Veröffentlicht: 05.11.2019
Samstag - Montag, 2. – 4. November
Samstag, 8 am. Ich versuche, mir am frühen Morgen noch ein paar Arabisch-Unterlagen für meinen Hocharabisch-Kurs anzuschauen. Letze Woche habe ich den Kurs verpasst und somit die Lücke, die sowieso schon zwischen mir und dem Rest des Kurses klafft, um 3 intensive Stunden erweitert (auf meine Nachricht auf arabisch in der Whats-App-Kursgruppe, mit Entschuldigung für mein Fehlen und der Frage, was wir gemacht haben, habe ich von unserem Lehrer nur ein „Ich akzeptiere Ihre Entschuldigung“ als Antwort erhalten). Ich merke dann später im Kurs, dass mein Grundwortschatz mittlerweile ausreicht, um zumindest zu verstehen, worum es geht, aber ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, inwieweit dieser Kurs wirklich sinnvoll für mich ist. Ich sträube mich dennoch dagegen, aufzugeben, auch wenn ich meine Zeit am Samstagvormittag möglicherweise besser investieren könnte.
Ich rede nach dem Kurs auch kurz mit Imad darüber, dem einzigen anderen Deutschen bei uns im Kurs. Er versteht schon sehr gut Hocharabisch und ich erfahre jetzt auch, warum. Er ist Moslem und möchte den Koran besser verstehen können und sich mehr mit islamischer Literatur beschäftigen. Das als einziges Ziel, wehrt er sich konsequent dagegen, den Dialekt hier zu verstehen oder zu sprechen. Er sagt, er spreche auch konsequent hocharabisch mit allen Leuten hier, auch wenn er oft komisch angeschaut werde. Mit Hocharabisch ist es nämlich so: man hört es in den Nachrichten und liest es in der Literatur. Gesprochen wird es ansonsten nicht. Gar nicht. Meine Motivation für den Samstagskurs ist daher, die generelle Struktur der Sprache und Grammatik besser zu verstehen. Meine Kommunikationsfähigkeiten hole ich mir dann aus dem anderen Kurs und unserer Nachhilfe. Aber es ist schon ein Stück weit so, als würde ich gerade zwei verschiedene Sprachen auf einmal lernen.
Nach dem Kurs gehe ich meine gewohnte Schleife über den Markt, esse zu Hause noch ein die restlichen Kibbeh, die Umm Hayan uns mitgegeben hat, und versinke dann für zwei Tage in fälligen assignments für die Uni. Ohne meinen Laptop in den letzten zwei Wochen ist so einiges liegen geblieben und ich muss mich jetzt bemühen, die Deadlines am Sonntag und Dienstag einzuhalten.
Montag, 8:25 am. Zur gewohnten Zeit verlasse ich unsere Wohnung und mache mich zu Fuß auf den Weg zu Tarabot. Die Zeit, die ich mir dafür einplane, ist auf die Minute genau abgezählt und ich trage mich pünktlich um 9 Uhr in die Anwesenheitsliste ein. Nach einem entspannten Morgen-Kaffee mit Sophia kommen dann Sara und Jafer, die syrischen Geschwister, die oft am Vormittag kommen (nachmittags gehen die syrischen Kinder zur Schule, während jordanische Kinder am Vormittag ihren Unterricht haben – warum auch immer es diese Aufteilung gibt), und die Sophia und ich ganz besonders lieb haben. Sie sind beide unheimlich gescheit, süß, geduldig mit unserem arabisch, und super talentiert im Zeichnen. „Ya habibi!“, sagt Jafer immer wieder, was Sophia und ich wiederholen, woraufhin Sara gar nicht aufhören kann, zu kichern. „Habibi“ heißt übersetzt eigentlich „Mein Schatz“, „Ya habibi“ so viel wie „Meine Güte“, was aus unseren Mündern wohl besonders komisch klingt. Wir sagen ihnen, dass sie unsere Lehrer*innen sind, was sie lächelnd und etwas verschämt zur Kenntnis nehmen. Gegen 12 machen sich die beiden dann auf den Weg zur Schule, und wir zur Mittagspause. Wir könnten uns problemlos den ganzen Tag mit den beiden beschäftigen.
Nach der Mittagspause sind heute Mal wieder keine Kinder da. Wir haben das Prinzip hier immer noch nicht so ganz verstanden, wer wann da ist, und wann welche Aktivität stattfindet. Es gibt am Nachmittag aber auch ohne Kinder etwas zu tun: Gegen Ende der Woche fliegt Dr. Amina, unsere Chefin, nach Taiwan, um einen großen Geldgeber von Tarabot zu besuchen, der dort ansässig ist. Amina möchte dafür ein paar selbst gebastelte Gastgeschenke mitnehmen, bei deren Erstellung wir jetzt helfen. Aus dünnen Papierstreifen und Kleber angefertigte Schlüsselanhänger. Wirklich sehr süß. Und schade, dass wir sie nicht selbst behalten dürfen.
Am Rest des Tages, nur noch Vorlesung und assignment. Ich bin froh, wenn unsere Kurz-Hausarbeit morgen abgegeben ist, und ich dann Uni-mäßig wieder ein wenig durchschnaufen kann.