Veröffentlicht: 09.11.2018
Winnipeg, 04:30 Tagwache. Nach einem kurzen Frühstück, geht es ab zum Check-In. Die dicke Hose (not what you're thinking) und die fette Daunenjacke sind sperrig und brutal warm. In Churchill angekommen, geht's zu wie im WK, umziehen im Wartesaal bevor es mit einer Cessna Caravan ca 30' Nord-Westlich zur Seal River Heritage Lodge gehen sollte. Das Wetter spielt nicht mit, deshalb machen wir eine kleine Tour zur "Polar Bear Holding Facility". 28 Einzelzellen stehen zur Verfügung um Bären, welche den Menschen zu nahe kommen, zu "disziplinieren". Menschen dürfen nur sehr selten in das Gebäude, das würde dem Sinn der Einrichtung widersprechen. Über grosse Schalen im Boden werden die Bären mit Wasser bzw. Schnee versorg. Nahrung bekommen sie keine, in Freiheit würden sie auch nichts essen wenn sie in der Gegend um Churchill rumstreunern. Im Wiederholungsfall werden die Bären markiert, mit einem Sender versehen und ausgeflogen. Kurioserweise hat auch das lokale Spital 28 Betten.
Die Konzentration von Polarbären in Churchill hat 3 Hauptursachen: Die Strömung in der Hudson Bay läuft gegen den Uhrzeigersinn, bei Churchill und etwas südlicher, bei York Factory, ragen grosse Landmassen weit in die Bay hinaus an denen sich gebildetes Eis staut und rund um Churchill fliessen grosse Mengen Süsswasser in die Bay. Das süsse- gefriert schneller als das salzige- Wasser, aufgrund der Strömung "staut" sich das Wasser der Bay an dieser Landzunge was dazu führt, dass die Bay bei Churchill zuerst einfriert. Nach Gras, Algen, Beeren sind die Polarbären richtig heiss auf das Fett der Robben oder der Belugas in der Bay.
Kaum lässt das Wetter den Abflug in Churchill und die Landung auf dem Airstrip der Seal River Heritage Lodge zu, stiefeln wir mit Sack und Pack auf den vereisten Platz vor dem Abfertigungsgebäude um in die kleine Maschine zu steigen. Die Gruppe wird auf zwei Flieger verteilt. Wir sind 2 Päärli; Bob und Christine aus Southern California, wir, Jenny aus LA, Vicki aus NY, Nate aus Seattle, Phil aus Kansas, Keith aus Calgary, David aus Hongkong, Olivier aus Nantes in Frankreich und Stewart aus London.
Bei schönstem Sonnenschein landen wir nahe der Lodge, wir sehen nur Eis, Wasser, kleine Gebüsche und die Lodge, es kommt uns vor, wie wenn wir auf dem Mond gelandet wären.
Es wurde nicht zuviel versprochen, es ist kalt, unter Berücksichtigung des Windchill bewegen wir uns zwischen -20 bis -30 Grad. Aber einmal in der Lodge wird’s uns warm ums Herz. Die Lodge ist sehr schön, viel Holz, grosses Feuer im Wohnzimmer, schöne heimelige Zimmer, perfekt! Schlösser gibt’s keine und die Zimmer-Türen stehen nachts offen weil der Gang wärmer ist als die Zimmer.
Sogar fliessend Wasser haben wir, einer vom Lodge-Team holt täglich Wasser vom See, dazu muss er jedesmal das Eis durchbrechen um zum Wasser zu gelangen. Je nach Wasserverbrauch macht er das 3-5x täglich.
Nach leckerem Lunch geht’s raus zum ersten Hike. Damit wir uns anklimatisieren können, erhalten wir draussen den 35ten Abrieb, wie wir uns verhalten müssen im Bärenland, ok, hier oben ist alles ein bisschen familiärer, es scheint, das auch die Bären näher kommen werden. Dick eingepackt gehts los, die Fotografen, teils mit riesen Objektiven und noch grösseren Stativen bepackt, spazieren wir durch die karge Landschaft. Andy, der langjährigste Guide, hat uns erklärt, dass es einen alten Bär gibt, wenn wir ihn sehen, sollen wir sein Fell und sein Gesicht studieren, er sei auf seinem letzten Lebensabschnitt, Andy ist überzeugt, dass das sein letzten Winter sein wird. Er schleicht um die Lodge, rote Augen, müder, erschöpfter Blick, und trotzdem, unser erster Polar Bär!! Wau! 16.17 Uhr ist Sonnenuntergang, leider ziehen paar Wolken rein, trotzdem, einfach schön!
