Veröffentlicht: 03.04.2017
Nach dem quirligen Hongkong erschien mir Singapur eher als die super moderne, futuristisch ausgerichtete Stadt. Schon vom Schiff aus konnte ich die Silhouette der modernen Bauten, besonders die des neuen Hotels sehen, das an ein Schiff oder ein Surfbrett erinnert. Dort oben befindet sich dann der Swimmingpool des Hotels, der das Gefühl vermittelt, sich direkt an der Dachkante zu befinden. Ein wirklich ungewöhnliches Gebäude und inzwischen eine weitere Attraktion Singapurs.
Aber auch das alte Wahrzeichen der Stadt – der Merlion- dominiert die Marina-Bucht. Der „Merlion“ ist ein Fabelwesen, halb Fisch, halb Löwe und soll die Einheit der Löwen-Stadt mit dem Meer symbolisieren. Er wurde 1964 vom Amt für Tourismus „erfunden“, und die jetzige Skulptur ist von 1972 und ganz in schneeweiß. Die großzügige gesamte Anlage der Hafenbucht ist auf künstlichem Land geschaffen worden und besonders fällt die Musik- bzw. Eventhalle („Esplanade“ genannt) auf, die eine ganze stachelige Oberfläche hat. Dieser Eindruck entsteht durch verschieden geformte Aluminium-Jalousien, welche das Tageslicht zur Innenbeleuchtung maximieren, aber gleichzeitig die Sonne abhalten. Nachts soll es dann durch das elektrische Licht aussehen, als wenn die Kugeln glühen. Das Gebäude hat eine lange Bauzeit gehabt, weil erst einmal die Landgewinnung viel Zeit in Anspruch nahm und es dann endlich 1993 für die Riesensumme von 600 Millionen Dollar fertiggestellt wurde. Trotz der großen Funktionalität in Form einer Musikhalle mit 1600 Sitzen und einem Theater mit 2000 Plätzen sowie weiteren Studios, Galerien und Restaurants ist das Bauwerk nicht jedermanns Geschmack, weil die eigenwillige Dachgestaltung manche an die Augen einer Fliege oder die Durian-Frucht erinnert. Aber die Sydney-Oper hat zuerst ja auch nicht gefallen. Hinter der Esplanade ist ebenfalls in einer Art Muschelform der neue botanische Garten entstanden – „The Gardens of the Bay“, der in riesigen, kugelförmigen Gewächshäusern Palmen, Olivenbäume und tropische Pflanzen zeigt. Davor steht der neue „Singapore Flyer“- das größte Aussichts-Riesenrad, von dem man einen tollen Blick auf den Hafen und die Stadt hat.
Es reiht sich also ein Superlativ neben dem anderen und man wundert sich, wie ein kleiner Stadtstaat mit nur 4 Millionen Einwohnern und 450.000 Overseas-Workers das so schaffen kann.
Der Schlüssel liegt natürlich in der Wirtschaftskapazität der Stadt mit dem großen Hafen, aber auch paradiesischen Bedingungen für Investoren durch wenig Restriktionen und vielen Steuervorteilen. Dadurch hat Singapur ein jährliches Wirtschaftswachstum von 9 %. Aber der noch wichtigere Punkt ist die straffe Führung durch die Regierung. Meine Reiseführerin erzählte, dass die Regierungspartei „PAP“ hieße, im Volksmund die beiden Ps aber für „Punishment and Pay“ gelesen würden, so wie es auch die zweideutige Bezeichnung „fine state“ gibt, das Wort fine steht für 1) gut, schön 2) Bußgeld.
Man muss hier wirklich für alles hohe Geldstrafen bezahlen, wenn man gegen Regeln verstößt. An Bord hatte man uns eingeschärft, keinen Müll wegzuwerfen (Kosten: min. 500 Singapur Dollar), ein Kaugummi wegwerfen kann sogar bis zu 10.000 Dollar kostet. Auch eine Toilettenspülung nicht zu bedienen kostet 500 Dollar. Also die Liste der „Vergehen“ ist lang und betrifft auch private Dinge, z.B. sind Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit ebenfalls verboten und werden bestraft. Es gibt ein Gesetz, nach dem Eltern im Alter ihre Kinder zu Unterhaltszahlung verklagen können und wenn die nicht zahlen, werden sie verhaftet. Die Quoten für die Haltung des Autos sind klein, auf max. 10 Jahre limitiert und mit hohen Zahlungen von 10.000 Dollar verbunden. Diese Maßnahme setzt die Regierung gegen die Luftverschmutzung ein, was auch funktioniert, denn die Luft ist recht sauber. Allerdings bringen dann häufig Buschfeuer in Malaysia und Indonesien doch das Problem von Pollution in die Stadt, da die Länder alle dicht beieinanderliegen.
