M&M on Tour
M&M on Tour
vakantio.de/mundmontour

Medellin- eine Stadt im Wandel

Veröffentlicht: 22.10.2016

Von Santa Marta aus geht unser Flieger nach Medellin. Diese Stadt galt noch vor zehn Jahren als die gefährlichste der Welt und als Heimatstadt von Pablo Escobar und den Drogenkartellen. Doch jeden den wir treffen empfiehlt uns dort hin zu fahren. Doch bevor das Flugzeug uns in diese sagenumwobene Stadt bringen kann, heißt es erstmal die Rucksäcke auf unter 20kg zu bringen. Am Flughafen fällt dann die Entscheidung (Marius 18,82kg; Max 19,86kg). Wir haben es knapp geschafft und können einsteigen. Der Flug geht durch ein wunderschönes Gewitter, mit leichten Turbolenzen, ins Landesinnere in Richtung zweitgrößter Stadt Kolumbiens. Dort angekommen nehmen wir uns ein Taxi zu unserem Hostel. Der Taxifahrer hat wahrscheinlich etwas zu viel 2 Fast 2 Furious gesehen und rast zwischen den anderen Autos in Schlangenlinien auf Medellin zu. Nach etwa einer halben Stunde können wir dieses auch schon sehen. Vor uns im Tal erscheint ein gigantisches Lichtermeer, welches sich die umliegenden Berge hinaufzieht. Nach etwa einer Stunde erreichen wir unser Hostel und treffen wieder auf einige alte Bekannte. Auf uns warten schon Chip und Rhys (leider mit gebrochenem Fuß), auf deren Tipp wir in dieses Hostel gegangen sind. Nach einer herzlichen Begrüßung und den ersten Bieren treffen wir auch wieder auf Kelsey aus Huanchacco (Du depperter Depp), sowie auf ihre Freundin Ceone, eine Hawaianerin. Den nächsten Tag nutzen wir um uns auf die Suche für einen Kindle zu machen. Wir durchstöbern sämtliche Malls und Elektronikgeschäfte, finden jedoch nix. Dafür bekommen wir einen ersten Eindruck vom umliegenden Stadtviertel. Dieses ist wohl eher der wohlhabenden Bevölkerung zuzuordnen, was sich an den protzigen Karren und Häusern leicht erkennen lässt. Ein weiterer Hinweis darauf ist, dass fast keine Polizei zu finden ist (die doch sehr korrupt ist), sondern private Sicherheitsdienste die Wahrnehmung der öffentlichen Sicherheit realisieren. Auf Empfehlung von Chip melden wir uns für eine Tour nach Guatapé am nächsten Tag an, für welche sich auch Ceone und Nathalie aus Deutschland eingeschrieben haben. Los geht es um 9:30 Uhr. Wir werden von Raffael, einen gut gelaunten und freundlichen Kolumbianer aufgesammelt und nehmen Platz in seinem alten amerikanischen Van. Es geht hinaus aus Medellin in Richtung umliegende Berge. Auf dem Weg halten wir immer wieder an um entweder einen Aussichtspunkt über die Stadt zu genießen, Musiker aufzusammeln, die im Van live für uns spielen oder einfach um Essensspezialitäten und Früchte aus der Region zu genießen. Begleitet werden wir dabei von Raffaels genialer Playlist und seinem offenen und guten Gemüt. Die ganze Tour fühlt sich dabei nicht wie eine Tour, sondern eher wie ein Roadtrip mit Freunden an. Es wird gelacht, geplauscht, mitgesungen und zur Musik geschunkelt. Unser erster Stopp führt uns zu Raffaels Haus in den Bergen, wo uns ein gigantisches Frühstück aufgetischt wird. Früchte, selbstgemachtes Brot und Omeletts mit Spinat und allem was das Herz begehrt. Einige nutzen die Zeit um ein bisschen Fußball zu spielen, andere um Raffaels Hund oder die Babykatze zu streicheln. Nach gut einer Stunde geht’s wieder los. Raffael gibt uns die Möglichkeit auf dem Dach des Vans weiter zu fahren, was wir uns natürlich nicht entgehen lassen. So sitzt fast die gesamte Reisegruppe auf dem Dach und die Fahrt über Feldwege durch die atemberaubenden Berglandschaften beginnt. Zwischenzeitlich werden wir fast alle vom Dach geschmissen als Nathalie herzhaft aufs Dach klopft und Raffael aus Sorge eine Vollbremsung hinlegt. Dabei wollten wir doch nur, dass er die Musik lauter macht. Nach etwa 20 Minuten und