Veröffentlicht: 06.07.2022
Nachdem wir fleißig die Schulbank drückten und unsere weißen Ärsche platt saßen, war es Zeit für eine physische und mentale Herausforderung. Wir sehnten uns nach einem Abenteuer. Es sollte der 3. größten Vulkan 🌋 Guatemalas werden. Der Acatenango is knapp 4.000 Meter hoch und ist mit einer Übernachtung zu besteigen. Gut 2.000 Höhenmeter lässt man hinter sich. Aus Antigua konnte man diesen wunderbar sehen. Hinter dem Acatenango liegt der Fuego. Dieser Vulkan ist noch mega aktiv und man sieht diesen sogar von unserem Hostel in Antigua aus ausbrechen.
Wir entschieden uns für die best bewehrteste Organisation Wicho & Charlie’s. Hierbei handelte es sich um eine vegane und nachhaltige Tour, die etwas teuer als die anderen war, jedoch auch super organisiert sein sollte. Ob es sich hier lediglich um Marketing handelte, kann ich nicht bewerten. Auf jeden Fall hatten wir mehr Shepards, so viele Oberteile zum ausleihen wie wir wollten, keine Zelte sondern sogenannte Cabins und dickere Schlafsäcke. Wir fühlten uns schon bei der Buchung sehr wohl mit unserer Entscheidung.
Wir durften lieber Weise unsere Backpacks / Sachen in unserem Hostel lassen, sodass wir nur mit 4 Litern Wasser (einer war für die Allgemeinheit zum Kochen) und wenig Wechselklamotten morgens um 7 Uhr bei unserem Reiseleiter auf der Matte standen.
Meine Vorfreude stieg bereits auf dem Hinweg immer weiter. Ein aktiver Vulkan, wo ist sowas möglich, wann werde ich sowas nochmal erleben, wird dies überhaupt nochmal geschehen, wie anstrengend wird es wohl werden? Alles Fragen die durch meinen Kopf gingen. Weiter war mein Plan in meinen Sneakers und in Jeans zu wandern. Funktioniert dies?
Als wir bei Wicho & Charlie’s ankamen, sollten wir erstmal ernüchtert werden. Wir hatten leider keine bestätigte Buchung, sodass wir nur noch die Möglichkeit hatten, für einen Aufpreis von jeweils 25€, die Privatcabin zu buchen. Wir entschieden uns schnell dafür, da wir schon startklar waren und perfekte Wetterbedingungen herrschten. Nun gab es noch ein kleines Frühstück zur Stärkung, wir bekamen unser Lunch und wir konnten uns noch eine Tüte mit Nüssen und Snacks füllen. Anschließend wurden die Türen für die Kleidungsvergabe geöffnet und es ging darum, schnell etwas passendes und warmes zu finden. In der Luft lag das Gefühl von Angst, dass man zu wenig abbekommt. Deswegen stürmten alle, wie die deutschen Kartoffeln morgens vor dem Aldi, wenn was geiles im Prospekt steht, rein. Ich war ganz vorne mit dabei. 😂
Ganz oben auf der Spitze soll es sehr windig und kalt sein, bis minus 10 Grad. Nun war ich im Zwiespalt. Einerseits weiß ich, dass ich nicht schnell friere und so wenig Gepäck mitnehmen will, wie es geht. Auf der anderen Seite möchte man oben auch nicht frieren. Von mir selber hatte ich noch ein langes Lycra, eine Jogginghose, mein Shirt was ich anhatte und die Jeans mit. Ich entschied mich dort noch für eine dicke Mütze, Schlauchschal, Handschuhe, Fließpullover und einen Windbreaker. Alle Teile hiervon waren kostenfrei. Ich habe kurz überlegt, ob ich mir Laufsticks oder eine richtige Hikinghose leihen sollte. Ich entschied mich dagegen.
Nun wurden wir in einen Shuttlebus verfrachtet und in ca. 1,5 Stunden zum Eingang des Nationalparks gebracht. Kurzer Toilettengang und Abfahrt. Mein Rucksack wog etwas unter 10 Kilo, würde ich schätzen.
4,5 Stunden dauerte der Aufstieg. Gott sei Dank hatten wir bis zum Basecamp durchgehend schönes Wetter und keinen Regen. Zwischendurch wurde es mal nebelig, was jedoch nicht schlimm war. Während der Besteigung änderten sich immer wieder die Vegetation. Man hat richtig die unterschiedlichen Zonen wahrnehmen können. Unten kam es einem eher vor, als wenn man im Urwald wäre. Weiter oben hatte ich das Gefühl, dass ich im Wald von Fangorn wäre. An den Bäumen hingen graue Schleier in welchen sich der Nebel verfing. Es war ein mystisches Gefühl, was mich einnahm. Noch weiter oben wurden die Pflanzen und Bäume kleiner bzw. es waren mehr Gewächse, dies war jedoch fast an der Spitze. Überall zwischendrin hatte man den schwarzen Vulkanstein.
Immer wieder zwischendurch hatte man das Gefühl es würde in der Ferne donnern. Relativ zeitig realisierte ich, dass es sich nicht um Donner handelte, sondern um Eruptionen des Fuegos. So etwas habe ich noch nie vorher im Leben gespürt. Diese Macht der Natur, diese Ausgesetzheit, dieser für mich unwillkürliche Zeitabstand der einzelnen Eruptionen.
Dieses Gefühl trieb mich weiter an, den Fuego vom Basecamp des Acatenangos zu sehen.
