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Winnipeg (2.-6.11.2018)

Veröffentlicht: 05.11.2018

Wo Red- und Assiniboine-River zusammenfliessen, etwa in der Mitte zwischen Pazifik- und Atlantikküste, nur etwa 115km nördlich der Grenze zu den USA liegt "Peg-City".

Der Name Winnipeg kommt vom Cree-Wort "win-nipi" was in Englisch "muddy water" bedeutet, also trübes oder schlammiges Wasser. 

Nach der Ankunft am Flughafen Winnipeg überraschen uns die Kälte und der schneidende Wind. Zuallererst lagern wir zwei grosse Reisetaschen in dem Hotel ein, welches wir Anfangs der Reise mit Churchill Wild benutzen werden. Mit "leichtem Gepäck " fahren wir danach mit dem Bus der Linie 15 Downtown gleich gegenüber des MTS Centre, der Heimat der Winnipeg Jets um unser Zimmer "with a view" im 18. Stock des Alt Hotels zu beziehen.

Die erste Erkundungstour beginnen wir in den Forks. Der Ort wo die Flüsse Red und Assiniboine zusammenfliessen war schon vor mehr als 6'000 Jahren ein Platz des Handels und der Begegnung. Das Gelände des vormaligen Güterbahnhofs wurde in den letzten Jahren zu einem Begegnungs- und Gewerbezentrum Namens "The Forks" entwickelt.   

Nach herzhaften Eggs Benedikt, geht es durch die Hallen an den Forks, vorbei am Museum für Menschenrechte und den Red River entlang zum alten Pumphaus. Bei einem Glas herrvorragendem 1919 der einheimischen Brauerei Little Big Jug und einem ebenso gelungenen Salat planen wir die nächsten Tage in Winnipeg. 

Ein Stadtteil Winnipegs wird oft als klein Chicago bezeichnet. Die zwischen 1880 und 1920 erbauten, rund 150 einwandfrei erhaltenen Gebäude des Exchange Districts, sind eine "National Historic Site". Der District wird, wegen seiner grossen Ähnlichkeit zum alten Chicago oft "Chicago of the north" genannt und diente auch schon als Filmkulisse.

Die alten Terracotta Hochhäuser und alten Lagergebäude stehen an baumgesäumten Strassen. Im alten Gemäuer machen sich stylishe Restaurants, Gallerien, Caffe-Bars, Graphic-Design Unternehmen, Architekturbüros usw breit. Zunehmend entstehen auch trendige Studio-Appartments für die vermögenderen, hippen Einwohner der Stadt. Immer wieder begegnen wir "Murals" eine der Outdoor-Art Formen welche in Winnipeg kultiviert werden.

Das Frühstück im Clementine ist, trotz der imposanten Warteschlange am Sonntag Morgen, auf jeden Fall zu empfehlen. Die Karte bietet überraschende Kompositionen.

Im Stadtteil St. Boniface findet sich die Grabstätte Louis Riel's, der die kanadische Seele Ende des 19. Jahrhundert spaltete. Viele Kinder französischer Pelzhändler und indianischer Frauen lebten Anfangs des 19. Jahrhunderts an den Ufern des Red River und betrieben Büffeljagd und Landwirtschaft. Siedler drückten - auf der Suche nach mehr Land für grössere, industriell betriebene Farmen - aus dem Westen nach Alberta, von Osten in die heutigen Provinzen Manitoba und Saskatchewan. Der Bau der Canadian Pacific Railway verstärkte diesen Druck zusätzlich. Die gleichzeitige, fast vollständige Ausrottung des Prairiebüffels durch Überjagd, brachte die First Nations (haupts. Sippen der Cree- und der Assiniboine-Indianer) wie auch die Mischlingspopulation am Red River (Métis genannt), unter gewaltigen Druck. Louis Riel führte die "Red River Rebellion" gegen die kanadische Regierung an. Die Rebellion fand letztlich ein unblutiges Ende, Riel wurde in einem schmierenkomödienwürdigen Schauprozess zum Tode verurteilt. Für die Franko-Kanadier war er ein Volksheld, der damalige Anglo-Kanadische Ministerpräsident Macdonald hat sich zur Hinrichtung scheinbar wie folgt geäussert: “He shall hang though every dog in Quebec bark in his favour”.

Nicht viel später, im Frühsommer 1919, fand der Generalstreik von Winnipeg statt. Wieder führte äusserer Druck zur Katastrophe. Sehr hohe Arbeitslosigkeit gepaart mit einer hohen Inflationsrate brachten breite Bevölkerungsschichten in grosse Not. Die Bemühungen die während der Russischen Revolution 1917 installierte Herrschaft des Proletariats in andere Länder der Welt zu tragen (auch in die Schweiz) liessen Gewerkschaften und revolutionäre Gruppierungen aufkommen. Ingredienzen für den explosiven Cocktail der am 15. Mai 1919, nach dem Abbruch der Verhandlungen für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen in der Bau- und Metallindustrie, zum Generalstreik führten. Innert Stunden verliessen über 30'000 Arbeiter ihre Arbeitsplätze. Angestellte des Einzelhandels aber auch des öffentlichen Sektors (Eisenbahnen, Polizei, Feuerwehr, Post, Telefon, Wasserwerke) folgten praktisch unisono, ein eindrückliches Zeichen der Solidarität.

