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Tag 20: Der rollende Supermarkt ...

Veröffentlicht: 29.05.2018

Wie bereits gestern angekündigt, sollten wir heute Sylvia bei der "Store-Fahrt" durch Okaue helfen. Dafür klingelte der Wecker wie gestern um 6.20 Uhr, schließlich sollten wir um 7.00 Uhr fertig mit Frühstück und bereits zur Abfahrt sein. Während Sylvia noch einige Vorbereitungen traf und Jakob kurz im Kühlhaus beim Rauchfleisch aufhängen half, machte ich mich mit unserem Auto nochmal kurz auf in die Hofwerkstatt. Benzinstand, Ölpegel, Kühlwasser und Reifendruck überprüfen. Dabei fiel ein fehlendes Reserverad auf, die Arbeiter dort machten sich aber gleich dran ein neues aufzuziehen. Währenddessen begannen wir zu dritt damit das Auto zu beladen. Aus dem Lager landeten Maismehl, Zucker, Hefe, Öl, Milchpulver, Kerzen, Tee, Tabak, Tütensuppen, Instand-Limonade, Streichhölzer, Arbeitsoveralls, Teller & Tassen und sogar leichte Schmerzmedikamente auf der Ladefläche des Pick-Up. 


Außerdem luden wir zwei Pakete leere Transportsäcke für die fertige Kohle und natürlich unsere neues Reserverad auf. 



Alles verladen und mittlerweile 9.00 Uhr ging es dann auf in Richtung Okaue. Gegen 10.00 Uhr erreichten wir das erste der 3 Dörfer auf dem Farmgelände von Okaue. Dort wurden wir schon erwartet. Schnell hatten sich alle Einwohner um unser Auto mit der "heißen" Ware versammelt. Einer nach dem anderen wurde so bedient: Als erstes meldete er sich mit Namen bei Jakob oder mir (wir haben mit jedem Dorf die Rolle gewechselt), wir suchten das Kassenbuch heraus und der Dorfbewohner gab seine "Bestellung" auf. Der jeweils andere reichte die gewünschte Ware von der Ladefläche an. Jedes Produkt wurde dann im Kassenbuch eingetragen. Sylvia und einer der Arbeiter (Simon) arbeiteten ebenfalls als Tandem und halfen bei Sprachproblemen. das war auch notwendig, denn die meisten sprechen nur ihre Stammessprache (99% Herero) oder ein klein wenig Afrikaans - Englisch ist eher eine Rarität. Nachdem wir alle 3 Dörfer beliefert und noch ein paar Dinge und verreisende Dorfbewohner aufgeladen hatten ging es über Kalkfeld (eine Stadt) zurück auf die Farm. Normalerweise fungiert Sylvia Dienstags nicht nur als fahrender Store, sondern auch als Müllwagen und sammelt die anfallenden, nicht verwertbaren Verpackungsreste ein. Doch aus Platzgründen musste dieser Part heute entfallen.

Grundsätzlich ersetzt Sylvia die gesamte Infrastruktur für die Dörfer. Sie versorgt alle als rollender Supermarkt, kümmert sich um Müll, Wasser und Strom, bildet den Anschluss an die öffentlichen Verkehrsmittel in Kalkfeld, leiht Geld als Bank und zahlt Lohn aus als Arbeitgeber. In Extremsituationen hat sie sogar schon als Streitschlichter und Polizei fungiert. 

Zurück auf der Farm, mittlerweile 13.00 Uhr, war erstmal Mittagspause und eine große Schüssel Müsli angesagt. Nach der Pause mussten dann alle Kassenbücher nach dem Prinzip von gestern Abend auf den neusten Schuldenstand aktualisiert werden. 

Das Archiv der Kassenbücher


Außerdem waren wir für eine weitere Taxi-Fahrt in Reserve. Irgendwo aus dem Norden (genauer wusste das keiner) sollten heute noch 5 neue Köhler ankommen. Vorrangiges Reisemittel sind dabei Taxi-Anbieter die zwischen größeren Städten pendeln. Kalkfeld ist dabei einer der Anlaufpunkte. Die Köhler leben grundsätzlich als Nomaden und ziehen mit ihrem gesamten Hab und Gut von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz. Die große Menge an Gepäck wurde heute auch zum Problem ... denn anstelle 5 Leute mit ein wenig Gepäck kamen nur 3 Leute mit sehr viel Gepäck in Kalkfeld an. Dabei waren unzählige Taschen und Rucksäcke, Plastiktüten, Bettwäsche, Jacken und ein Käfig mit Hühnern. Laut Taxi-Fahrer kommen die fehlenden beiden morgen früh um 8 Uhr an - laut Karsten und Sylvia sollten wir aber erstmal den Anruf abwarten. Die 3 Neuankömmlinge fuhren wir auf jeden Fall in eines der 3 Dörfer und setzten sie dort ab. 

Danach ging es zurück in Richtung Farm, unterwegs sammelten wir noch zwei trampende Arbeiter auf und legten eine kleine Zwangspause ein. Knapp eine halbe Stunde standen wir am einzigen Bahnübergang in Kalkfeld. Dieser liegt unmittelbar am Bahnhof und der dort haltende Zug versperrte den Übergang mitten im Ort. Leider lud der Zug dort keine Fahrgäste ein und aus, sondern tankte einmal die gesamte Diesellok voll. Knapp 7000 Liter Diesel mussten aufgefüllt werden, unser Glück das die Bahn bereits einige Zeit dort stand ...



Bei einer kleinen Nachforschung am Abend fand Jakob heraus dass der Zug nicht irgendein simpler Passagierzug gewesen ist, sondern der sogenannte Pride of Africa. Eine Art Orient Express durch das südliche Afrika und laut Wikipedia der luxuriöseste Zug der Welt ...



Zwar fährt dieser auf seiner Route von Südafrika nach Tansania eigentlich nicht durch Namibia aber warum auch immer stand er eindeutig in Kalkfeld auf dem Bahnübergang und raubte uns eine halbe Stunde ...

Am Abend gab es dann noch leckeres Abendessen und danach ging es ab ins Bett. 


(Quelle Bilder Pride of Africa: https://www.cedarberg-travel.com/experiences/rovos-rail-pride-of-africa?nabe=6542208244383744:1)

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