Salam ya Amman
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Salt. Why not.

Veröffentlicht: 01.12.2019

Freitag, 29. Dezember

10:00 am. Nachdem ich heute Morgen nach Frühsport und Frühstück auf der Suche nach ein paar Sonnenstrahlen bin (in unsere Wohnung kommt tagsüber leider nur wenig Sonnenlicht herein), entdecke ich, dass der kleine Gartentisch bei uns im Treppenhaus an einem wirklich ganz wundervollen Platz steht: Sonne voll am Vormittag. In meinem Top sitze ich dort eine Zeit lang mit meinem Laptop, bis mir Lea und Rebecca Gesellschaft leisten, die beschließen, heute hier im Freien zu frühstücken.

Lea und ich besprechen währenddessen ein wenig unsere Pläne für später: wir hatten angedacht, heute einen kleinen Ausflug zu machen, um Mal etwas aus Amman herauszukommen, und beschließen, dass Jerash eine gute Wahl wäre. Die antike Stadt ist wegen ihrer gut erhaltenen Ruinen eine der Touristenaktionen Jordaniens und befindet sich nur 40 km von Amman, weshalb es sich sehr gut für einen Tagesausflug eignet. Ein Halb-Tagesausflug, besser gesagt, denn natürlich dauert bei uns alles wie immer etwas länger, sodass wir erst gegen halb 3 von zu Hause loskommen. Wenn man bedenkt, dass es um 5 Uhr schon dunkel wird, hätte es sich vielleicht doch gelohnt, heute mal weniger zu trödeln. Aber besser spät als nie, im Zweifel immer unser Motto.

Wir nehmen also ein Taxi zur Busstation Norden, wo die Busse nach Jerash abfahren, haben wir uns sagen lassen. Dort angekommen steuert unser Taxifahrer ortskundig die Haltestelle an, an der die Jerash-Busse starten, wo sich schon einige andere Taxi-Fahrer tummeln. Nachdem er aus seinem Taxi heraus mit den anderen Fahrern kommuniziert, wo wir hinwollen, die ernüchternde Nachricht: Heute fahren keine Busse nach Jerash. Es ist nämlich Freitag.

Vielleicht war es ein bisschen naiv von uns, davon auszugehen, dass heute am heiligen Tag alles läuft wie sonst. Lea und ich sind ein wenig ratlos, was wir jetzt tun sollen. Die Taxis nach Jerash sind uns zu teuer (die Taxifahrer, die sich nun in einen Schwarm um unser Auto sammeln handeln sich zwar gegenseitig die Preise von 15, auf 12, und schließlich auf 10 JD herunter, aber kein Vergleich zu dem 1 JD-Bus), und der einzige andere Bus heute fährt nach Irbid, eine andere Stadt noch weiter im Norden. Bis wir dort wären, wäre es allerdings schon dunkel.

Was also tun? Lea fragt kurzerhand mal Google Maps und findet Salt, eine Stadt, nicht zu weit von hier entfernt, die auf Wikipedia als sehenswerte Stadt mit zahlreichen Häusern aus osmanischer Zeit beschrieben wird. Salt? Das lässt sich unser Taxifahrer nicht zweimal sagen (das Taxometer ist während der ganzen Verhandlungszeit mit den anderen Taxifahrern fröhlich weitergelaufen), und macht sich prompt auf den Weg zu einem anderen Spot in Amman, von wo aus öffentliche Busse nach Salt abfahren. Wir kommen dort zeitgleich mit dem Bus unserer Wahl an – perfekt! Wir springen also raus aus dem Taxi und rein in den Bus, gleicher Art wie der alte verrostete Bus, mit dem ich vor einigen Wochen aus Madaba zurück nach Amman gefahren bin. Genau zwei Plätze vor der letzten Sitzreihe sind noch frei. Unsere Sitznachbarn im Mittelgang: Vögel. Die Männer in der letzten Reihe haben vier Vogelkäfige mit winzigen Insassen um sich herumgestapelt, die uns unsere Fahrt mit fröhlichem Gepiepse untermalen. Vielleicht wäre es noch besser gewesen, die Vogelkäfige zu sichern – bei einer Vollbremsung macht einer der Käfige sich schon auf den Weg nach vorne zum Fahrer, aber glücklicherweise hat unser Nachbar noch eine recht gute Reaktion und kann schlimmere Schäden vermeiden.

