molismagicmemories - goesnambia2018
molismagicmemories - goesnambia2018
vakantio.de/molismagicmemories

Tag 68: Frost auf der Glatze

Veröffentlicht: 10.09.2016

05.09.2016


Morgensport hat Gold im Mund, oder wie war das noch gleich? Wir müssen heute unser allzu vertrautes Heim/den Campingplatz der tausend bösen Erinnerungen schon bei Sonnenaufgang verlassen, da wir Patrioten sind. Was hat Patriotismus mit zwei Helden zu tun, die am anderen Ende der Welt verweilen? Ganz einfach, in unseren Augen ist es des österreichischen Staatsbürgers Pflicht, unseren Nationalsport Skifahren in die weite Welt hinauszumissionieren.

Beim Gedanken daran, dem Heimatland solch einen Gefallen tun zu können voller Freudentränen in den Augen, haben wir uns daher gestern einen Transport in ein Areal organisiert, in dem anscheinend immer wieder Schnee fällt und wollen den Maori das Gleiten auf den Engelstränen näherbringen.

Erfahrene Bergleute wie wir sind, haben wir uns schon in der Ortschaft Wanaka schlau gemacht und es zustande gebracht, uns warme Kleidung zu organisieren. Bereit, Heldentaten zu vollbringen und das Vaterland mit Stolz zu erfüllen, stehen wir also beim Busbahnhof und warten. Das Gefühl, das bei solchen Ereignissen einige Zeit lang nicht viel geschieht ist uns noch aus Asien wohlbekannt, weshalb wir nach einigem warten und der ungetrübten Überzeugung, bald Schnee zu sehen, doch verwundert sind, als wir erfahren, dass der Berg aufgrund von ein wenig Regen gesperrt ist.

Todtraurig und unseres Auftrags sozusagen entledigt wissen wir zuerst nicht so recht, was wir tun sollen, entschließen uns aber nach kurzer Orientierungslosigkeit, den Süden der Insel anzusteuern. Dort sollen die Wellen mehr als gewaltig sein und Michi und zwei seiner Freunde sind ebenfalls am Weg dorthin. So wird aus einem Tag voll geplanter Einkehrschwünge und Pistengaudi nur Piste – allerdings weniger Gaudi. Die Autobahnpiste ruft, diesmal ein relativ weites Stück, was mich mit weniger Freude erfüllt.

In etwa zwei Stunden vor Sonnenuntergang kommen wir, fast zeitgleich mit den DACH – Vehikel (nur Michi ist Österreicher, Jochen ist Deutscher, Theo Schweizer – also alles versammelt was der Alpenraum zu bieten hat) im eisigen Waikawa an. Voller Hoffnung und mit einer Portion gesundem Optimismus ausgestattet, mache ich mich auf die Suche nach einem Surfbrettverleih. Schnell stelle ich fest, dass ich meine Ansprüche wohl hinunterschrauben und überhaupt Menschen zu finden anstreben sollte. Und auch dies ist fast unmöglich. So gelingt es mir nach fünfundvierzig Minuten voller leerer Häuser endlich, eine alte Dame anzutreffen, die mir mitteilt, dass meine zweitschlimmsten Befürchtungen wahr sind. Zur allerschlimmsten Sorge entwickelte sich während meiner Suche nach Beweisen menschlichen Lebens, dass es eine Tsunamiwarnung gegeben hatte und deshalb die gesamte Ortschaft fluchtartig verlassen worden sei. Dies hätte auch erklärt, wieso ich mich zwar in einigen Wohnzimmern wiederfand, dort aber nie Menschen entdeckte. Trotzdem muss ich meine Ambitionen, Wellen zu reiten, ebenso zurückschrauben wie Gudi ihre Hoffnung, am Strand dasselbe mit Pferden zu tun.

Die anderen Drei, stolze Besitzer der vielgepriesenen Schaumstoffplanken toben sich inzwischen in den tosenden Wellen aus, während ich mich langsam damit abfinde, das schwarze Schaf zu sein (diese Redewendung habe ich mir extra für Neuseeland – dem Schaafstaat schlechthin, aufgehoben).

Nach einiger Zeit kommt der herzensgute und etwas blau angelaufene Theo aber aus dem Wasser und bietet mir sein Equipment an. Ich denke, so sehr habe ich mich selten gefreut, weshalb meine Abneigung, in kalte, nasse und fremde Wetsuits zu schlüpfen in dieser Situation auch mehr als marginal ist.

Aufgrund dieser milden Gabe von Theo finde ich mich kurz darauf im 8.9° kalten Wasser wieder. Schon beim benetzen der Füße, welche nicht durch den Wetsuit geschützt sind, kann ich nicht anders als laut zu schreien, zu Fluchen und nach Mama zu rufen. Nichts in meinem Leben bereue ich in diesem Moment aber so sehr wie das Abscheren meiner Haare. Meine Kopfhaut, Zart wie ein Babypopo und doch so ungeschützt in die eisigen Fluten zu tauchen fügt mir Schmerzen zu, die wohl einer Geburt gleichkommen müssen (oder schlimmer sind).

Die Surfsession ist dann auch eher kurz und wenig erfolgreich, was vorrangig darauf zurückzuführen ist, dass sich meine kraftprotzenden Arme von Sekunde zu Sekunde mehr zu starren, blauen Zierkörpern entwickeln.

Als ich, angetrieben von ein paar letzten Erythrozyten, die sich noch ins Zentrum meines Corpus gerettet haben, in unser fahrbares Wohnzimmer wanke, finde ich die restliche Gruppe schon gemütlich beisammensitzend. Gemeinsam beschließen wir, dass die ursprüngliche Idee, zu fünft im Auto zu schlafen eher problematisch werden könnte, weshalb uns nichts anderes übrig bleibt, als erneut in eines der zuvor „besuchten“ Häuser, ein Hostel einzukehren. Nun sind die Türen allerdings versperrt und ich sehe mich schon zwischen Armen und Beinen gefangen, bei eisiger Kälte erfrieren, als Theo kurzerhand den Balkon erklimmt und uns Sekunden später mit einem verschmitzten Grinsen die Türe öffnet.

Im Hostel finden wir sogar eine Nummer, die wir anrufen können, um unsere Anwesenheit anzukündigen. Aufrichtige Menschen wie wir sie sind – ausgenommen der Balkonaktion versteht sich – teilen wir mit, uns für das Zimmer vier entschieden zu haben. Nur Gudi und ich sind Schnorrer und beschließen im Camper zu verweilen, sind aber trotzdem froh, in der Anonymität der verwaisten Pension unsere Prachtkörper ein wenig auftauen zu können – und dafür nachher dann unsere Anonymität im Camper zu haben.


Gudis glorreiche Gesetze:


Wer in Österreich Ski fährt, muss auch in anderen Ländern Skifahren wollen.


Ich sträube mich ja erst noch, bin ich doch der Ansicht, dass wenig Berg und kein Material eher schlechte Grundvoraussetzungen für einen erfolgreichen Tag sind. Nach und nach werde ich aber mit betörenden Geschichten über Bergpanoramen beschwichtigt, weshalb wir im Endeffekt beide der Meinung sind, wenigstens einmal Skifahren gehen zu wollen.

Antworten