etlichen Ästen im Gesicht erreichen wir wieder eine größere Straße und alle müssen zurück in den Van. Weitere 10 Minuten später erreichen wir die Replika, ein kleines nachgebautes Dorf in dem wir uns unser erstes Bier genehmigen. Um uns herum befindet sich ein für ein Wasserkraftwerk aufgestauter Fluss, der eine ganze Stadt unter sich begraben hat und deren Kirche und die umliegenden Häuser hier als Replikate nachgebaut wurden. Das Kreuz der alten Kirche kann man dabei noch aus dem Wasser herausragen sehen. Nach kurzem Aufenthalt geht es weiter zu einer etwa 20 Meter hohen Fußgänger-Hängebrücke, die über einen Teil des aufgestauten Flusses führt. Raffael gibt uns hier die Möglichkeit ein bisschen zu baden und wer möchte darf auch von der Brücke springen. Die Badestelle ist wunderbar ruhig und es bietet sich ein gigantischer Ausblick von der Brücke. Kaum auf der Brücke kommt auch schon der Londoner Frankie an und springt ohne mit der Wimper zu zucken von der Brücke. Das war also der Startschuss und fast alle wollen springen. Ich beschließe mich zum Ufer zu begeben und dieses Spektakel für jeden auf der Kamera festzuhalten. Ollie braucht etwa eine halbe Stunde um loszulassen, schafft es aber auch und so fühl ich mich ermutigt zu springen. Auf der Brücke stehen nur noch Nathalie, Max und ich. Max meinte direkt nach dem Aussteigen: „Also gut, ich springe sicher nicht“. So klettere ich über die Brüstung und brauche ein paar tiefe Atemzüge bevor ich loslassen kann. Ein wahnsinniges Gefühl. Der Flug dauert fast 3 Sekunden, aber die fühlen sich an wie zehn und man denkt die ganze Zeit: Warum bin ich noch nicht aufs Wasser aufgetroffen?! Nach dem Sprung schwimme ich zurück ans Land, drehe mich um und sehe jemanden springen. Da ist dieser Max doch einfach spontan und ohne eine Sekunde zu zögern gesprungen. Leider gibt es deshalb auch kein Bild, sondern nur ein Video von ihm. Nach unserem Badespaß beschert uns Raffel noch eine schöne Überraschung, ein deutsches Bier, und es geht weiter auf dem Roadtrip zum berühmten Felsen von Guatapé. Dort angekommen warten 750 Stufen auf uns die wir schnurstracks erklimmen. Oben angekommen bietet uns ein gigantischer Ausblick auf die aufgestaute Wasserlandschaft und die Inseln und Villen sowie die Berge im Hintergrund. Wir genehmigen uns auf diesen grandiosen Ausblick noch ein paar gemütliche Bierchen oben auf dem Felsen bevor wir wieder nach unten Klettern, denn es gibt Essen. Raffael hat während unserer Gipfelerklimmung gekocht und verschiedenste Gerichte zubereitet. Es schmeckt gigantisch! Anschließend fährt er uns in das kleine gemütliche Örtchen Guatapé, in der sich die einen, nach einer kurzen Stadtführung einen Kaffee, die anderen noch ein Bierchen genehmigen, bevor es auf den Rückweg nach Medellin geht. Guatapé ist ein kleines Örtchen, mit ganz vielen bunten Häusern und Gässchen. An den Wänden finden sich Verzierungen aus der Vergangenheit. Diese zeigen den Berufsstand der in den Häusern lebenden Menschen. Ziemlich knuffig. Wir genießen also die letzten beiden Stunden unseres Roadtrips bei guter Musik und mit neugewonnen Freunden. Bevor es in die Stadt geht halten wir noch an einem Aussichtspunkt mit Blick über die nächtliche Stadt an. Dabei muss ich wohl leider Chip zitieren:“ Ich habe noch nie eine so schöne Stadt bei Nacht gesehen“. Und er hatte sowas von recht! Zurück im Hostel hat der grandiose Tag noch lange kein Ende gefunden. Wir holen unsere letzte Flasche Dschungelschnaps und lassen den Abend im Hostel in einer großen und gemütlichen Runde ausklingen. Leider müssen wir uns an diesem Abend auch von Rhys verabschieden, der am nächsten Morgen zurück nach Australien fliegen muss um operiert zu werden. An dieser Stelle: Alles gute Digger! (All good for you mate!)

