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Tag 6 - Zum Hardangerfjord

Veröffentlicht: 03.08.2018

Am nächsten Morgen brechen wir wieder auf, um ostwärts zum Hardangerfjord bzw. genauer gesagt einem Seitenarm dessen, nämlich den Sørfjord, zu gelangen. Die Route bis zum Hardangerfjord ist an sich schon ein Erlebnis, stetig geht es bergauf und durch voller Mystik steckende, steil aufragende Felswände, und schon nach kurzer Zeit sehen wir den ersten recht beeindruckenden Wasserfall. Bald sind wir auf alpinen Höhen angelangt, wo uns mitten auf der Straße 3 Schafe (mit Halsbändern) begegnen. Aus ihrer beschwingten Gangart leiten wir ab, dass sie wohl ausgebüchst sind. Nach einem kurzen alpinen Gastspiel nehmen wir einen raschen Abstieg Richtung Norheimsund über eine kurvige und tunnelreiche Straße. Kurz vor dieser Ortschaft am Hardangerfjord kommen wir am Steindalsfossen vorbei, einem Wasserfall, hinter dem man durchschreiten kann. Selbstverständlich halten wir an, um uns dieses Naturwunder aus der Nähe anzusehen, auch wenn es hier arg touristisch ist (aber was sind wir sonst…). Der Busfahrer einer der Reisegruppen, die vor Ort sind, zeigt uns stolz die Ultrazeitrafferfunktion seines neuen Handys, mit der er den Wasserfall festgehalten hat.

Um nach Kinsarvik, unser erklärtes Endziel für diesen Tag, zu gelangen, überqueren wir die Hardangerbrücke. Oder die „Golden-Gate-Bridge“ Norwegens, wie sie von manchen auch genannt wird. Zuvor aber müssen wir durch einen Tunnel, der durch seine schiere Länge und die kahlen Felswände sowie der spärlichen Beleuchtung äußerst nervenaufreibend ist, jedenfalls für mich. Ich habe ständig das Gefühl, kurz vor dem Einschlafen zu stehen – nicht gut, wenn man der Fahrer ist. Kurz bevor es zur Hardangerbrücke geht, zweigt der Tunnel ab – in einem Kreisverkehr im Berg. Sowas hatte ich zuvor auch noch nicht gesehen. Die gigantisch anmutende Halle für diesen ist in den Fels gehauen, in der Mitte eine Säule in Form eines auf seinem schmalen Ende stehenden Kegels ausgespart. Ein Wahnsinn, was diese Ingenieure hier auf die Beine stellen. Der Tunnel endet mit einem ebenso gigantischen Portal und geht direkt in die Brücke über, die 1380 Meter lang ist und 202 Meter hoch. Ebenso ein Meisterwerk der Ingenieurskunst.

Kurz danach kommen wir in Kinsarvik an, wo wir uns erst mal niederlassen. Die Strecke von nicht ganz 100 km hat viereinhalb Stunden gedauert, mit Zwischenstopps. Schnell kommt man in diesem Land wirklich nicht voran, und im Grunde ist das auch ganz gut so.

In einem Anfall von Größenwahn beschließen wir, noch eine Wanderung von dort aus zu machen, die im Rother Wanderführer aufgeführt ist („nur“ 9 km). Diese startet kurz oberhalb Kinsarviks und verläuft am Gebirgsbach Kinso entlang, der über mehrere Wasserfälle seinen Weg ins Tal findet. Jeder dieser Wasserfälle ist absolut imposant, staunend und ehrfürchtig stehen wir davor. Keines der Fotos kann annähernd diese Dimensionen wiedergeben und können einen nur erahnen lassen, welche Wassermassen dort sekündlich hinabstürzen. Der Weg ist die meiste Zeit über sehr steil und anstrengend, und gegen Ende wird es zäh. All die Mühen sind jedoch vergessen, als wir am erklärten Ziel ankommen. Uns eröffnet sich der Blick auf ein Tal, das am anderen Ende von einer weiteren steilen Felswand und einem weiteren mächtigen Wasserfall begrenzt wird. Die rauhe Schönheit der Natur dort oben ist so überwältigend, dass man vor Glück laut „Danke“ schreien möchte dafür, dies sehen zu dürfen.

Der anbrechende Abend zwingt uns leider, den Rückweg anzutreten. Für mich war es einer dieser Orte, die man nicht mehr verlassen möchte.

Der Abstieg ist ebenso beschwerlich, die Steilheit des Geländes geht in die Knie. Im letzten Drittel des Rückwegs treffen wir noch auf eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die uns fragt, ob das der richtige Weg zum nächsten Wasserfall sei und wie lang es dauern würde. Sportlich, denke ich mir angesichts der beginnenden Dämmerung und der Kinder. Hoffentlich sind sie heil an- und zurückgekommen.

Antworten (1)

Bernhard
toll, freuen uns auf Fortsetzung, Du solltest ernsthaft überlegen, unter die prof. Reiseberichterstatter zu gehen!

#norwegen#wandern#hardangerfjord