Veröffentlicht: 26.11.2022
Huhu, da bin ich wieder. Was ist hier so passiert? Tatsächlich recht wenig. Am Sonntag kam der vom Wetterbericht angekündigte Wetterumschwung. Ihr könnt euch das nicht vorstellen, wie laut der Regen hier in meinem Yurt ist. Das sind dann auch nicht nur ein paar Tropfen, sondern der Regen peitscht hier über das Land und der Wind hat eine Kraft. Ich bin immer wieder dankbar, dass die Bäume um meinen Yurt stehen bleiben, denn viele brechen hier auch durch die Kraft des Windes einfach ab – zum Glück noch nicht bei mir. Eigentlich sollte es die ganze Woche nur regnen und da hat man wieder den Vorteil des Berges mitbekommen. Während wir z.B. am Dienstag unser Morgenmeeting draußen im wunderschönen Sonnenschein und bei angenehmen Temperaturen abhalten konnten, hörte man aus den verschiedenen Häfen die Nebelhörner. Ich habe leider nichts gefunden, ab welcher Sichteinschränkung man das Nebelhorn nutzen muss, vlt. kann mir das jemand mit einem Bootsführerschein (Herr Gaube?) beantworten. Es ist jedoch echt skurril, dass die Städte unten dann halt wirklich die ganze Woche das schlechte Wetter hatten und wir nur zweimal.
Sonst hieß es diese Woche überwiegend die Aussaat für das nächste Jahr vorzubereiten. Dazu wurden die letzten Bohnen (habe noch nie pinke Bohnen gesehen), abgeerntet und die Samen herausgesammelt. Das ging einigermaßen. Ich musste am Dienstag irgendwelche anderen Samen sammeln und die waren so klein, dass das Einzelne herauspicken nicht zielführend war. Also die Hülsen zerdrücken, alles in ein Sieb und dann immer schön pusten, damit die leichten Hülsen wegfliegen und die schweren Samen im Sieb liegen bleiben. Das habe ich genau 30 Sekunden gemacht, bevor sich einfach alles gedreht hat. Man braucht keine Drogen, man muss nur intensiv und kräftig schnell ein und ausatmen. Es gibt auch bestimmte Atemtechniken, wo man gezielt zum Rausch kommt. Mir wurde so schummrig, dass ich echt dachte - scheiße - wie soll ich diese ganzen kleinen Samen jetzt sammeln und dann *tada* ist mir eingefallen, dass im Gewächshaus sechs dicke Rohre mit einem Ventilator verbaut sind. Ventilator also aus dem Rohr rausgenommen und dann ganz entspannt und ohne das Gefühl gleich abzunippeln die Samen separieren können. Was noch geerntet wurde? Die letzten Zucchinis, auch wieder solche monstergroßen Früchte....dabei weiß ich nicht, ob sie zum Verkauf oder für die nächste Aussaat verwendet werden.
Nachdem eine Sache abgeerntet wird, kommt dann immer ein Huhn, welches die ganze Reihe noch mal abessen und seine Geschäfte dort verrichten darf, bevor die Reihe direkt wieder neu bepflanzt wird. So ein riesiges Gewächshaus ist schon echt nett, die bewirtschaftet dass halt wirklich ganzjährig und wer kann schon sagen, dass er im November Kohl, Bohnen oder Zucchinis ernten kann.
Aber natürlich hat solch ein Gewächshaus auch seinen Preis und da kommen wir zu Salt Spring. Diese Insel ist so unfassbar teuer, das ist echt der Wahnsinn. Das Leben hier auf dieser Insel ist eigentlich nur wohlhabenden Menschen vergönnt. Das teuerste Haus hier soll mehr als 10 Millionen Dollar kosten und ist nur per Helikopter zu erreichen. Als ich dies zum erste Mal gehört habe, dachte ich mir auch so...wow, die dort lebende(n) Person(en) müssen ja wirklich die Zivilisation hassen, wenn man für so viel Geld so abgelegen wohnt, aber tatsächlich ist das hier keine Seltenheit, dass das eigene Haus nur mit einem Boot oder einem Helikopter zu erreichen ist, da keine Straße dort lang führt. Das bedeutet aber auch wiederum, dass jedes einzelne Element für den Bau des Hauses per Helikopter dort hingeflogen werden musste. Wahnsinn. Und ich habe das auch schon ein paar Mal gesehen, dass das Boot hier echt ein normales Transportmittel ist, um seinen Einkauf nach Hause zubringen. Da steigt man eben nicht ins Auto, sondern ins Boot. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber neben einem Schulbus haben die hier auch ein Schulboot. Es sah zumindest nicht so aus, als würden sie auf Klassenfahrt fahren. Ich denke, dass die Kinder dann entweder zu solchen Häusern ohne Straßen oder zu den umliegenden Inseln gebracht werden. Vielleicht ist hier ja noch eine Lehrerstelle frei, denn einer der wenigen Vorteile hier ist, dass man nur von Montag bis Donnerstag Schule hat, da es zu wenig Kinder gibt und die Schulwege so lang sind.