Dank Ceone‘s Engagement starteten wir den nächsten Tag mit einer Stadtführung durch das Zentrum von Medellin. Wir werden von unserem Stadtführer Camello am Hostel aufgegabelt und es geht mit der Metro ins Stadtzentrum. Dabei werden wir direkt aufgeklärt welche Bedeutung die Metro für die Leute hier hat. Sie ist das Zeichen für den Aufschwung von Medellin und sie wird respektiert! Keiner hier trinkt oder isst in der Metro, man findet keinen Kratzer und nicht ein Graffiti und keine rumhängenden, betrunkenen Leute. Sehr beeindruckend und sehr sauber. In der Stadt angekommen gibt es eine kleine Einführung in kolumbianische Geschichte und kolumbianisches Denken. Wir werden nochmals daran erinnert das Medellin vor 10 Jahren noch die gefährlichste Stadt der Welt war und wir unsere Augen für die Veränderungen offen halten sollen. Los geht es im Gerichtsviertel. Hier verzieren hässliche Plattenbauden die Plätze und ein großes Denkmal zeig die Geschichte von Medellin, den Aufschwung der Stadt durch Gold, Kaffee und der Eisenbahn(Industrialisierung). Unser Stadtführer erzählt uns, dass nicht die Drogengelder für den Boom der Stadt verantwortlich waren, sondern schon viel früher die Goldreserven zum Wachstum der Stadt ausschlaggebend waren. Doch er erzählt uns auch über die Realität der Drogen, über die die Kolumbianer ungern reden. Dabei wird auch er nie den Namen Pablo Escobars benutzen. Der gilt hier als Voldemord und die Leute reden entweder vom berühmten Kriminellen der Stadt oder vom Mann, dessen Namen nicht genannt werden soll. Er erzählt uns viel über die FARC, die stärkste linksradikale Gruppe und warum vor einer Woche so viele Kolumbianer mit „Nein“ über die Friedensverträge mit der FARC abgestimmt haben. Auch erzählt er uns wieso er mit ja gestimmt hat. Die gesamte Stadtführung, ja die gesamte Zeit in Medellin hat man das Gefühl, in einer Stadt des Wandels zu sein. Hier passiert so viel jeden Tag und Medellin, ja ganz Kolumbien will einfach nicht mehr mit dem Image des Kokains und der Gewalt verbunden werden. Zwischenzeitlich wird unser Stadtführer immer wieder (mind. fünf Mal) unterbrochen und wildfremde Leute stellen sich vor unsere Gruppe und bedanken sich, dass wir ihre Stadt besuchen. Sie heißen uns willkommen und sagen ihre Stadt ist auch unsere Stadt und das wir, wenn es uns hier gefällt dies auch in die Welt hinaustragen sollen. Was wir an dieser Stelle auch ausdrücklich tun möchten; Kolumbien ist der Hammer!! Nach einem ersten Einblick in die Geschichte und die Mentalität der Kolumbianer geht es weiter nach Downtown. Dieses Viertel und der Hauptplatz galten einst als der gefährlichste Ort Medellins. Wir erfahren hier viel über den Umbruch in der Stadt, welche Maßnahmen ergriffen wurden um Gegenden vom Ort der Gewalt zu Orten des Friedens und der Hoffnung zu machen. Auf dem Hauptplatz wurden viele Säulen errichtet, welche diesen Platz bei Nacht erhellen und als Bäume der Hoffnung gelten. Gebäude, in denen einst die Hauptsitze der Gangster und Banden waren sind jetzt kostenlose Bildungseinrichtungen wie Bibliotheken. Bildung spielt eine ganz wichtige Rolle für Medellin. In vielen einst gefährlichen Gegenden wurden Bibliotheken mit beleuchteten Parks, Skate- und Sportmöglichkeiten errichtet, so dass die Jugend einen sicheren Platz findet. