Reisefischer Kanada
Reisefischer Kanada
vakantio.de/mein-jahr-in-kanada

#10 Der König sieht zu

Veröffentlicht: 23.10.2022

Erstens: Es gibt eine Menge zu lesen.

Zweitens: Ein kurzes Dankeschön. Seit letzter Woche kann ich mir die Statistik zu meinem Blog angucken und mit über 1300 Klicks auf meine Beiträge, ist dieser Blog auf Platz 29 der mitgelesenen Beiträge in Deutschland. Danke dafür und es freut mich, dass ich so viele Menschen mit meinen geschrieben Erfahrungen so unterhalten kann. Mit 220 Leser*innen ist mein dritter Block (Neu-Neu-Neu-Stopp) der am meisten gelesene Beitrag. Jaja, typisch – die Menschheit erfreut sich an dem Leid der anderen Menschen – ihr Lümmel! Aber mir geht es ja deutlich besser seit dem. 

Also Danke an alle treuen Leser*innen und jetzt zum eigentlichen Blog:

Während ich diesen Beitrag verfasse, sitze ich bereits im Bus (der jetzt einfach schon 45 Minuten Verspätung hat), der Nebel zieht langsam durch die Bäume und wird durch die langsam hinter den Wolken hervorkommende Sonne vertrieben. Meine Zeit auf der „Little Piece of Paradies“ – Farm ist somit zu Ende und mein Abenteuer geht weiter. Es gibt so einiges zu erzählen, vor allem Kleinigkeiten, die ich immer wieder vergessen habe.

Aber jetzt erst einmal zu meiner letzten Woche hier. Die Aufgaben waren mal wieder super unterschiedlich. So wollten der Farmer und ich einen Zaun errichten und diesmal war nicht ich die Person, die man fluchen hören konnte, sondern der Farmer. Das Problem war nämlich, dass der Boden aus schönem feinem Sand bestand und jedes Mal, wenn man den Bohrschnecke aus dem Loch entnommen hat, rutsche der ganze Sand wieder nach, sodass es echt eine Sisyphus Aufgabe war. Nach drei Pfeilern wurde dann beschlossen, den Rest erst ein mal mit einem einfachen Elektrozaun abzudecken. Somit ist der Hang vor den Tieren geschützt. Unten bei den Schafen hat der Farmer auch Mist gelagert, welcher nach oben zum privaten Garten transportiert werden musste.Dazu wurde der Truck beladen und ich durfte dieses Gefährt zurückfahren. Ich muss schon sagen, es ist ein nettes Auto und gefühlt hat jeder hier mindestens solch einen Truck. Nachdem wird die Ladung abgeladen hatten, sagte der Farmer, dass ich die zweite Fuhre alleine fahren darf, da er noch andere Aufgaben zu erledigen hat. Ich dachte mir so: Wie cool, ganz alleine dieses Auto fahren. Dieser Gedanke war so lange cool, bis ich beim Wenden merkte, dass das eine Hinterrad keinen Grip hat und joar, da war es schon zu spät und das Rad hat sich fest im Sand eingegraben. Das ging so schnell und eine dümmere Position hätte ich nicht haben können. Der Truck steht immer noch genauso da und ich hoffe, der Farmer findet eine Lösung, um das Auto zu befreien. Allerdings habe ich mit dann einmal umgedreht und dort habe ich für einen Miniaugenblick etwas gesehen, was meine Laune leicht aufgemuntert hat. Einen Weißkopfseeadler, mein Lieblingstier.