Das kurz nach Streikbeginn einberufene Bürgerkomitee der 1'000, vornehmlich aus einflussreichen Industriellen, Bankern und Politikern bestehend, nahm die Forderungen der Streikenden überhaupt nicht ernst. Vielmehr machten sie den Streik mit tatkräftiger Unterstützung der lokalen Presse zu einem konspirativen, von ausländischem Abschaum (Bolschwiken und europäischen Arbeitern) angezettelten Umsturzversuch. Aus Sorge, der Streik könnte sich auf andere Städte ausweiten griff die Regierung Kanadas ein. Am 17. Juni wurden 10 Streikführer des zentralen Streikkomitees sowie zwei Propagandaverantwortliche der neu geformten One Big Union verhaftet. Vier Tage später, am "Bloody Saturday", führte ein Eingriff der Royal North-West Mounted Police gegen die Streikenden zu 30 Verletzten und einem Toten. Das Militär besetzte die Strassen Winnipegs. Am 25. Juni kehrten die Streikenden an ihre Arbeitsplätze zurück. Ein grosses Denkmal erinnert heute noch an diesen blutigen Zusammenstoss. Neben Blutigem gibt's durchaus auch Kurioses. Ian Fleming liess sich von Sir William Stephenson dem in Winnipeg geborenen und aufgewachsenen bekannten Spymaster (wie Nachforschungen ergeben haben hat er sich den Titel selber zugeteilt) zur Figur von James Bond inspirieren. Am Abend, kurz bevor wir uns fürs Nachtessen warm anziehen, geht der Feueralarm los. Nach dem ersten Schrecken packen wir was in Reichweite liegt und wichtig erscheint in den kleinen Rucksack und gehen über die Treppe die 18 Stockwerke hinunter in die Lobby. Die Feuerwehr fährt mit Caracho vor und stellt den Fehlalarm fest. Anscheinend hat jemand in einem Gang den Alarm ausgelöst. So können wir beruhigt das ausgewählte Restaurant anpeilen. Eigentlich war das eine gute Erfahrung, mindestens werden wir inskünftig auch den Laptop und die Datensicherung immer griffbereit lagern um einen allfälligen Verlust zu verhindern.

Nach dem Besuch des eindrücklichen und interessanten Manitoba Museums geht's für letzte Einkäufe zur Bewältigung der angekündigten grossen Kälte in Churchill in die Aussenquartiere. Es ist saukalt und der Wind treibt Schneeflocken durch die Strassen. Da es für Normalsterbliche fast unmöglich ist im Zentrum Gebäude kaufen zu können und die Mieten prohibitiv teuer sind, müssen viele Geschäfte ihre Tätigkeiten in den äusseren Quartieren ausüben. Da die meisten Einwohner sowieso mit dem Auto unterwegs sind ist das kein Problem. Mit warmen Mützen auf dem Kopf, einer Balaklava und einem Neckwarmer in der Tasche, machen wir uns auf den Weg zum Flugplatz wo wir die anderen Mitglieder der Reisegruppe treffen. Winnipeg ist kaum ein primäres Reiseziel, viele werden die Stadt wohl eher auf der Durchreise besuchen, so wie wir das ja auch tun. Die Stadt hat aber durchaus reizvolles zu bieten, der Mix zwischen alter und neuer Bausubstanz, die Bäume und die Murals welche in manchen Gebieten die Strassen einrahmen die vielen Lokale mit sehr gutem Essen, das lokale Bier haben uns viel Spass gemacht. Eine Einkaufsmeile im eigentlichen Sinne gibt es nicht und die Malls liegen alle ausserhalb des Zentrums.

Die Nacht wird kurz, um 05:30 ist Besammlung und Abmarsch an den Flughafen angesagt. Wie kalt wird es wirklich? Werden wir Nordlichter und Bären sehen? Nach all den Informationen zur Reise nach Churchill und dem "Fassen" der superfetten Jacken, Hosen und Stiefel sind wir ganz kribbelig.

Wie es an der Hudson Bay weitergeht erfahrt ihr sehr bald, genau in diesem Blog.


https://www.theforks.com/about/the-forks

http://littlebrownjug.ca/

https://www.exchangedistrict.org/

http://clementinewinnipeg.com/

https://manitobamuseum.ca/main/

http://www.themerchantkitchen.com/

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