Vor dem Abendessen gibt es jeweils eine Fotostunde, "Chas" unser Fotograf, Charles Glatzer, schult uns in der Fotografie. Die Teilnehmer sind alle wegen Chas da, seine Reisen sind meist ein Jahr zum Voraus ausgebucht, zu witzig, dass wir in dieser Gruppe landeten 😃. Wir wollten einfach zu den Eisbären mit ChurchillWild und das war der einzig freie Termin. Wir hätten es nicht besser treffen können.
Kulinarisch werden wir sehr verwöhnt, es fehlt uns an nichts, alles wird täglich für uns frisch hergestellt, sei es Brot, Guetzli oder all die leckeren Speisen.
Am ersten Abend, schleicht ein Bär an der Lodge beim Speisesaal umher, der riecht das leckere Essen 😃 aufregend, ihn von innen zu beobachten. Dann, bereits um 20.00 Uhr stürmen wir raus, die Nordlichter tanzen am Himmel ♥️🤩. Wie cool ist das denn, so müssen wir nicht mal mitten in der Nacht aus dem Bett.
Wir gehen täglich zwei mal raus, am Morgen und am Nachmittag, laufen die Gegend ab und halten nach Polar Bären, Polar Füchsen Schneehasen, Moose und natürlich Ptarmigans Ausschau. Der zweite Bär, der uns bei der Lodge besucht, hat ein grüner Punkt und trägt einen Sender, aha, der Kärli war im Bären Jail. Wie aufregend, einen Meter neben ihm im Schnee zu knien, Marcel plöiderlet mit ihm und es kam uns so vor, als wär es allen pudelwohl dabei. Ein Tag hatten wir nichts ausser überall die Ptarmigan, die gingen uns langsam echt auf den Keks... Wir wollen Bären!
Es waren hervorragende Tage, viel schönes gesehen und erlebt und spannende neue Menschen kennengelernt. Am Sonntag heisst es packen, 10.45 Uhr geht der Flieger nach Churchill. Das Wetter ist schlecht in Churchill und sie müssen den Flughafen schliessen. Oha! Wir sollen um 14.00 Uhr weitere News bekommen. Nach einem weiteren leckeren Lunch geht’s raus, ein Arctic Fox wurde gesichtet und wir wollen die Verfolgung aufnehmen. Jenny, Stewart, Marcel und Nina sind mit zwei Guides auf dem Eis, zusammen mit der Filmcrew von National Geografic, die an einem Film arbeitetet.
Plötzlich kommt Bewegung in die Bude, ein Polarbär, er kommt vom Horizont her übers Eis, genau auf uns zu gelaufen. Wie aufregend. Jody, eine der Guides, weist uns an stillzustehen. Keiner bewegt sich. Der Bär kommt näher und näher, streckt die Nase in den Wind und beobachtet uns. Will er „hallo“ sagen kommen? Bella und der Guide der Filmcrew stehen zwischen uns und dem Bären. Sie sprechen ganz ruhig mit ihm, trotz allem, der Bär will noch näher zu uns, die Guides zücken die erste Abschreckungs-"Waffe“, zwei Steine die sie gegeneinander klopfen. Das mag der Bär nicht und läuft mit einem Abstand von ca. 12 Metern um uns rum zur Lodge rüber. WAU! Genau das ist es, was Churchill so einmalig macht, ohne Buggy, zu Fuss, auf Augenhöhe mit dem Bären. Danke 🙏 für das schlechte Wetter in Churchill, "the best delay ever"! 15.30 Uhr gibt’s Hektik, wir werden in 20 Minuten abgeholt, es muss alles schnell gehen. Die Gruppe die in eine zweite Lodge fliegt, „muss“ eine weitere Nacht in Seal River bleiben, für zwei Flüge reicht der Slot nicht. In Churchill empfängt uns Koral und fährt uns durchs Dörfli zur Beach wo wir ein nachgebautes Inukshuk, eine Steinfigur die die First Nations für die Orientierung und die Jagd nutzten, zum kleinen Museum, zu Souvenirshops und weiter ins Pub wo wir es uns gemütlich machen und Fotos anschauen und uns auf Facebook und Instagram befreunden 😋 Wir können tatsächlich in dieser Nacht Churchill noch verlassen, auch hier mit 2 Stunden Verspätung, aber was soll’s, wir hatten eine unbeschreiblich schöne Zeit. 2 Uhr Nachts fallen wir erschöpft und glücklich in Winnipeg ins Bett. Um 10.45 Uhr geht der Flieger nach Toronto...
https://www.shootthelight.com (Chas Glatzer, unser Fotograf)
https://www.nateluebbe.com (Nate, unser Jüngster, 1987; Sony Ambassador)