Aus der Sicht unseres europäischen Demokratieverständnisses ist das natürlich alles schwer nachvollziehbar, vor allem die Todesstrafe, die recht oft angewendet wird und die eingeschränkte Meinungsfreiheit. Parlamentswahlen sind Pflicht, die Parteimitglieder, die nicht genug Stimmen erhalten haben, „ernennt“ die Partei dann zur Opposition. Der Präsident dient der Repräsentation.
Trotz all dieser Details weist Singapurs aber ein funktionierendes Gesundheits- und Schulsystem sowie guten sozialen Wohnungsbau auf. Es gibt 4 offizielle Sprachen (Malaysisch, Mandarin, Tamil und Englisch) für die multikulturelle Gesellschaft, die innerhalb der Stadt ihre Viertel, wie Chinatown und Little India oder Arab Street hat. Aber auch die historischen Gebäude aus der britischen Kolonialzeit- vor allem das alte Raffles-Hotel - werden gepflegt und sehen sehr schön aus.
Nach dem Durchschlendern der Stadt in verschiedenen Stadtbezirken und dem modernen Finanz-und Geschäftsviertel um die Orchard-Road herum ging meine Tour dann noch in die große grüne Lunge der Stadt, dem botanischen Garten, wo auf den großen Grünflächen Jogger, Hundehalter und Familien ausreichend Platz finden. Ich habe mich auf den Orchideen-Garten beschränkt, den ich mit seinen über 1000 Arten wunderschön fand. Im VIP-Garten konnte man die von Staatsoberhäuptern gepflanzten Orchideen bewundern. Die von Angela Merkel gepflanzte Orchidee war zwar sehr groß, aber nicht besonders hübsch. Allerdings war die von Maggie Thatcher noch hässlicher!
Mein Besuch in Singapur war somit wieder eine interessante Erfahrung, beeindruckt hat mich vor allem die futuristische Architektur. Gelitten habe ich jedoch durch die Hitze von über 30 Grad und die extrem hohe Luftfeuchtigkeit. Mal wieder klatschnass freuten wir uns alle auf unser Schiff mit seinen kühlen Räumen. Aber Singapur schaffte auch die QE, denn als wir an Bord eintrafen, war die Klimaanlage ausgefallen und das Schiff glich einem Backofen. Fieberhaft wurde daran von allen Technikern an Bord gearbeitet. Mir taten vor allem die Ober leid, die in ihren Uniformen Dienst machten, während wir uns nur etwas zum Essen schnappten und an Deck gingen, wo es tatsächlich trotz der hohen Außentemperatur kühler war. Der Wettergott hatte dann wohl auch Mitleid, denn es folgte ein kräftiges Gewitter, was etwas Abkühlung brachte und dann kurz darauf wurde das technische Problem der Klimaanlage auch gelöst.
Überhaupt hat die Crew in den letzten Tagen viel zu tun, denn der Kapitän hat auch an die Passagiere eine Sicherheitswarnung für Singapur, Kuala Lumpur und Malaysia herausgegeben und von einer „konkreten Bedrohung“ durch „extremistische Gewalt“ gesprochen. Das gibt natürlich erst einmal ein mulmiges Gefühl. Die Formalitäten für die Ein-und Abreise waren dadurch in Singapur akribisch genau. Das Gepäck wurde mit Eintritt in den Terminal und beim Verlassen desselben zweimal durchleuchtet, dazu Iris- und Daumenregistrierung und Durchleuchten der Unterlagen mit langem Warten auf das Okay. Irgendwie war man richtig erleichtert, als man durchgewunken wurde.
Die noch größere Gefahr aber lag für das Schiff in der Durchfahrt der „Strait von Malakka“ und dem südchinesischen Meer, weil hier, wie beim Horn von Afrika, die Piraterie, wohl äußerst erfolgreich und unglaublich organisiert und effektiv arbeitet. Daher waren alle Passagiere zur Wachsamkeit aufgefordert und mit 5 Telefonnummern ausgestattet. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde dann das Heck des Schiffes besonders geschützt. Das ist ja der sensible Teil des Schiffes, weil es offen ist (Fenster des Restaurants, offenes Deck 3 achtern). Deshalb war ein weiteres Radargerät installiert mit 2 Technikern, die ständig in Bereitschaft und mit ihren Kopfhörern vor schwarzen Koffern mit allerhand Gerät saßen. Dazu viele Wachen an beiden Schiffsseiten, verteilt auf die die gesamte Schiffslänge (300m). Die haben dort in Schichten jeweils die Nächte verbracht. Das fand ich ziemlich unheimlich. Es soll wohl wirklich der gefährlichste Teil der gesamten Reise sein, wurde uns gesagt.
Bisher ist aber alles im grünen Bereich und mir geht es gut.
Ich grüße euch alle ganz herzlich. Bis in Kürze mit meinen Eindrücken aus Kuala Lumpur!
Eva