Und wie kann man sich das hier eigentlich nun alles leisten? Der Farmer hat „das Glück“, dass seine Eltern sehr (sehr sehr sehr) viel Geld geerbt haben. Selbst wenn ich jeden Cent, den ich bis zu meiner Rente in meinem Lehrerjob verdienen werde, zur Seite legen würde, würde ich nicht einmal ansatzweise die Summe des Erbes erreichen und obwohl sie so viel Geld haben, haben sie sich dazu entschlossen, solch ein ressourcenarmes Leben zu führen. Das finde ich schon beeindrucken. Allerdings ist solch eine Farm auch mit hohen Kosten verbunden. Der Farmer hat mittlerweile mehrere Millionen Dollar in die Farm investiert. Ich nenne hier nur exemplarisch bei den Fotos zwei Beispiele, damit ihr eine kleine Vorstellung habt. Möchte jetzt hier ungern die genauen finanziellen Daten darlegen.
Vor allem Lebensmittel sind in Kanada echt teuer und hier hat der Farmer den traurigen Vorteil, dass er jeden Dienstag verschiedene Supermärkte anfährt und diese ihm Lebensmittel mitgeben, die nicht mehr zum Verkauf geeignet sind. Das hat mich schon in Deutschland gestört, als ich selbst als Kassierer gearbeitet habe, wenn Leute zu mir kamen und sagten, da ist eine Druckstelle, können sie da keine Prozente geben? Nehmen sie doch einfach ein Messer, schneiden sie die Stelle ab und fertig. Und hier ist es ähnlich. Jeden Mittwoch, wenn wir einen Kompost wenden und Platz für die Nahrungsmittel machen, denke ich mir nur so: WOW! Hier wird z.B. Brokkoli extra aus Mexiko importiert, damit er dann eigentlich fast perfekt von den Hühnern gegessen und zu Kompost verarbeitet werden kann. Wir können natürlich die Unmengen an Essen auch selbst nicht verbrauchen, sodass wir uns hier auch nur das beste aus dem „Schlechten“ Herauspicken. Es ist aber echt traurig, was für gute Lebensmittel weggeschmissen werden. Einfach so, nur weil sie nicht 100% perfekt sind. In was für einer abartig reichen Welt leben wir eigentlich, dass wir das ohne mit der Wimper zu zucken machen, während in anderen Teilen des Planeten einfach absolute Nahrungsknappheit herrscht? Also vlt. nächstes Mal einfach ein Messer nehmen und die schlechte Stelle wegschneiden, bevor es weggeschmissen wird.
Sonst gibt es hier nicht so viel Neues, außer das ich die letzten beiden Tage etwas angeschlagen war, aber Schlaf ist die beste Medizin und so habe ich sehr viel Zeit in meinem Yurt verbracht und das Feuer und die Sterne beobachtet. Aber da ich nicht 100 Prozent fit bin, werde ich wohl auf meine letzte Saune hier verzichten müssen, denn meine Zeit neigt sich langsam dem Ende entgegen. Ich werde die Sauna und den Blick aus meinem Fenster definitiv vermissen, wobei ich denke, dass der neue Sternenhimmel sogar noch schöner werden könnte, wenn ich Glück habe. Wohin es genau geht? Dazu nächste Woche mehr.
Bis dahin.
Samuel
P.S. Das Holz hat übrigens exakt fünf Tage gehalten. Was meine Theorie bestätigt, dass ich eine Schubkarre pro Tag brauche. Wobei ich das Feuer am Nachmittag (ca. 17 Uhr) starte und es dann bis zum nächsten Morgen um 8 Uhr brennt/glüht.