Neuseeland - Die Nordinsel
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8.1.20 Kugeln, Dünen, Berge, Urwald, & der König des Waldes

Veröffentlicht: 15.01.2020


Das enorm Faszinierende an Neuseeland ist die Vielfältigkeit der Natur auf kleinem Raum. Dazu der Klassiker "4 seasons in a day", wenn man will inklusive Schnee bei einer Bergwanderung. 

Die Nacht war reichlich kalt, bzw. kam mir so vor, als ich nach 2,5 Stunden erfolgloser Kiwipirsch gegen Mitternacht ins Bett komme. Abgesehen von etlichen Mückenstichen, die durch meine Hose platziert wurden und dem mehrfachen Ruf eines Kiwis, war nix und ich bin angesichts von 11 Grad und trotz 4 Lagen so kalt, dass ich stundenlang nicht einschlafen kann. 

Der Morgen ist mit 15 Grad recht freundlich und da die Westküste den etwas besseren Wetterbericht hat und ich dort dann eine andere Strecke fahren kann, mache ich mich quer über die Nordinsel auf den Weg nach Westen. 

Das ist mal ne verdächtig lange Fahrt für wenig km...

Zunächst ist es hier im Far North nur sanft hügelig, sehr dünn besiedelt, Maisfelder und Rinderweiden prägen das Bild. Und ganz viele podocarps, diese grazilen häufig bestimmt 20 und mehr Meter hohen Bäume, die nur eine belaubte Krone haben. Steineiben, sagt Wikipedia dazu. Nun gut, hilft auch nicht weiter. Ich verbinde sie mit Neuseeland und Tasmanien. 

Podocarps
Unterwegs von Ost nach West

Mein Navi zeigt mir eine verdächtig seltsame Fahrzeit vom 1:20h für 58km. Die Route werde ich wohl besser nicht nehmen, denke ich noch, als an der letztmöglichen Abzweigung der Mataraua Road ein Schild vor der Weiterfahrt mit Camper o. ä. warnt, da die Straße schmal und kurvig durch die Berge führt. Zwar wäre dies der direkte Weg quer durch den Matarua Forest zur Kauri Coast, aber nee - das muss ich heute nicht haben. 

So biege ich ab auf die Wharepunga Road und folge kurz darauf dem Highway 12 nach Westen, der sich klasse fährt. Der Wind hat sich auch beruhigt und ich genieße bald weite Blicke und in der Ferne Berge mit unendlich viel Wald. 

Heute Morgen noch am Wasser, dann sanfte Hügel, jetzt schon wieder Berge in Sicht und dann der Meeresarm Hokianga Harbour, der aus der Tasman Sea gespeist wird. Durch die Streckenänderung komme ich nun zu den Koutu Boulders, die auf meiner bucket list für die Reise standen. Freude! 

Koutu Boulders und ich

Auf der Südinsel gibt es die Moeraki Boulders, gleiche Gebilde, deren Kern bis 5 Mio Jahre alt sind. Es sind teils riesige Felskugeln, die am Strand liegen, irgendwann Risse kriegen und quasi aufplatzen. Die Erosion des Wassers legt immer mehr von diesen Kugeln frei und hier am einsamen Koutu Beach liegen unendlich viele in diversen Stadien des Zerfalls. 

Koutu Boulders
Koutu Boulders

Da man sie nur bei Ebbe sehen kann, habe ich echt Glück, dass das heute zu meiner Ankunft passt. Wer mehr zur geomorphologischen Entwicklung dieser bis zu 3m im Durchmesser großen Steinformationen wissen will, muss bitte googeln. 

Koutu Boulders
Koutu Boulders

Außer dem Strand mit diesen Kugeln fällt der Blick auf riesige Dünen. Opononi und Omapere sind nicht weit. Herrlich entspannte Ferienorte an der Mündung des türkis-grünen Hokianga Harbour. 

Dünen bei Opononi

Weisseste Strände locken und ich sitze zum zweiten Mal nach 5 Jahren in dem kleinen Café neben dem i-site, genieße einen super leckeren Muffin und einen flat white und lausche einem Alt-Hippie beim Klampfen 🎸, während ich auf weiße Dünen und Palmen schaue. Wo waren noch die Berge? Ach ja, da wo der Wald war... 

Ich folge dem Highway 12, der hier nun etwas ins Landesinnere schlängelt und der Blick aufs Meer nur noch in weiter Ferne möglich ist. Nicht erst mit dem Schild "Waipoua Forest" beginnt ein Abschnitt von rund 40km durch urwaldartigen dichten Bewuchs von haushohen Baumfarnen (die immer wirken wie Palmen), unzähligen Kauris, Farnen, Schlingpflanzen, die ebenso viele Windungen haben wie die Straße. 

Highway SH12 im Waipoua Forest

Es ist glücklicherweise nicht allzu viel Verkehr, so daß ich mit meinem Van hier gut fahren kann und nicht gejagt werde. Atemberaubend hoch ist dieser Urwald links, rechts und über mir und ich freue mich, dass ich hier rüber gefahren bin. Die Strecke bin ich bei meiner 2monatigen Reise vom Süd nach Nord gefahren und war damals auch schon ehrfürchtig beeindruckt von dieser unglaublich üppigen Vegetation. 

