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Kochkurs und Wintergefühle

Veröffentlicht: 28.09.2020

Die Äste des Vogelbeerbaumes in unserem Garten biegen sich unter dem Gewicht der roten Beeren und vom ersten Schnee. Der Winter hat dieses Jahr schon früh die Berge geküsst und die Geschichten unserer Alten prophezeien, dass viele Beeren einen schneereichen Winter versprechen. Hoffen wir mal, dass Väterchen Frost nicht zu voreilig war und der Winter nicht «verchalberet» hat.

Schon Voltaire liebte Gärten; vielleicht auch Vogelbeeren; und schrieb, dass man seinen Garten pflegen soll. Wortwörtlich genommen hat er damit nicht die liebevolle Zuwendung für Rüebli und Kabis gemeint, sondern das Hegen und Pflegen seiner Freundschaften. Nun mein eigner Garten ist in dieser Beziehung nicht gerade gross, aber darin wächst das eine oder andere sonderliche Gemüse und aussergewöhnliche Früchtchen. Da wäre zum Beispiel Irene, die ich am ehesten mit Schnittsalat vergleichen würde, weil sie in jeder Umgebung gedeiht und sich auch nicht durch Schnecken unterkriegen lässt. Wenn der Schnittsalat annähernd soviel zu erzählen wüsste wie Irene, wäre der Garten ein betriebsames Örtchen. Den Michl nominiere ich für die Tomate, obwohl zwischen ihnen eine Hassliebe besteht. Ob Ketchup, Sugo oder als Tomaten-Mozzarellasalat, mit Michl kann man genau so viel machen, wie mit seinem pflanzlichen Pendant. Zwischen Kopfsalat und Broccoli streckt er seinen Struwwelkopf wie eine Tomate etwas selbstverliebt und voller Lebensfreude der Sonne entgegen. Marcel, die Kartoffel, pflanzt seine Babies tonnenweise an und ist der «Erdöpfelpapst» der Schweiz. Unsere Gespräche sind so tiefgründig wie seine gewachsenen Knollen und seine Eminenz hat so viele Talente wie es Kartoffelsorten gibt. Last, but not least ist da noch die Stephi, dessen «Spirit-Gemüse» die Rande ist. Ist einmal der Dreck weg, entfaltet sich ihre verborgene Schönheit in allen Rottönen und durchdringt die Seele wie die Rande das Pipi.

Das Wunderbarste bei all diesen Knollen und Gewächsen ist, dass sie mich, den schusseligen Gärtner mit all seinen Sonderheiten annehmen. 

Bei meinem Vagabundenleben ist es nicht einfach all dem Gemüse gerecht zu werden und so bin ich froh, dass mein Garten ein Biogarten ist, der aus robusten Pro Spezia Rara Pflanzen bestehet, die auch selber ordentlich gedeihen können.

Eines möchte ich aber zum Schluss noch festhalten: Wirft man all meine Freunde in einen Topf, ergeben sie ein feines Ratatouille, das mein Leben ungemein bereichert.  



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