Sonst hatte ich noch ein sehr naturlastiges Wochenende. Am Samstag war ich in einem kleinen Naturpark hier in der Nähe. Ach, es war wieder einmal wunderschön. Die Bäume waren so riesig, dass ich erst dachte, dass es Mammutbäume wären. Ich habe zwar noch nie einen gesehen, aber so in etwa hätte ich mir einen vorgestellt. Und es ist immer wieder faszinierend, wie still es werden kann. Man steht dort mitten in diesem Park und hört nichts außer die Musik der Natur. Fabelhaft und super beruhigend. Am Sonntag hat mich dann der Farmer am Slocan Lake (der, der mit seinen 40 km noch ein sehr kleiner See ist) mit dem Fahrrad abgesetzt und dann konnte ich zwei Stunden mit dem Rad zurückfahren. Nachdem ich dann bestimmt aber noch erst eine Stunde am See gesessen habe, um diese wahnsinnig schöne Landschaft zu genießen, ging es los und bescheidener hätte es nicht starten können. Ich fuhr den Radweg entlang und nach dem ich vlt. fünf Minuten aus der Stadt heraus war, hörte ich direkt links von mir am Wegesrand in einem Busch ein tiefes Schnaufen und grummeln. Ich habe eine Sekunde überlegt, ob ich umdrehe und gucke, was es war. Aber nach dieser einen Sekunde bin ich dann doch bewusst und deutlich schneller den Radweg gefahren, da es sich verdammt stark nach einem Bären angehört hat und diese Begegnung wäre nicht zu meinen Gunsten ausgegangen. Apropos Bären, die werde ich dieses Jahr wahrscheinlich nicht mehr sehen. In wenigen Wochen bricht hier der Winter ein und die Bären ziehen sich langsam in die höheren Gegenden zurück und beginnen ihren Winterschlaf. Sonst war die Radtour natürlich ein Traum. Dieser Fluss mit diesem wunderbaren blauen Wasser und diese Berge. Ein Traum. Vorgestern habe ich dann noch abgestorbene Pflanzen aus einem Feld entfernt und dann ruft mich plötzlich die Farmerin und zeigt nach oben und dort saßen sie. Ein Weißkopfseeadler Männchen und Weibchen. So saß der König der Lüfte dort oben (faszinierend, wie solch ein riesen Vogel auf solch einem kleinem Ast Halt findet) und beobachtete mich. Er sieht so mächtig und majestätisch aus – ein unglaublich schönes Tier. Leider habe ich nicht gesehen, wie er losgeflogen ist, da er einfach so lautlos durch die Lüfte gleitet. Das sah auch wunderschön aus. Dieses Flusstal, die Berge im Hintergrund und genau in der Mitte gleitet der Adler durch die Lüfte. Ein wahrer König der Lüfte.

Ja, sonst hier noch ein paar Sachen, die ich nur kurz nennen möchte, damit es nicht ausartet:

- vor zwei Wochen oder so hatte ich einfach eine schwarze Witwe neben meinem Kopfende. Zum Glück war sie noch sehr klein und somit schnell entfernt

- Summer habe ich leider nicht streicheln können, aber sie hatte ihre Nase an meinem Knie. Absolutes Highlight :D

- wir fahren gleich super nah an der USA Grenze vorbei, verrückt wie nah man eigentlich immer an der USA ist

- auf dem einen Bild sieht man helle Flächen im Wald. Hierbei handelt es sich um Abholzungen, die hier systematisch vorgenommen werden. Dazu wird meistens die Rückseite des Berges genommen und dann wird eine bestimmte Fläche abgeholzt, neu bepflanzt und in 60 - 70 Jahren ist der Wald wieder regeneriert.

- diese Gegend hat übrigens einer der schlechtesten Luftqualitäten in Kanada (vor allem durch die ganzen Waldbrände), daher sieht man leider die Berge nie wirklich klar. Ich hoffe die Sicht wird im Winter noch besser

Ach Schitt, jetzt artet es doch aus. Na ja, aber ich bin bald am Ende mit dem schreiben. Die Zeit auf der Farm ging am Ende dann doch richtig schnell vorbei. Am Anfang hatte ich große Schwierigkeiten mit der Einsamkeit und der vielen Zeit, die ich hatte. Diese konnte ich ja dann zum Glück nutzen, um diese wunderbare Natur zu genießen, die ich auf jeden Fall vermissen werde. Man hat hier sehr viele verschiedene Sachen erlernt, nicht nur über Kräuter, auch so alltägliche Sachen, die man später bestimmt noch mal braucht. Das schöne an dem Wissen über die Kräuter ist: Jeder, selbst in einer sehr kleinen Wohnung, kann Kräuter anbauen und die medizinischen Wirkstoffe der verschiedenen Pflanzen nutzen. Das ist echt Wahnsinn, was einem die Natur so bereitstellt und man es einfach nur ernten muss.

Und somit sage ich Danke, für das ganze Wissen und die ganzen Erfahrungen.

Ich genieße jetzt hier noch meine 8 Stunden Busfahrt (Kurztrip in Kanada – Am Ende waren es um die 11 Stunden).

Wohin es eigentlich geht?

Das wirst du im nächsten Blog lesen.

Kühler werdende Grüße

Samuel

Kurzer Nachtrag von meiner Busfahrt. Wir fahren hier gerade durch ein sehr großes Waldgebiet und während ich aus dem Fenster gucke, die weißen Berggipfel beobachte und die ersten Schneeflocken an dem Bus vorbeiziehen, sah ich vier Rauchsäulen. Ich dachte mir nichts dabei, da der Farmer mir schon sagte, dass jetzt viele Leute ihre Sachen verbrennen. Doch plötzlich steht da einfach 200 Meter links von der Straße ein Baum lichterloh in Flammen und da war mir klar, dass es sich hierbei um einen Waldbrand handelt. Ich habe somit meinen ersten Waldbrand erlebt. Ca. 200 Meter von mir entfernt, bei gefühlt 0 Grad Außentemperatur, Ende Oktober, während ein paar Hundert Meter weiter oben bereits der erste Schnee liegt .... so surreal.

Antworten

Kanada
Reiseberichte Kanada