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Seattle, a story of failures and sin (15.-20.10.18)

Veröffentlicht: 17.10.2018

Das viele Grün in und um Seattle begründet den Übernamen "Emerald City". Gleichzeitig ist es auch eine Antwort auf den "Evergreen State" Washington. Der 1851 vom Denny-Clan aus Illinois  ausgeschickte Scout David Thomas Denny schrieb seinem Bruder Arthur: "We have examined the valley of the Duwamish river and find it a fine country. There is plenty of room for one thousand settlers. Come at once". 

Unser erstes Airbnb erweist sich als Volltreffer. Klein und schnucklig ist der frühere Schuppen an der E John St und 11th Av. Die Lage ist für das Auskundschaften der Stadt perfekt. Nach unserer Ankunft besuchen wir das Denkmal für eine Legende aus Seattle, Jimi Hendrix, der seiner Fender Stratocaster völlig neue Töne entlockte, sich mit ihr auf dem Boden wälzte, die Saiten mit Zähnen und Zunge zum vibrieren brachte und sie allenthalben abfackelte. Intensität pur. Eric Clapton, Jeff Beck, Jimmy Page, Pete Townshend und Keith Richards verschlug es die Sprache, als sie diesen Hendrix zum ersten Mal hörten. Erst 27 starb er in London. Um seinen Tod ranken sich wilde Geschichten. Vom Denkmal am Brodway geht's über die E Pine St hinunter an den Pike Place Public Market. Nach einer Runde über den Markt kaufen wir Früchte und Gemüse für die nächsten Tage ein.

Ein cooles Pic der Skyline von Seattle müsste vom Puget Sund aus möglich sein. Vermutlich kann man dabei hinter der Stadt auch die Berge der Olympics-Kette im Westen und der Cascades im Osten sehen. Also suchen wir eine schlaue Möglichkeit um aufs Wasser zu kommen. Auf dem Weg zur Oceanfront, geniessen wir am Dienstag einen Kaffee bei Victrola, einem lokalen Kaffeeröster. Ist als Glattfelder-Enkel natürlich "de Rigueur", schliesslich muss man wissen, was im kaffeeverrückten Seattle, der Ursprungsstadt von Starbucks abgeht. Unser Ziel ist der Pier 52 um die Fähre nach Bainbridge Island zu nehmen. So können wir das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden. Hin- und Rückfahrt sollten uns genügend Gelegenheit geben die Stadt abzulichten und den Mt Rainier, der bei guter Sicht den Horizont südlich von Seattle dominiert, zu sehen. Auf der Insel spazieren wir nach Winslow. Eine richtige "Feriendorf-Atmosphäre“. Im Bruciato geniessen wir eine Burrata mit Delicata Squash und Rucola an einem Coulis aus Kürbis, Amaretto-Brösmeli und Aceto Balsamico, sehr gelungen. Der Koch erzählt mir, dass er den Squash im Pizza-Holzofen gegrillt hat. Nach der Rückkehr in die Stadt laufen wir zum Pioneer Square um die Underground Tour, eine humorvolle Führung mit lustigen Anektoten zur Entstehung und der Geschichte der Stadt mitzumachen. Den Abend lassen wir dann in der Elysian Brewing Company bei einem "Rhubarbarella" (Rhubarb Brett Pale Ale) und einem "Mens Room Original Red Ale" ausklingen.

Nachdem Arthur Denny anno 1851 dem Ruf des Bruders an den Alki Point im Puget Sund gefolgt war, musste der Denny Clan sich zuerst mit den bereits anwesenden Siedlern und den um den Puget Sund lebenden Indianerstämmen auseinandersetzen die der Bruder in seinem Schreiben nicht erwähnt hatte. Die Elliot Bay konnte bieten, was eine Stadt in den 1850ern brauchte um an den Handelsströmen teilhaben zu können, einen tiefen Seehafen. Zu Ehren des Duwamish Chiefs "Sealth" der die Siedler vor Angriffen anderer Indianer schützte und 5 Stämme hinter sich vereinen konnte, erhielt die aufstrebende Stadt den Namen Seattle. Das reichlich vorhandene Holz und das erste dampfgetriebene Sägewerk waren die Treiber für den ersten Wachstumsschub der jungen Stadt.

Beim Aufbau der Stadt wurde keine Kanalisation gebaut. Da es in Seattle häufig regnet und keine Abläufe existierten, waren die Stassen eher Schlammgräben welche Kinder und Hunde das Leben kosten konnten. Die Wasserversorgung war privat organisiert, Häuser und Trottoirs waren aus Holz, auf den „Strassen“ wurde Sägemehl verwendet um die Schlaglöcher zu füllen und den tiefen Schlamm beim oft fallenden Regen etwas zu binden. Holzfäller und Seeleute waren, das ideale Publikum für die unglaubliche Anzahl Spielhöllen, Bordelle, Bars und Spelunken die den sündigen Teil der Stadt durch all die Jahre ausmachten.  

In dieser unerträglichen Situation brachte T. Crapper eine Erfindung aus England nach Seattle, flush toilets. Die Indoor flush toilets setzten sich in der Upper Class trotz der fehlenden Kanalisation schnell durch. Der Bau eines Abwassersystems dauerte lange und war schlecht ausgeführt. Die Rohre hatten viel zu wenig Gefälle, bei Flut wurde das Abwasser aus der Kanalisation über die Toiletten zurückgedrückt was die Aborte zweimal täglich zu Kloaken-Geysiren machte (Crapper's Klos waren "crap").