Wenn ich schon mal da bin, so will ich auch dem Herrscher des Waldes meine Aufwartung machen: Tane Mahuta! Tane ist im der Maori Sprache der Gott des Waldes. Dieser riesige Baum wird auf gut 2000 Jahre taxiert und gehört somit zu den ältesten Lebewesen der Erde, wenn nicht sogar das älteste (bekannte) Lebewesen. Nur, wenn man im Vordergrund Menschen hat, wird das schiere Ausmaß ansatzweise erkennbar. Er ist mit mehr als 51 Metern ein Gigant, aber der Stamm hat mit fast 14 Metern auch eine gute Basis für diesen Baum. Da der Baum recht dicht am der Straße steht, ist der Abstecher hier hin kein Aufwand. Einmal Schuhe säubern und desinfizieren beim Reingehen und beim Rausgehen. 

Tane Mahuta - manche geben alles für ein Foto
am Tane Mahuta

"Kauri Dieback" - das Kauri-Absterben ist eine massive Bedrohung dieser Bäume, die in den Wurzeln beginnt. Die ohnehin flach unter der Erde verlaufenden Wurzeln dieser Baumriesen sind teilweise vom einem Pilz befallen, den man noch nicht behandeln kann. Die Kauris sind dadurch tatsächlich vom Aussterben bedroht. Da auch Sporen in z.B. den Profilsohlen unserer Schuhe aus den Wäldern getragen werden, werden sie auch so weiter in den nächsten getragen. Durch Regen gelangen diese in die Erde und an die Wurzeln, wo sie diese infizieren und sich am unteren Stamm ausbreiten und die Wasser- und Nahrungszufuhr in die Wipfel unterbindet. Da die Sporen bei Regen weiter gedeihen und sich verbreitern, ist diese Krankheit so tückisch. Um die Verbreitung durch uns Menschen zu unterbinden, sind diese aufwändigen Reinigungssysteme vor und nach dem Besuch eines Waldes mit Kauris hier überall eingerichtet (vgl. den Beitrag aus Whangarei am ersten Tag). 

Gesunder Kauri / Highway SH12 im Waipoua Forest
Kauri Dieback

Abgestorbene Kauris sehe ich als weiße Gerippe kurz darauf am Straßenrand. 

Top10 Holiday Park Kauri Coast

 Heute möchte ich im Trounson Forest übernachten. Vielleicht habe ich heute Glück mit einem Kiwi? Der Top10 Holiday Park Kauri Coast liegt in einem Tal östlich des Highways und sollte eigentlich Kiwi Nachtwanderungen anbieten. Leider aber stellt sich heraus, dass die das nur ab Februar machen und nicht in der Saison. Also werde ich wohl gegen 21h die rund 5km Richtung Trounson Park fahren und dort im Dustern nochmals rumlaufen. Heute aber mit 2 Hosen übereinander, damit die blöden Mücken nicht beißen.

Um 16h schlage ich mein Lager auf. Ich kann noch bis halb sechs in der Sonne sitzen, dann wird es zu kalt. Also Pullover wieder an, Hosenbeine ranfrickeln... Tagebuch ist hiermit fast fertig. Jetzt noch aus drei Kameras Bilder sortieren, aufs Tablet sichern, Auswahl für heute rausfiltern, einfügen, hochladen - dann wird gekocht. Ein Tag zwischen zwei Küsten mit Hügeln, 5 Mio Jahre alten Kugeln, weißem Strand, hohen Dünen, dichtem Dschungel und einem 2000 Jahre alten Baum. Neuseeland eben  ❤️🙂

Nachts im Trounson Park

Mit schwindendem Licht erreiche ich den Parkplatz am Trounson Park. ich ziehe alles übereinander, nehme meine Taschenlampe mit der roten Folie und mache mich auf den Weg in den Wald. Es ist bald völlig duster und glücklicherweise ist fast Vollmond, so dass man irgendwann doch schemenhaft etwas erkennen kann. Es sind ganz wenig Leute unterwegs - glücklicherweise. Die meisten sind still oder flüstern und fast alle haben rot verkleidete Lampen dabei. Der Wanderweg verläuft meist auf Planken oberhalb des Bodens. Plötzlich raschelt es unglaublich neben mir und mein Taschenlampen-Strahl fällt auf ein großes Possum, das behende auf dem Geländer neben mir langläuft und sich überhaupt nicht an meiner Gegenwart stört. Ich hab mich erstmal mächtig erschrocken, hatte aber auch gehofft, dass hier ein Kiwi im Anmarsch ist. Aber weit gefehlt. Irgendwo an einer dusteren Stelle warte ich bestimmt eine halbe Stunde mit einer anderen Frau zusammen. Wir kommen danach flüsternd ins Gespräch. Sie ist eine Spanierin. Wir laufen noch etwa 1 Stunde hier gemeinsam im Dustern rum, sitzen eine Weile schweigend auf einer Bank und hören einen männlichen Kiwi rufen - aber wir sehen keinen. Irgendwann gebe ich auf, sie bleibt - ich gehe zum Auto zurück und fahre mit Fernlicht die 5km zurück zum Campingplatz. Am Straßenrand sitzen massenweise Possums und ich habe keine Lust auch nur mit einem zusammenzustoßen. Die Spanierin - würde ich ihr morgen begegnen - ich würde sie nicht erkennen. Wir haben uns eigentlich nicht gesehen. Nur gehört ;-) 

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