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Das Grande Finale

Veröffentlicht: 03.07.2018

In Montevideo schließt sich der Kreis, hier haben wir im Januar unser Abenteuer begonnen und hier bringen wir den Dubs wieder zum Hafen. Auch wenn wir noch 2 Wochen in Buenos Aires verbringen, unsere große Südamerikatour endet für uns hier. Wir haben uns in einem anderen Hotel als im Januar eingebucht, näher am Hafen und vor Allem mit einem großen bewachten Parkplatz, um den Dubs dort für die große Überfahrt vorzubereiten und zu packen. Das Hotel ist eine bekannte Kette, hat aber seine besten Tage hinter sich. Das soll uns nicht stören. Wir sind ja ziemlich entwöhnt vom Luxus und es ist nicht allzu teuer. Allerdings hat unser Zimmer wohl einen Wasserschaden gehabt und eine Zimmerecke schimmelt, das muss nun doch nicht sein. Nach kurzer Rücksprache mit dem Portier bekommen wir ein neues Zimmer, also ziehen wir mit Sack und Pack eine Etage tiefer und finden ein Zimmer vor, in dem das Reinigungspersonal offenbar mitten in der Arbeit aufgehört hat. Kurze Beschwerde und wir schleppen unser Gepäck in Zimmer Nummer 3. Hier scheint alles in Ordnung und wir genießen die Nacht in einem breiten bequemen Bett. Am nächsten Morgen gibt es kein kaltes Wasser, also keine WC-Spülung und keine Dusche. Dem neuen Portier ist es diesmal sichtlich unangenehm und er entschuldigt sich und verspricht, dass die Handwerker schon am Werk sind und wir bald wieder Wasser haben. Außerdem bietet er uns 20% Discount auf unseren Zimmerpreis für die ganze Woche an. Das ist doch mal ein Wort! Und das Wasser ist wenig später tatsächlich wieder da! Frohgemut machen wir uns auf den Weg , kommen aber nur bis in die Lobby. Dort fängt uns der Portier zusammen mit Carmen, Chefin des Hausservice, ab und bietet uns als Entschädigung für die vielen Pannen zusätzlich zu dem Discount auch noch den Umzug in ihre beste Suite an, wo wir sogar die Minibar gratis plündern dürfen. Wir waren schon mit dem Discount glücklich, aber natürlich zögern wir nicht und ziehen zum dritten Mal um, aber diesmal schiebt Carmen unsere „sieben Sachen“ auf dem Gepäckwaren in die Suite und wir genießen für die nächsten Tage ein zusätzliches Wohnzimmer und ein separates WC… so also reisen die Reichen 😉.

Jetzt erledigen erstmal alle Formalitäten für die Rückverschiffung nach Hamburg. Es geht alles gewohnt langsam und im Büro der Reederei werden wir gebeten, doch bitte zu warten - das Spiel Uruguay gegen Saudi Arabien läuft und das ganze Land sitzt vor dem Fernseher. Anschließend schlendern wir durch das winterliche Montevideo, besuchen Plätze, die uns vom Sommer vertraut sind und entdecken neue Winkel der Stadt. Mal kommt es uns vor, als sei es schon ewig her, dass wir hier auf den Dubs gewartet haben, aufgeregt und voller Vorfreude, mal als seien wir erst vor kurzem mit dem Dubs aus dem Hafen gerollt. Wir treffen Jens und Ute wieder, mit denen wir in Salta viel Spaß hatten, machen gemeinsam eine Stadtrundfahrt und lassen uns noch mal ein Asado schmecken. Dann ist es soweit. Wir bringen den Dubs in den Hafen, er wird gescannt und wir müssen die Schlüssel abgeben und den Dubs im Hafen zurücklassen. Da packt uns schon die Wehmut. Aber wir trösten uns mit den Gedanken, dass wir ihn ja bald in Hamburg wieder abholen können und freuen uns jetzt erst mal auf Buenos Aires.

Mit dem Buquebus, der Fähre zwischen den beiden Hauptstädten, geht es wieder über den Rio de la Plata und mit dem Taxi in unser kleines Hotel im Szenestadtteil Palermo Soho. Cafés , Bars, Restaurants, Clubs, kleine Läden, Designer – das pralle Großstadtleben wollen wir jetzt. Unser Hotel ist winzig, nur vier riesige, originell eingerichtete Zimmer in einem charmanten Altbau…wir lieben es, obwohl es durch die verzogenen Holzfenster zieht und die Dusche ein Rinnsal ist.

