Stars Are Closer and Clouds Are Nutritious Under Golden Trees

Dienstag, 05. November

8 am. Heute kann ich den Vormittag endlich mal wieder entspannter angehen lassen. Wir frühstücken zusammen mit Yannick, ein Freund von Lea aus Deutschland, der gerade auf Reisen ist und in den letzten Tagen in unserer Wohnung unterkam. Unsere riesigen Sofas sind ja geradezu für Übernachtungsgäste gemacht. Heute wird er weiterreisen nach Irbid, in den Norden Jordaniens, und von dort aus weiter nach Israel und Palästina. Diese Reise steht bei mir definitiv auch noch aus.

Der restliche Vormittag ist wirklich entschleunigend, und ich kann mich ganz in Ruhe mit meinen Arabisch-Unterlagen und meiner Gitarre beschäftigen, bevor ich mich dann um 2 Uhr auf den Weg zu unserem Arabisch-Kurs mache. Wie immer haben wir dann zwischen dem Kurs und unserer Abend-Vorlesung noch eine gute Stunde Zeit, die ich mit Sophia mal wieder im Wild Jordan Center verbringen möchte. Sophia schlägt vor, heute einen anderen Weg dorthin zu nehmen und wir steigen bis dahin unbekannte Treppenstufen hinauf, bis wir uns plötzlich zwischen riesigen alten Gebäudekomplexen befinden. 

Die Wege und kleinen Höfe vor den hübschen Villen sind mit Bäumen bepflanzt, zwischendrin Sonnenschirme und Sitzgelegenheiten. Wir biegen nach rechts ab in einen kleinen Garten, in dem Orangen- und Granatapfelbäume angepflanzt sind, und stehen dann vor einem großen Eingang einer der Villen. Es gibt keine Tür, nur einen offenen Torbogen, sodass wir mit Staunen das Gebäude betreten. Es hat den Charme einer alten Villa, mit hohen Decken, alten Fließen auf dem Boden, aber sauberen und neu gestrichenen Wänden. Uns fällt auf, dass jeder Raum in einer anderen Farbe gestrichen ist, und verschiedene Werke an den Wänden hängen – eine Kunstausstellung. Nach außen führt durch einen großen, offenen Türbogen ein Balkon, von wo aus man wie so oft einen sehr schönen Blick auf Amman erhaschen kann. Dort stehen außerdem ein großer Tisch mit Stühlen und Bänken – wie für uns gemacht!

Sophia und ich breiten unsere Sachen aus, als ein junger Mann zu uns auf den Balkon tritt, mit dem wir ins Gespräch kommen. Er heißt Bashar, ist Architekturstudent an der GJU und arbeitet hier als Nebenjob nach der Uni. Bashar erklärt uns nun, was es mit diesen Gebäudekomplexen auf sich hat: es ist Besitztum der MMAG Foundation for Arts and Culture in Amman. Es gibt hier eine kleine Bibliothek, die für alle zugänglich ist, und ein Café. In den restlichen Räumlichkeiten gibt es verschiedene Kunstausstellungen, zur Zeit über den französischen Autor Jean Genet unter dem Namen „Stars Are Closer and Clouds Are Nutritious Under Golden Trees“. Sophia und ich haben den Namen noch nie gehört, aber Bashar führt uns nun durch die Räumlichkeiten und zu den ausgestellten Werken und nimmt sich viel Zeit, uns alles zu erklären. Jean Genet war ein Romanautor, Dramatiker und Dichter und eine schillernde Persönlichkeit. Er wurde  wegen verschiedener Delikte zu lebenslanger Haft verurteilt und hat viele autobiografisch geprägte Werke geschrieben . Bashar empfiehlt uns sein bekanntestes Buch, „Prisoner of love“, das man auch in der Bibliothek hier ausleihen kann.

Bashar zeigt uns nun noch das untere Stockwerk des Hauses, in dem zwei verschiedene Filme in Dauerschleife gezeigt werden. Alle Räume sind in bestem Zustand hergerichtet und wir bekommen nun noch zwei aufwändig designte und hochqualitative booklets über die Hausstellung in die Hand gedrückt. Der Stiftung fehlt es offensichtlich nicht an Geld. Sophia und haben hier wirklich einen kleinen Schatz entdeckt. Wir werden hier definitiv noch viel Zeit verbringen. Aber jetzt müssen wir erst Mal zur Uni.

Nach unserer Vorlesung treffe ich mich dann noch mit Sophia, Rudaina und Clara in einem Restaurant in Weibdeh. Wir sind in einer Gruppe in einem unserer Seminare, für das wir ein Projekt in einer Organisation planen und implementieren müssen, und machen das nun zwischen Shisha, Hummus und Labaneh. So lassen sich Arbeit und Vergnügen sehr gut vereinen. Heute gehe ich rundum zufrieden schlafen.