetzt „Schneller, schneller!“. Ich helfe also noch schnell den beiden Jungs in der Ecke, ihre Schirme fertigzubasteln, während um uns herum schon alles im Eiltempo aufgeräumt und geputzt wird, dann finden wir uns alle im großen Saal in der Mitte wieder. Nach dem „Aramsamsam-Tanz“, der immer wieder gut bei allen Kindern ankommt, dann der heutige Höhepunkt: Amer und Ibrahim sind in zwei riesige Kostüme geschlüpft, Mickey Mouse und Schlumpf, in denen sie jetzt in den Saal hereingetanzt kommen, während die Kinder fröhlich juchzend um sie herumhüpfen. Die Tarabot-Mitarbeiter*innen schaffen es wirklich jedes Mal wieder, Fröhlichkeit und Freude zu verbreiten. Und das ist unheimlich schön anzusehen.

Nach dem Tanz bekommen alle Kinder dann noch einen Rucksack geschenkt (der Reihe nach abgeholt, zuerst alle Mädels, dann alle Jungs), dann kehrt in Tarabot wieder für eine kurze Zeit Ruhe ein. Nach der Mittagspause, dann der nächste Programmpunkt: Dabke.

Dabke ist ein arabischer Folkloretanz, der in den nächsten Wochen den Kindern beigebracht werden soll, die hier tagsüber ihre Freizeit bei Tarabot verbringen. Kemo übernimmt das, wie alles, was mit Musik und Trommeln zu tun hat. Auf einmal ergibt das Marschier-Spiel, das er letzte Woche mit den Kindern praktiziert hat, und das ich als seltsames Soldaten-Imitieren abgestempelt hatte, wieder Sinn: es war schon eine kleine Vorbereitung auf den Tanz, bei dem die Kinder ihre rechten und linken Schritte koordinieren müssen. Und das klappt erstaunlich gut. Vermutlich, weil alle sichtlich Freude dabei haben, und was man mit Freude lernt, lernt man schnell. Kemo trommelt im rhythmischen Takt dazu, und die Zeit geht viel schneller vorbei, als die Kinder und ich uns vielleicht wünschen würden. Ich bin wirklich unheimlich gerne hier bei Tarabot.


Antworten (1)

Hannah
<3 ساحر