Hoch die Hände, Wochenende!

Donnerstag, 28. November

6:30 am. Nach joggen und gemütlichem Frühstück mache ich mich auf zum letzten Tarabot-Arbeitstag für diese Woche. Samer hatte uns für heute einen Accessoires-Workshop angekündigt, aber stattdessen erwartet uns ein Flashback: es findet der gleiche Workshop statt, mit dem wir unseren ersten Arbeitstag hier begonnen haben. Wir spannen bunte Schnüre über ein mit Nägeln präpariertes Brett und stellen verschiedene Motive her. Das Thema, natürlich Weihnachten. Auch diese Werke sollen später auf dem Weihnachtsbasar verkauft werden. Sophia und ich haben gesehen, dass unser Tannenbaum und Schneemann vom ersten Workshop auch schon verkaufsfertig gemacht wurden.

Sophia bekommt heute ein Geschenk als Motiv zugeteilt, ich ein „Ho Ho Ho“ mit Weihnachtsmannmütze. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, wie verbreitet hier dieser Weihnachtsmannklassiker ist – ich muss zumindest allen Tarabot-Kolleg*innen, die mir über die Schulter schauen, erklären was es mit diesen Wörtern auf sich hat. Gedankenverloren sage ich zu Sophia, dass ich mir sicher bin, dass man mit dieser Nagel-Schnur-Technik auch richtig schöne Dinge herstellen kann, und bin froh, dass mir das nur auf Deutsch herausrutscht. Unsere Workshop-Leiterin schmückt die Bretter am Ende noch mit roten Schleifen und etwas Glitzer, sodass alle Bretter auf einem Tisch liegend zum Schluss wirklich sehr hübsch und weihnachtlich aussehen. Da der Sommer in Amman diese Woche zumindest tagsüber wieder zurückgekommen ist, bin ich jedoch noch nicht wirklich in Weihnachtsstimmung. Auch wenn ich weiß, dass die Adventszeit schon ganz kurz bevorsteht.

Wir gehen zum Wochenabschluss noch einmal zu Abu Wahid, wo wir heute noch mit einem anderen Kunden zusammen Mittagessen. Als wir fertig sind, steht Abu Wahid auf einmal neben uns mit einem Päckchen Tempos, bei dem wir uns bedienen dürfen. Ich frage mich, ob er die Tempos extra für uns besorgt hat. Als wir ihn das letzte Mal nach Servietten gefragt haben, war er etwas enttäuscht, dass er uns nur das Papier anbieten konnte, das er immer als Tischsets nutzt. Sicher ist jedoch, dass er nur uns die Tempos anbietet, worüber sich der andere Gast prompt beschwert. „Etschnabi“ kommt in seiner Beschwerde vor, ein Wort, das wir nur zu gut kennen. Es bedeutet „Ausländer“, und wir können es regelmäßig hören, wenn Leute (auch viele der Kinder bei Tarabot) in unserer Nähe über uns reden. Die rechtmäßige Beschwerde findet Gehör: der Gast bekommt sein Tempo, und alle können zufrieden ins Wochenende starten.

Heute Abend haben Sophia und ich endlich wieder Arabisch mit Rose. Wir haben zwar nur eine Woche wegen Uni-Stress ausgesetzt, aber mir kommt es wie eine Ewigkeit vor. Es macht mich wirklich etwas traurig, dass meine Arabisch-Kenntnisse noch nicht auf dem Stand sind, wo ich sie gerne hätte. Unsere Stunde findet heute im Manara statt (Sophia hat angemerkt, dass es in ihrer Wohnung mittlerweile abends ziemlich kalt ist, und vorgeschlagen, den Ort zu wechseln. Tatsächlich ist es dort so kalt, dass beide ihrer Mitbewohnerinnen demnächst in eine besser gedämmte Wohnung umziehen werden. Der Winter hier in Ammans Häusern ist wirklich kein Zuckerschlecken), und ich merke, dass ich hier immer wieder die gleichen Gesichter sehe. Nach einem kurzen Plausch mit Ginas Freund Anas setzt sich noch Bashar zu uns an den Tisch, der uns damals eine Führung durch die MMAG-Stiftung gegeben hat, und lauscht ein wenig unserem Arabisch-Unterricht. Ich mag die Amman-family wirklich sehr.

Auf meinem Nachhause-Weg später, eine gute Nachricht von Rebecca: unsere Nachbarn haben sich von einer privaten Firma Wasser liefern lassen und unseren Tank mit aufgefüllt. Waschen & Duschen bis zur nächsten Wasserladung von der Regierung nächste Woche sind also gesichert. Das muss gefeiert werden! Zusammen mit Rebecca und Lea gehe ich zu Uncle Sam’s Pub, einem kleinen Pub in der Nähe vom 3rd Circle, wo wir den Stress der letzten Wochen auf der Tanzfläche begraben. Das war auch wirklich einmal nötig.