Veröffentlicht: 05.05.2022
29. April 2022: Kastoria
Bevor wir mal wieder eine Landesgrenze überqueren, wollen wir hier jede/r ein Fazit über Griechenland schreiben. Wir haben es unabhängig voneinander geschrieben, ohne den Inhalt des anderen zu wissen. Hier also unsere Fazits zu Griechenland:
F. In Griechenland hatten wir bisher das wärmste Wetter auf unserer ganzen Reise und das macht es hier teilweise schwierig objektiv ein Vergleich zu den anderen Ländern zu ziehen. In Griechenland waren wir häufiger im Meer oder im Fluss baden, was nicht nur an dem absolut atemberaubend türkisem Wasser lag. An die vielen Steinstrände musste ich mich und meine empfindlichen Füße erst gewöhnen, aber zum Glück gab es auch noch einige Sandstrände. Neben den vielen schönen Stränden, von denen wir gefühlt gerade mal 10% gesehen haben, da viele der besonders schönen Strände auf den tausenden griechischen Inseln liegen sollen, gibt es in Griechenland überall gigantische Bergketten und Bergregionen. Gefühlt besteht das Festland nur aus Bergen. Das macht das Vorankommen mit einem großen Auto zwar etwas langsamer aber nicht unmöglich. Die Straßen sind hier in Griechenland in einem super Zustand und auch in der letzten Ecke, wo fast keine Menschenseele anzutreffen ist, gibt es eine gut ausgebaute, zweispurige, geteerte Straße. Klar gibt es da das eine oder andere Mal auch ein Loch in der Straße, aber bei einer solch geringen Bevölkerungsdichte außerhalb von Athen ist das auch in Ordnung.
Viele sagen ja, dass der Verkehr in Italien besonders chaotisch ist und für uns Deutsche besonders gefährlich ist. Dennoch muss ich sagen, dass ich den Verkehr in Griechenland häufig als wesentlich gefährlicher empfunden habe. In Italien wird mehr vorrausschauend gefahren und der Verkehrsteilnehmer macht sich in brenzligen Situationen oder in nicht ganz legalen Operationen durch Hupen auf sich aufmerksam. In Griechenland ist das nicht der Fall. Die Warnblinker ist zwar ein häufig verwendetes Mittel um den anderen Verkehrsteilnehmer darauf hinzuweisen, dass gleich etwas passiert. Das kann aber sowohl das normale Abbiegen von der Straße in eine Einfahrt sein, ein Anhalten am Straßenrand oder ein unerlaubtes Parken irgendwo im Straßenverkehr.
Absolut Kurios sind die Kreisel in Griechenland. Es gibt nämlich Kreisel, in denen der Hineinfahrende Vorfahrt hat und es gibt normale Kreise, in denen der innere Verkehrsteilnehmer Vorfahrt hat. Das Symbol für den Kreisverkehr gibt es an beiden Kreiselarten, jedoch stehen bei einigen kein Vorfahrt-achten-Schild und somit gilt rechts vor links und man wartet im Kreisel und blockiert hinter sich den Rest des Verkehrs. Manchmal ist anstatt eines Vorfahrt-achten-Schild auch ein Stoppschild vorhanden. Das ist meiner Erfahrung nach gleich zu setzten.
Besonders wild sind die Rollerfahrer hier unterwegs. Sie suchen sich die kleinste Lücke und versuchen da noch irgendwie schnell durchzukommen. Zudem fahren hier die meisten Leute ohne Helm und so war ich froh, dass der Rollerfahrer, mit dem ich einen Unfall hatte, einen Helm trug, der ihn wahrscheinlich vor schlimmeren Verletzungen geschützt hat.
Kurzer Exkurs, weil wir es nicht im Blog erwähnt haben: Beim Abbiegen von der Straße auf einen Parkplatz an dem Straßenrand wurde ich rechts von einem Rollerfahrer überholt. Ich habe ihn nicht gesehen und habe es nur noch knallen gehört. Er hat unseren Außenspiegel mit seinem Oberkörper mitgenommen und sein Roller wurde von unserem Vorderrad gestoppt. Der Schock war anfangs groß bei mir, da der Knall so laut war. Aber da sich sofort 5-6 Einheimische um den gestürzten Rollerfahrer kümmerten, unserem Auto bis auf einen kaputten Außenspiegel und einer kleinen Schramme nichts passiert war und der Rollerfahrer nach ein paar Minuten wieder auf den Roller stieg und weiterfuhr, sind wir da nochmal mit einem blauen Auge rausgekommen. Die eine der Einheimischen, an dessen Auto der Rollerfahrer nach seinem Flug durch die Luft zum Liegen kam, meinte zu uns, dass wir uns darüber nicht so sehr den Kopf zerbrechen sollen, da hier alle wie die Verrückten fahren und dieser Fahrer bestimmt keine Polizei wollte, weil er keinen Führerschein hatte oder nicht versichert war. Naja, so viel zum Verkehr in Griechenland.