Am 6. Juni 1889 geschah John E. Black beim Kochen von Leim ein "Malheurli". Das Gefäss mit dem flüssigen Leim kippte in die Flammen und auf den Boden. Das viele Holz, das Sägemehl, die fehlenden Leitungen und tiefer Wasserdruck verunmöglichten der Feuerwehr ein adäquates Eingreifen. Circa 30 Blocks, praktisch das ganze Geschäftsviertel brannte ab.

Nach dem raschen Entschluss zum Wiederaufbau war das natürlich DIE Chance um die Fehler zu korrigieren. Die Stadtväter dekretierten, dass Gebäude neu aus Ziegelsteinen und Metall zu bauen seien und der Boden der Stadt um rund 2,5 Meter angehoben werden soll (höher als das Wasserniveau bei Flut) um den Schlammstrassen und den Kloakenfontänen in den Häusern Herr zu werden. Mit dem Bau der Häuser wurde unverzüglich begonnen, die Stadt brauchte für die Stützmauern und höhergelegten Strassen viel länger. Die Basis der Häuser standen teilweise jahrelang 2,5 Meter tiefer als die Strasse. Bis die Lücke mit einem Fussgängersteig geschlossen wurde, wurden Ladenpassagen und Hauseingänge mit Leitern oder Treppen erschlossen. Genau diese Räume, die heute im Untergrund Seattles liegen, sehen wir uns auf der Underground Tour an.

Am Mittwoch laufen wir entlang des Brodways, über die Marion zur St. James Cathedral. Die Messe hat eben begonnen, der Organist gibt Alles, die Hütte zittert ob der fulminanten Töne aus den Pfeiffen der grossen Orgel. Weiter geht es runter in Richtung International District und Chinatown. So langsam meldet sich der Hunger, in Chinatown kein Problem. Leider brennen wir beim Pinball-Museum an. Geschlossen. So schade, das wäre mal ein wirkliches kulturelles Highlight gewesen.

Quer durch die City spazieren wir dann zum Seattle Center wo wir die Chihuly Garden & Glass Ausstellung besuchen und mit dem Lift die Space Needle hochfahren. Nach der beeindruckenden Schönheit von Chihuly’s Installationen die umwerfende Sicht auf der Aussichtsplattform der Space Needle. Das mulmige Gefühl beim Blick über den Rand wird ein Stock tiefer, beim Blick durch den rotierenden Glasboden noch etwas grösser. Über die Danny Way geht‘s zurück auf den Capitol Hill. 

Die Hiram M. Chittenden- oder Ballard-Locks (Schleusen) sind unser Ziel für den Donnerstag. Unglaublich wie viel Verkehr durch dieses Nadelöhr zwischen Pazifik und den Binnenseen abgewickelt wird. Luxusjachten, Fischerboote, Kiesschaluppen und Expeditionsschiffe passieren die Schleuse. So spät in der Saison wird die Fischtreppe spärlich genutzt, in den Unterwasser Fenstern ist leider weder Lachs noch Forelle zu beobachten.

Am Freitag steht das Museum of Flight auf dem Programm. Seattle/Everett ist schliesslich der Sitz von Boeing. Ein grosses Museum mit vielen Exponaten aus der frühen Fliegerei über ältere und modernere US-Militärmaschinen bis zu den Weltraummissionen der Russen und Amerikaner. Eine alte Air Force One ist genauso zu sehen wie eine Concorde der BA oder Kapseln aus dem Mercury-, Gemini- und Apollo-Programm. Speziell ist die Sovjetische Resurs 500, die zum 500 jährigen Jubiläum der Reise von C. Columbus am 15. Nov. 1992 in Plesetsk, dem früheren militärischen Kosmodrom mit einer Soyuz ins All geschossen wurde um am 22.11.92 zielgenau im Pazifik vor der Küste des Staates Washington zu landen. Die mit Botschaften an die Amerikanische Bevölkerung und Werbung Russischer Firmen gefüllte Kapsel wurde geborgen und steht heute im Museum of Flight. 

Viele Flugzeuge sind nur hier zu sehen, so ist die ausgestellte Lockheed A-12 Blackbird, der früheste Typ dieses Hochleistungsjets ("Reisegeschwindigkeit über Mach 3, Gipfelhöhe über 25'500m) ein einmaliges Exponat. Das gezeigte Flugzeug wurde für ein CIA Programm namens "Tagboard" gebaut und trug eine Spionagedrone auf ihrem Rücken.

Nach einer kleinen Einlage in einem F-15 Kampfjet Simulator (mit 9 Abschüssen ACE-Status) geht's mit einem Grinsen (das Kind im Manne halt) zurück. Zu unserer "Scheune" kehren wir mit einem kleinen Umweg über das Ristorante Spinasse zurück, not bad.

Am nächsten Tag fahren wir mit dem "Amtrak Cascades" nach Portland, Oregon.

The absolute highlights of this visit will be brought to you by our local correspondents in Portland, cheers for now.



Was Jimi so anders macht:

https://www.youtube.com/watch?v=Rw9JQC8nhhY

https://www.youtube.com/watch?v=hCLxV1JdHlM


Seattle Underground:

https://www.youtube.com/watch?v=amVNaFyfpkM

https://www.youtube.com/watch?v=UcXAiXMI6Lo


Pinball Museum:

https://www.seattlepinballmuseum.com/


Dale Chihuly:

https://www.chihuly.com/

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