Ich war immer ganz vorne mit dabei und wir hatten eine sehr gute Geschwindigkeit. So sind wir kaputt, aber noch im Rahmen, oben am Camp angekommen. Wir hatten noch eine super Sicht auf den ausbrechenden Fuego. Man sah immer die Rauchschwaden, hörte das brodeln und langsam aber sicher festigte sich der Nebel.
Wir richteten noch schnell unser Schlafgemach her und merkten das es anfängt zu regnen. Da der Plan war um 18 Uhr die Spitze des Fuegos zu besteigen, entschieden wir uns den Regen mit einem Powernab zu überbrücken. Nach 20 Minuten mussten wir leider feststellen, dass es weiter regnete. Wir fanden uns im Küchenzelt ein und unterhielten uns fleißig mit den anderen Wanderern. Aus aller Herren Länder versammelten wir uns bei einer heißen Schokolade, Marschmellows, Nebel und Regen in einem gelben Zelt, dessen Decke mit unzähligen Nationalflaggen geschmückt war. Das schlechte Wetter begleitet uns leider die ganze Nacht und den nächsten morgen, sodass wir nicht auf die Spitze des Acatenangos, als auch auf den Fuego wandern konnten. In der Nacht wachten wir alle auf, da ab und an die Eruptionen des Nachbarvulkan unseren Boden erschütterten. Wir konnten nachts den Ausbruch trotz des Nebels relativ gut sehen und man hat Lavabrocken in die Luft schießen sehen. Da wir jedoch unbedingt auf den Fuego wollten, so dicht an den Krater wie es geht, entschieden wir uns einen weiteren Tag und eine Nacht auf dem Vulkan zu verweilen und hofften auf einen günstigen Zeitspot die Naturgewalt von nahen zu sehen, zu riechen, zu fühlen und noch besser zu hören. Auch der komplette weitere Tag sollte vernebelt bleiben, sodass wir uns mit Meditation, Yenga, tiefgründigen Gesprächen, Ängsten, Liegestützen und vielen anderen Ablenkungen beschäftigten.
Um 12 Uhr kam ein Bergführer und brachte uns Verpflegung. Die selbe Mahlzeit wie den Tag zuvor. Diese verschlungen wir alle sofort. Unsere Körper mussten noch den Hike des gestrigen Tages kompensieren. Ich war froh, dass ich keinen Muskelkater hatte. Wir alle vegetierten jedoch in unseren getragenen Klamotten daher und ich überlegte ernsthaft, ob ich mir beim nächsten Shower eine Dusche genehmigen sollte. Schlussendlich entschied ich mich dagegen. Es war kalt und ich hatte kein Handtuch zum abtrocknen mit mir.
Gegen 15:30 Uhr erreichte uns die Tour vom nächsten Tag. Auch hier sollte sich der Tag wie der vorherige wiederholen. Wir hatten schon wenig Hoffnung mehr, noch den Fuego besteigen zu können und gingen zu Bett. Wir stellten uns um 2:45 Uhr nachts einen Wecker und hofften, dass wir zum Aufbruch des Tages den Hike bewältigen können. Und tatsächlich, die Bergführer stimmten zu und alle zogen sich voller Vorfreude in tiefster Nacht und bei leichtem Nebel alle Kleidung an, die sie bei sich hatten. Der Hike ging um die 1,5 Stunden in vollkommenster Dunkelheit, welche wir mit unseren Kopflampen erhellten. Über enge Wanderwege an tiefen Schluchten vorbei, über provisorische Holzbrücken führte uns der Weg vom Basislager erst runter und dann auf den Nebenvulkan wieder hoch. Als wir nur noch 300 Meter vom aktiven Vulkankrater entfernt waren verweilten wir eine gute halbe Stunde dort. In eisigem Wind ohne Bewegung realisierten wir, wie kalt es war und wofür wir uns so warm angezogen haben. Ich war sehr zufrieden mit meiner Auswahl und genoss die Stille, das unwirkliche Ambiente und die frische Brise. Da sich oben in eisiger Höhe die Wolken relativ schnell bewegen, hoffte unser Führer auf eine kurze Aufklarung der Wetterverhältnisse. Dies sollte uns leider vergönnt bleiben, sodass wir uns mit dem Hike und der physischen Erfahrungen zufrieden gaben und wieder zum Basislager wanderten. Als wir dort ankamen war auf einmal das Wetter aufgeklart und wir konnten immerhin nochmal von dort den Vulkan in voller Größe betrachten. Nach einem Burrito zum Frühstück ging es ab nach unten. Laura, einer der Leidensgenossinnen, die auch eine weitere Nacht bleibt, ist mit mir quasi ununterbrochen den Vulkan hinab gerannt, sodass uns unser Shepard hinterher laufen musste, um uns zu bremsen, damit wir auf den Rest warten konnten. Nach gut zwei Stunden Abstieg erreichten wir verschwitzt und zufrieden den Eingang bzw. Ausgang des Nationalparks. Auch die weiteren Tage schwärmten wir immer wieder von dieser unglaublichen Erfahrung und waren vollkommen zufrieden mit den Geschehnissen. Dies erinnerte uns auch schmerzhaft unser Muskelkater der uns drei weitere Tage begleitete. Durch diese Erfahrung haben sowohl Tino, als auch ich, richtig Lust auf die nächsten Wanderung bekommen.
Ein großer Dank geht raus an Clara. Hier seht ihr noch ein paar Bilder, wenn die Sicht perfekt ist. Eine Woche später machte diese eine Freundin.