Besonders entspannt ist das Tanken in Griechenland – abgesehen von den aktuellen Preisen an der Zapfsäule natürlich (Diesel ~1,8€ und Benzin ~2,2€) – denn hier braucht man das Auto theoretisch nicht verlassen. Es gibt an vielen Tankstellen einen Tankwart, der dein Auto betankt und während der Tankprozess dauert auch deine Windschutzscheibe putzt. Sofern du dann noch mit Karte bezahlst, wird das mobile Kartenlesegerät auch durchs Fenster gereicht.
Die Müllentsorgung war für uns am Anfang etwas verwirrend. Wir waren es aus Italien, Portugal, Spanien und Frankreich gewohnt, dass es große öffentliche Müllbehälter am Straßenrand gibt, in denen der Müll 3-6-fach getrennt wird. Hier stehen zwar auch überall große Müllcontainer am Straßenrand, doch die Mülltrennung ist eher nicht vorhanden. Es gibt in den meisten Orten zwei verschiedene Tonnen. In die grüne oder schwarze Tonne kommt der Restmüll und in die blauen Tonnen der recyclefähige Abfall. Sprich alle Sachen mit einem grünen Punkt, Metall, Papier und manchmal auch Glas. Ob die Griechen das wieder auseinandersortiert bekommen, bezweifle ich stark. Zudem landet in den meisten Fällen nicht nur der vorgesehene Müll in der blauen Tonne.
Ansonsten sind die Griechen super freundlich und aufgeschlossen. Gerade in den Regionen, die nicht von Touristen überlaufen sind, gibt es viele Einheimische, die sich für uns interessiert haben und das Gespräch gesucht haben. Häufig funktioniert die Kommunikation hier auch besser auf Deutsch als auf Englisch und es gibt nicht wenige Griechen, die Fans von Deutschland sind. Ich bin mir bewusst, dass es auch andersdenkende Leute hier gibt (gerade wegen den Sparmaßnahmen nach der Finanzkrise), aber die haben wir nicht getroffen. Es mag in Griechenland nicht alles perfekt sein oder manchmal genug Material vorhanden sein, aber jeder hilft dem anderen wo er kann und irgendwie kann man sich das fehlende Material auch zurechtbasteln. Dass haben wir auf unserer Reise hier in Griechenland häufiger selbst erleben dürfen. Es entspricht zwar nicht immer ganz den deutschen Sicherheitsstandards und der deutschen Ordnung, aber das ist auch manchmal gar nicht so schlimm und bietet an der ein oder anderen Stelle mehr Freiraum für den Individualisten. Ich werde auf jeden Fall nochmal nach Griechenland zurückkommen – dann ohne Auto und mit Boot.
J. In Griechenland sind die Menschen unglaublich nett. Wir haben bisher noch in keinem Land auf unserer Reise so viele Einheimische kennengelernt, denn die Griechen sind sehr aufgeschlossen, freundlich und interessiert. Wir wurden regelmäßig angesprochen, vor allem im Norden und eher ländlichen, untouristischen Gegenden. Die Kommunikation dabei klappte auch meistens hervorragend, denn außer einiger alten Menschen auf dem Land, sprechen alle sehr gutes Englisch. Trotzdem haben sich alle riesig gefreut, wenn ich eines meiner wenigen Griechischen Wörter gesagt hab (Hallo, Danke, Tschüß). Mein Yassas (Hallo oder Tschüß) hatte ich im Laufe unserer Zeit hier so perfektioniert, dass ich in der letzten Woche mehrfach für eine Griechin gehalten wurde.
Die griechische Schrift ist allerdings noch deutlich komplizierter. Einige Buchstaben kannten wir zwar bereits aus der Mathematik und Physik, trotzdem war das Lesen von Schildern für uns am Anfang unmöglich. Glücklicherweise werden die wichtigen Straßenschilder auch in „unsere“ Schrift übersetzt. Durch diese Übersetzungen konnte ich im Laufe der Zeit immer mehr Buchstaben lernen, sodass ich nun sogar einige Ortsschilder oder nicht übersetzte Ausschilderungen lesen kann. Trotzdem fühle ich mich dabei immer wie eine Erstklässlerin, die noch nicht alle Buchstaben gelernt hat und die anderen auch ständig miteinander vertauscht oder vergisst. Unser Navi, das normalerweise immer die Straßennamen vorliest, in die wir abbiegen müssen, versucht es hier in Griechenland nicht mal, bzw. liest nur die Zeichen die es kennt (das ist anscheinend ausschließlich der Bindestrich). So biegen wir hier in Griechenland ständig in „die Straße Bindestrich“ oder „die Straße Bindestrich Bindestrich“ ab.