Zu Sonnenuntergang erreichen wir Salt und beschließen, als Nicht-Ortskundige einem kleinen Rundgang zu folgen, der in Leas Reiseführer beschrieben ist. Wir merken nun allerdings auch hier, dass Freitag ist: wären wir in Deutschland, würden wir sagen, es ist Sonntagsstimmung. Es sind kaum Leute auf den Straßen und viele der Läden, an denen wir vorbeilaufen, haben geschlossen. Was schade ist – die Holzläden, die die kleinen Geschäfte in den osmanischen Gebäuen verschließen, sehen wirklich süß aus. Vielleicht sollten wir an einem anderen Tag bei Sonnenschein noch einmal herkommen – der halbe Dinar für eine Busfahrt sollte auf jeden Fall kein Hindernis sein.

Wir suchen jetzt also zunächst noch die Treppen, die laut Reiseführer zu einem schönen Aussichtspunkt führen sollen, verlaufen uns aber zunächst ein wenig und kommen statt an einem Aussichtspunkt an vielen alten Gebäuden vorbei. Man kann den Charme noch erahnen, den sie zu Prachtzeiten ausgestrahlt haben müssen, jetzt sind sie allerdings nicht viel mehr als Hausruinen – teilweise ausgebrannt, teilweise einfach nur heruntergekommen. Und teilweise dennoch bewohnt. Nach ein paar Extrametern finden wir dann aber den gewünschten Aussichtspunkt und haben einen sehr schönen Blick auf Salt in der Dämmerung.

„Etschnabi?“, hören wir eine Stimme hinter uns. Ein kleiner Junger ist damit beschäftigt, ein Auto zu putzen, und schaut neugierig in unsere Richtung. Wir merken, als wir nun durch die Straßen laufen, dass wir noch um einiges mehr Aufmerksamkeit erregen, als in Amman. Offensichtlich verirren sich hier nicht so oft Touristen her. Und die Aufmerksamkeit ist nicht unbedingt immer angenehm. Eine Gruppe kleiner Kinder springt auf einmal um uns herum. „Money. Give me money!“ Als wir versuchen, mit ihnen zu reden, merken wir, dass dieser Satz tatsächlich alles ist, was sie auf Englisch sagen können. Wir können nur vermuten, was die Hintergründe davon sind. Ein bisschen traurig ist es in jedem Fall.

Nachdem wir noch in einem Lokal einkehren, um Shawarma zu essen (auch hier ist die Aufmerksamkeit ganz auf unserer Seite, und natürlich bekommen wir direkt Hilfestellung beim Bestellen), machen wir uns dann mit dem Bus wieder auf den Rückweg nach Amman. Zum City Centre wollen, wir, was der Busfahrer auf unsere Frage hin abnickt. Nachdem während der Fahrt immer wieder die Fahrertür repariert werden muss, die offensichtlich nicht mehr von alleine schließt, kommen wir nach einer relativ langen Fahrt durch den Abendverkehr irgendwann wieder in Amman an, als der Bus auf einmal stoppt.

„Downtown?“, fragt ein Mann in der ersten Reihe zu uns gerichtet. Alle Köpfe im Bus drehen sich nun zu uns um. Lea und ich wollen in die Downtown, aber sind uns sicher, dass wir noch nicht ganz da sind. Nach einer längeren Diskussion mit dem Busfahrer und unter Beobachtung aller anderer Fahrgäste, gewinnt der Fahrer schließlich, der seine Fahrt nicht weiterführen will, bis Lea und ich endlich aussteigen. Und er hat Recht – wir befinden uns nur in einer Seitengasse von der üblichen vielbefahrenen Downtown-Straße mit Hashem & Co., sodass wir uns zu Fuß auf den Nachhauseweg machen können. Dieser Ausflug ist definitiv rundum anders gelaufen, als wir uns das vorgestellt hatten. Aber schön wars.

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Hannah
جمیلہ