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Infrastruktur. Mittlerweile haben viele der Favelas Strom und Wasser. Der wichtigste Punkt ist natürlich die Metro. Sie ermöglicht es den Leuten aus den Favelas sicher, günstig und einfach durch die Stadt zu reisen. Als Medillin ganz tief im Sumpf der Drogen und der Gewalt stand, begann man die Metro zu bauen. Sie gilt als der rettende Ast der Stadt. Uns werden viele weitere Orte gezeigt an denen diese Grundprinzipe gelebt werden. Zwischenzeitlich ist etwas Zeit für einen Kaffee und etwas zu essen. Als ich mich allein auf den Weg zum Bäcker mache, werde ich immer wieder von Kolumbianern angesprochen, die sich bedanken und freuen, dass wir diese Stadt besuchen. Dass ich hier der absolute Touri bin ist kaum zu übersehen ;). Kaum jemand misst über 1,80m. Danach bekommen wir einen Einblick in kolumbianisches Gedankengut. Hier gibt es nur einen Weg: Nach vorne schauen. Kolumbianer besitzen ein selektives Gedächtnis und erinnern sich nur an gute Dinge. Deswegen wird die Zeit der Drogenbarone und der Gewalt auch nicht in Schulen gelehrt und keiner spricht gerne darüber. Unser Führer erzählt uns jedoch trotzdem sehr viel über verschiedene Anschläge, die Gewalt und das Aufwachsen in Medellin, über Freunde und Bekannte, die er verloren hat und über schwierige Zeiten und die aufstrebende Hoffnung. Durchgängig hat man hier das Gefühl zur richtigen Zeit in der richtigen Stadt zu sein. In einer Stadt voller freundlicher Leute und voller Optimismus. Am Ende der Führung kommen wir zu einem Platz an dem einst ein großer Bombenanschlag während eines Konzerts stattfand. Hier steht auch noch eine zerfetzte Botero Statue neben der die gleiche Statue noch einmal größer errichtet wurde. Diese gilt als Mahnmal und als Hoffnungsschimmer für die Stadt. Botero spielt eine große Hoffnungsrolle in seiner Stadt (Seine Statuen sind überall). Jetzt werde ich unsere „Fette Botero-Dame“ in Bamberg mit anderen Augen betrachten. Zudem haben wir vieles weitere auf der Stadtführung gelernt, was zum Beispiel kolumbianischen Kirchenbau oder verschiedene Gebäude betrifft, doch das würde in der Ausführung jetzt einfach zu lange werden. Abschließend ist zu sagen, dass der Umbruch der Stadt, die Willkommenskultur und die Hoffnung in der Stadt überall zu spüren ist. Die Leute extrem freundlich und aufgeschlossen sind aber die Realität natürlich nicht zu verschleiern ist. Es werden einem immer noch alle fünf Minuten Drogen, vor allem Kokain angeboten, selbst beim Friseur. Aber nein heißt nein und das ist ok. Einige Viertel in Medellín sollte man auch sicherlich als weißer Tourist noch nicht besuchen, und auch sollte man immer ein bisschen auf die Sachen in den Hosentaschen aufpassen. Doch besucht man diese Stadt mit gesundem Menschenverstand wird man sie lieben lernen und die Zeit und die Menschen hier genießen. Es gibt genug Gegenden in denen man nachts alleine durch die Straßen laufen kann, man kann super feiern und findet viele Bars und Clubs, in denen man sich nicht mehr Gedanken machen muss als daheim.

Zum Ende möchten wir uns nochmal bei allen neugewonnen Freunden und der Blacksheep Group bedanken. Danke an Rhys, Chip, Ollie, Kobold, Ceone (I will suddenly appear in front of your Foodtruck), Kelsey, Loren, Nathalie, Zlatina, Mike und alle anderen, die ich vergessen hab. Es war eine geile Zeit mit euch, lassts euch gut gehen und ich hoffe wir sehen uns irgendwo alle wieder. Die Zeit lässt sich abschließend am besten durch Ollies Worte beschreiben:

„What a great group of light minded individuals “

Medellin, eine grandiose Stadt im Umbruch. Es war genial hier zu dieser Zeit der Veränderungen da gewesen zu sein!

Mehr zu Medellin gibt’s in den nächsten Tagen ;)

Grüße Max und Marius

Antworten

Kolumbien
Reiseberichte Kolumbien