Rund zwölf Millionen Menschen leben im Großraum von Buenos Aires, das wegen seines europäischen Flairs als Paris Südamerikas gilt. Prachtvolle Bauten, stattliche Avenidas, eine ausgeprägte Café-Kultur, riesige Steaks und Tango getanzt wird auch. Die „Porteños“, wie sich die Einwohner nennen, sind stolz auf sich und ihre Stadt der vielen Superlativen; die breiteste Avenida (Av. 9 de Julio mit 130 m), die längste Straße (Rivadavia mit 40 km), den breitesten Fluss (Rio de la Plata mit 220 km), die schönsten Frauen, die charmantesten Männer und die besten Fußballclubs sowieso. Aber ganz so gesund kann das Selbstbewusstsein der Porteños nicht sein, in Buenos Aires gibt es so viele Psychotherapeuten wie sonst nirgendwo auf der Welt, die meisten im Stadtteil „Villa Freud“. Nirgendwo sonst liegen die Menschen mehr auf der Couch als in Buenos Aires, egal ob jung oder alt, Taxifahrer oder Intellektuelle.

Wir brauchen zwei Tage, um richtig anzukommen und von dieser beeindruckende Metropole nicht mehr überwältigt und überfordert zu sein. Dann erobern wir uns Stück für Stück diese unglaubliche Stadt. Im Zentrum ist natürlich die Plaza de Mayo mit der Kathedrale und dem Casa Rosada, dem argentinischen Präsidentenpalast, unser Ziel. Vom Balkon des „Rosa Hauses“ hielt Evita Peron ihre Reden an das argentinische Volk, hier sang Madonna ihr „Don't cry for me Argentina“ im Musical „Evita“. Der Platz ist aber auch berühmt geworden durch die „Madres de Plaza de Mayo“, die Mütter die am 30. April 1977 erstmals auf diesem Platz zusammen kamen, um auf ihre „verschwundenen“, von der Militärregierung der 70er und 80er Jahre entführten, gefolterten und ermordeten Kinder und Verwandten aufmerksam zu machen. Später demonstrierten sie für die Aufklärung dieser Verbrechen und bis heute treffen sie sich jeden Donnerstag vor dem Regierungssitz, um auf soziale und politische Missstände hinzuweisen. Und davon gibt es in Buenos Aires mit allein 20 offiziellen Elendsviertel, den "Villas Miserias" mehr als genug. Ihr weißes Kopftuch ist nach wie vor das Symbol ihres Kampfes und wir haben es im ganzen Land auf Straßen und Wänden gemalt gefunden.

Wir haben uns den Obelisken angesehen und den Kongressplatz und natürlich haben wir die breite, vielbefahrene Avenida 9 de Julio überquert, die wir bereits im Januar auf unserem Weg in den Süden mit dem Dubs selbst befahren haben. Wir waren in der Galeria Pacifico, einem historischen Konsumtempel mit beeindruckenden Deckenfrescos von berühmten lateinamerikanischen Malern und in einer der schönsten Buchhandlungen der Welt 😉in einem alten Theater.

Nachdem wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten im Innenstadtbereich, dem Microcentro, bestaunt haben, machen wir uns jeden Morgen auf in ein anderes Viertel der Stadt.

San Telmo ist der Stadtteil der Antiquitätenhändler, jeden Sonntag findet eine Antiktrödelmarkt auf den wunderschönen Plaza Dorrego statt. Tangovorführungen und Livemusik sorgen zusätzlich für Atmosphäre und Flair.

Das Viertel Recoleta lag einst außerhalb der Stadt und viele Wohlhabende zogen sich 1870 in dieses abgeschiedene Dorf zurück, um der in der Stadt wütenden Gelbfieber- und Choleraepidemie zu entkommen. Heute ist es das eleganteste und reichste Viertel von Buenos Aires, mit riesigen Stadtvillen im französischen Stiel, vielen Botschaften und Niederlassungen internationaler Konzerne. Uns zieht es natürlich auf den Friedhof La Recoleta, zum Grab von Evita Peron und zur Floralis Genérica. Die überdimensionale Blüte des Architekten Eduardo Catalano öffnet sich bei Sonnenaufgang und schließt sich bei Sonnenuntergang, in der Nacht leuchtet sie. Also sie hat das alles mal gemacht, inzwischen ist die Mechanik kaputt und wird auch nicht repariert…Argentinien eben.

