Veröffentlicht: 26.11.2024
Eigentlich wollten wir heute „nur eine" Aktion unternehmen. Nicht mehr so bam! – bam! – bam! … und wieder eine Attraktion, wie an so vielen Tagen zuvor, sondern uns nur auf ein Ziel konzentrieren … Weil wir den längeren Aufenthalt in Queenstown nicht von Anfang an geplant hatten, waren wir nicht wirklich gut vorbereitet auf freie Tage. Thorsten hatte kurzum Kontakt zu Christian aufgenommen, der vor ein paar Jahren bereits hier auf der Südinsel war und gefragt, was man denn so an einem Tag bewandern könnte, ohne Seil und Hacke und Sauerstoffzelt. Schwindelfrei sollte der Weg auch noch sein. Also leichtes Spiel hier was Passendes zu finden … ;-)
Christian empfiehlt und wir entscheiden uns für den Routeburn-Track, der nördlich von Glenorchy am nördlichen Ende des Lake Wakatipu beginnt. Der Track kann je nach Lust und Fähigkeit unterteilt werden. Läuft man den ganzen Weg von der Routeburn Shelter über die Flats Hut zum höher gelegenen Falls Hut kann man mit rund 9 km einfacher Weg rechnen. Dabei werden etwa 600 Höhenmeter bezwungen. Unser bzw. Thorstens Wunsch ist, bis zur Falls Hut zu kommen, weil man von dort aus einen besonders schönen Blick auf die Berge hat. Das bedeutet eben diese 9 km einfach und der entsprechende Höhenunterschied.
Wir fahren von Queenstown etwa 80 Kilometer entlang am Lake Wakatipu nach Glenorchy bzw. zur Routeburn Shelter Von dort geht es zunächst zur Flats Hut auf dem Routeburn-Track. Der Weg bis zu dieser ersten Station ist etwa 6,5 km und man muss etwa 300 Höhenmeter bezwingen. 300 Meter auf 6,5 Kilometer – das hört sich easy an. Kein starker Aufstieg zu befürchten.
Es geht eine Zeitlang durch ein Waldgebiet und bietet schon bald eine erste Schwingbrücke. Diese waren schon von Christian angekündigt, aber auch als machbar eingestuft. In der Tat, das geht für mich. Die Brücke führt nicht über eine große Höhe und wir sind alleine auf der Brücke. Fürs Eingewöhnen sehr gut.
Wir wandern unangestrengt durch das Gelände. Wir kreuzen weitere Schwingbrücken, die aber alle gut für mich funktionieren. Manchmal muss ich mich nicht mal festhalten und kann auch fotografieren oder die Videokamera führen – ganz freihändig … ;-)
Da wir über Schwingbrücken laufen, müssen wir auch Täler überqueren. In den seltensten Fällen liegt da nur Geröll drin. Meist fließt, oder besser stürzt, ein klarer Gebirgsbach in die Tiefe über fette Felsbrocken. Ein klares Wasser in meist grünlicher Farbe. Wunderschön!
Wir können auch viele Wasserfälle in den Gebirgswänden entdecken. Irgendwo muss das Wasser ja herkommen … und es kommt von ganz, ganz weit oben …
Nach knapp 2 Stunden erreichen wir die Flats Hut. Wir sind trotz Bilderstopps ganz gut durchgekommen. Die Anzeige gab 1,5 bis 2,5 Stunden vor. Wir sind zufrieden …
Wir erlauben uns keine große Pause, weil wir diese dann oben auf der Falls Hut machen wollen. Von der Flats Hut zur Falls Hut soll man laut Anzeige 1 bis 1,5 Stunden benötigen.
Wir wissen, dass wir jetzt mehr Steigerung haben werden. Immerhin haben wir jetzt wieder einen Höhenunterschied von 300 Metern zu bezwingen. Nur haben wir jetzt eine Zeit von 1 bis 1,5 Stunden angegeben bekommen, für eine Strecke von 2,3km.
Und das merken wir schon nach den ersten Metern auf dem Weg nach oben auf 1000 Meter, auf der die Falls Hut liegt. Wir laufen gefühlt eine halbe Stunde nur Bergauf… und auf schmalem Weg mit viel Geröll. Für mich ist das okay, weil wir keinen direkten Abgrund auf der Talseite haben. Also wenn ich falle, falle ich hinter die Tanne … ;-)
Unterwegs, von der Shelter bis zur Falls Hut begegnen wir nicht vielen aber einigen Wanderern. Eine Gruppe mit Asiaten fällt auf. Wir hätten die hier gar nicht vermutet, weil diese Sorte Menschen eigentlich nur dort hin geht, wo man direkt mit dem Bus hinkommt. Laufen ist nicht so sehr deren Ding. Haben ja auch gar keine Zeit dafür. Sie machen Weltreisen in fünf Tagen.
Aber auch Ältere, die sich den Weg antun und gemächlich die Strecke abwandern. Wir treffen aber auch auf zwei junge Asiatinnen (wir halten sie für Japaner), die in voller Montur, das heißt eingepackt mit allem was der Herbstkleiderschrank so zu bieten hat. Dicke Wind- und Regenjacke an, bis oben zugeknöpft mit Schal, einen Sonnenhut, lange Hose, Handschuhe und ein Mundtuch … und auf dem Rücken einen fetten Rucksack (haben die alles dabei, was man so in vier Wochen braucht …???) Wir dagegen haben eine kurze Hose an und ein Sportshirt. Im Rucksack noch einen Hoodie, falls es kühl wird. Und in dem wenigen, das wir tragen, schwitzen wir. Was mag da wohl an Temperatur unter der äußeren Schicht der beiden Japanerinnen los sein, die kaum langsamer laufen als wir???
Nach 50 Minuten erreichen wir dann die Falls Hut. Wir mussten auf der letzten Wegstrecke noch ein fettes Geröllfeld überqueren. Das hatte sich nach einem heftigen Regen 1994 an Hang gelöst und den normalen Weg überspült. Unterwegs waren immer mal Abschnitte, die man zügig durchlaufen sollte, weil es Steinschläge geben könnte … oder Felsenhaufen, die man mit einem in den Stein getackertes Geländer begehbar gemacht hat …
Auf der letzten Schwingbrücke auf dem Weg hatten wir dann auch den Blick auf den gegenüberliegenden Berg bekommen, der sich vor den Humboldtbergen im Hintergrund von einem Fluss umrunden lässt. Diesen Blick wollte vor allem Thorsten gerne haben.
Alles haben wir/ich überstanden und lebend haben wir die letzte Hütte auf unserem Weg erreicht. Hier gabs dann die Belohnung: eine Packung unsere Begleitungscookies, ihres Zeichens Coconutty-Crunch … Hmmmh …
Den Weg von der Falls Hut zur Shelter nach unten hatten wir dann insgesamt in weniger als drei Stunden zurückgelegt. Der Himmel hatte sich auch etwas zugezogen und einige Wolken kamen auf. Ohne Sonne ist der Blick dann doch nicht sooo schön. Haben wir wieder einmal Glück gehabt, dass wir uns heute frühzeitig auf den Weg gemacht hatten. Auf der Sport-Uhr hatten am Ende über 30 000 Schritte. Weltrekord für uns. So viel Schritte hatten wir noch nie an einem Tag.
Auf dem Heimweg machen wir noch kleine Stopps an Lookouts am Lake Wakatipu. Das Wetter spielt allerdings nicht mehr richtig mit und deshalb keine schönen Panoramabilder mehr. Die Sonne fehlt halt …