Wir waren nun genau fünf Wochen in Griechenland, was viel zu kurz ist, um das ganze Land zu sehen. Wir könnten noch viele Monate hier verbringen und haben uns fest vorgenommen auf jeden Fall noch mal wieder zu kommen. So haben wir nur zwei der fast 300 bewohnten Inseln gesehen und uns auch den Nordosten, der uns wärmstens empfohlen wurde, für eine unserer zukünftigen Reisen aufgehoben. In Griechenland scheint es überall schön zu sein, sodass die Auswahl an möglichen Reisezielen riesig ist. Meine persönlichen Favoriten waren die Insel Lefkada (#101), der Pelion (#114) und Meteora (#115). Aber auch überall anders war es wunderschön. In Griechenland gibt es nicht nur die mehrere tausend Jahre alte Kultur, sondern überall Berge und Meer. 80% Griechenlands ist gebirgig und das Meer scheint auch nie weit zu sein.
Außerdem ist da ja noch die hervorragende Griechische Küche. Ich muss sagen, dass, anders als in vielen Griechischen Restaurants in Deutschland, das Essen hier nicht fast ausschließlich aus Fleisch besteht und es auch für Vegetarier sehr leckere Gerichte gibt. Besonders wichtig ist dabei der Feta, der ähnlich wie der Schinken in Spanien und der Käse in Frankreich, in unendlicher Auswahl in den Theken der Supermärkte und Märkte angeboten wird. Aber selbst Veganer kommen hier sehr gut auf ihre Kosten, denn wenn die Griechen fasten, und das tun sich regelmäßig, essen sie vegan. So gibt es auch viele vegane Lebensmittel und selbst in den billigen Supermärkten gibt es eine ganze Bandbreite an Milch-Alternativen und veganem Käse und Jogurt.
Vielleicht liegt es am hohen Bedarf an Feta, dass uns erstaunlich viele umherziehende Hirten mit Scharf- und Ziegenherden begegnet sind. Am Straßenrand haben wir auch sehr häufig unzählige, bunte Bienenkästen gesehen. Ob sie zum Honigmachen oder zum Bestäuben der Pflanzen dort stehen, wissen wir nicht, einige stehen aber so schief, dass da unmöglich jemals wieder etwas rausgenommen werden kann.
Auch Reptilien gibt es in Griechenland viele. Uns sind unzählige Landschildkröten begegnet, die sich gemächlich durchs Gras oder über die Straße bewegen. Die vielen Eidechsen bewegen sich dagegen so schnell, dass wir sie oft nicht zu Gesicht bekamen. Auch einige Schlangen gibt es in Griechenland, die sind aber bei weitem nicht so gefährlich und auch nicht so weit verbreitet wie z.B. in Australien, trotzdem sollte man sich von ihnen natürlich möglichst fernhalten.
Ansonsten haben wir auf den Straßen unglaublich viele Katzen und Hunde gesehen. Die streunenden Hunde waren, anders als ich erwartet hatte, alle besonders lieb und freundlich und uns ist kein einziger aggressiver Straßenhund begegnet. Die aggressiven Hunde waren alles Haustiere. So haben wir hier in Griechenland viele Spaziergänge mit Hunden gemacht, weil uns die Straßenhund gerne einfach begleitet haben.
Die Straßenhunde haben oft auf Parkplätzen gewohnt, auf denen auch wir übernachtet haben. Das Freistehen ist hier in Griechenland nämlich unproblematisch. Spätestens wenn man die Passanten grüßt, freuen sich alle. Auch in anderer Hinsicht, sind die Griechen hilfsbereit. So wurde uns nicht nur häufig der Weg gezeigt, in dem ein Grieche in seinem Auto vorweggefahren ist, uns wurde auch Wasser zum Auffüllen unseres Tanks und eine Dusche angeboten. Campingplätze gibt es in Griechenland nämlich erstaunlich wenige. Auch Waschsalons sind hier sehr rar. Für Camper scheint die Infrastruktur in Griechenland daher nicht ideal zu sein, vor allem auch weil die Fähren zu den Inseln für Camper-Vans, Wohnmobile oder große Autos besonders teuer sind. Trotzdem haben wir hier in Griechenland sehr viele andere junge Menschen getroffen, die wie wir ihren Job gekündigt haben und für ein Jahr durch Europa reisen. Mehr als wir in irgendeinem anderen Land bisher getroffen haben.
Ein kleines Detail, dass mir im griechischen Straßenbild aufgefallen ist, sind die kleinen Altäre, die regelmäßig an Landstraßen stehen. Oft sind sie nur ein Glaskasten mit einem Kreuz drauf, manchmal sind sie aufwendiger geschmückt und sehen aus wie eine kleine Kirche in Miniaturformat, fast immer haben sie aber eine Kerze, eine kleine Flasche Wasser und einige andere Sachen drinstehen.
Was mir an den Tankstellen gefallen hat, ist das es hier einen Tankservice gibt. Es wird für einen getankt, sodass man nicht mal aus dem Auto aussteigen muss. Während der Diesel fliest putzt der Tankwart oder die Tankwartin meistens unsere Windschutzscheibe und gelegentlich unterhalten wir uns kurz.
Diese und viele andere kleine Begegnungen haben dafür gesorgt, dass wir uns immer Willkommen gefühlt haben. Wegen der Landschaft, aber vor allem wegen der Leute wollen wir unbedingt noch mal wiederkommen.
Tag 196 – Gesamttour 15.101 km
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