Im Viertel La Boca dreht sich alles um den Fußball, hier steht das berühmte Stadion "La Bonboniera", die Pralinenschachtel, in dem der Volksheld Maradona bis heute eine eigene Ehrenloge hat. In dem ziemlich heruntergekommenen Stadtteil hat ein Künstler vor Jahren angeregt, die ärmlichen Wohnhäuser bunt anzumalen und seitdem ist auch La Boca ein Touristen Magnet, zumindest an ein oder zwei Straßenecken. Für ein paar Dollar kann man grell gekleidete Tangopaare fotografieren, aber eigentlich lässt man die Kamera in diesem Stadtteil besser gut verstaut im Rucksack.

Puerto Madero heißt das neue, schicke Viertel, welches seit den 1990 Jahren im ehemals schmuddeligen Hafenviertel entsteht. Viel Glas, Stahl und Beton strebt hier zum Himmel, in die alten Lagerhäuser sind schicke Restaurants und Bars eingezogen und neben vielen Büroflächen stehen hier die teuersten Wohnhäuser der Stadt. Das Panorama ist beeindruckend, aber noch wirkt dieser neue Stadtteil ziemlich seelenlos.

Wir haben die Stadt vor allem zu Fuß erkundet, aber auch mit der U-Bahn und mit dem gut ausgebauten aber ziemlich unübersichtlichen Busnetz. Und ab und zu haben wir uns auch einfach ganz wie die Porteños in ein Taxi geschwungen. Wir haben einige der beeindruckenden Museen dieser Stadt besucht, haben vegetarisch, koscher und mexikanisch gegessen, sind aber doch immer wieder bei den unglaublich leckeren Steaks gelandet. Wir haben richtig viel von dem leckeren argentinischen Eis genascht. Wir haben eine Milonga besucht, einen der vielen Tangobälle in dieser Stadt, auf denen die Porteños aller Altersklassen ihrer Tanzleidenschaft frönen. Wir haben einen Nachmittag auf dem Markt der Matadores verbracht und auch hier den Menschen beim Tanzen zugeschaut. Wir haben uns so gut wir konnten dem Rhythmus dieser Stadt angepasst – lange schlafen, spät frühstücken, am frühen Abend noch was Süßes naschen, essen gehen so gegen 21:00h. Die Clubs, Bars und Milongas beginnen frühestens um 23:30h, aber so richtig Stimmung ist erst ab 2 Uhr. So lange haben wir tatsächlich nur zweimal durchgehalten.

Besonders schön war, dass Annette, Sibylle Schwester, und Tom auch ein paar Tage mit uns in Buenos Aires verbracht haben.

Aber jetzt heißt es endgültig Abschied nehmen von Südamerika. Die Koffer sind gepackt, der letzte Blog wird gerade fertig, das Taxi für morgen Vormittag ist bestellt.

Schön war’s, und spannend und aufregend und anstrengend. Wir haben viel gesehen, viel erlebt, viel erfahren, viel gelernt, viel gemeistert. Wir haben wunderschöne Landschaften gesehen, spannende Städte, arme und reiche Dörfer. Und wir haben rund 22.000 Kilometer auf allen möglichen Straßen zurückgelegt.

Wir haben unglaublich viel bekommen:

☆ Die Unterstützung von unseren Familien, Freunden, Nachbarn und     Kollegen zu Hause,

☆ Die Freundlichkeit, Offenheit, Großzügigkeit, Hilfsbereitschaft, Gastfreundschaft, Neugier, Wärme und das Lachen  der Menschen, die wir unterwegs getroffen haben

☆ Vielleicht keinen völlig neuen, aber auf jeden Fall einen nachdenklicheren Blick auf die Welt

Und wenn wir nur ein Wort hätten um unsere Gefühle abschließend zu beschreiben, so wäre dieses Wort DANKBARKEIT, dafür dass wir diese Reise machen konnten!

Antworten (3)

anna
#seufz .... beim Lesen wird einem wieder bewusst, wie die Zeit verfliegt ... danke für die schönen Zeilen, irgendwie ist man mitgereist ...

Petra
Vielen Dank ihr beiden für das lebendige Mitreisen,Mitfiebern und Mitlachen. Das halbe Jahr ist echt gerast! Ich wünsche euch noch ein paar tolle Resttage und eine sichere Heimreise.

Kerstin
Auch wenn ihr wieder zu Hause seid, Danke für den letzten tollen Bericht und die schönen, eindrucksvollen Bilder; ich werde das alles vermissen. Es war auch für mich eine schöne Reise mit Euch! Bewahrt euch zu Hause die südamerikanische Lebensart recht lange , lg Günter und Kerstin