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#11 Frustration statt Urlaub?!

Veröffentlicht: 03.11.2022

Vancouver

Nachdem ich die absurd lange Busfahrt überstanden hatte, ging es nun genauso gestresst weiter, denn ich hatte nur noch sehr wenig Zeit, um pünktlich in meinem ersten Hostel einzuchecken. Nachdem ich aber auch das überstanden habe, konnte ich in einem geselligen 18 Personenzimmer schlafen. Am nächsten Morgen bin ich dann direkt, nachdem ich meine Sachen gepackt habe, zum Strand gegangen und habe dort dann das erste Mal den Pazifik gesehen. Dann ging es mit Sack und Pack zum nächsten Hostel, wo ich meine Sachen abgeladen habe und mir dann Vancouver angeguckt habe. Zuerst ging es in den Stanley Park. Dies ist der größte Park in Vancouver und meine gute war der groß....ich war bestimmt über vier Stunden in diesem Park unterwegs. Als ich dann völlig erschöpft meinen Weg ging, sah ich im Wasser plötzlich einen kleinen Kopf auftauchen und ich habe meine erste Robbe in freier Wildbahn gesehen. Sind schon süße Tiere. Nachdem ich diesen Park dann gemeistert hatte, ging es für einen kurzen Moment zurück zum Hostel und dann ab zum Fluss, denn dort habe ich mir ein Fährenticket gekauft und habe mir Vancouver bei Nacht angeguckt. Es ist echt wunderschön, diese riesige Metropole in der Nacht zu sehen, mit all diesen Millionen von Lichtern. Als ich dann aber auf dem Weg zurück zum Hostel war, musste ich durch die Hasting Street und ich habe noch nie, wirklich noch nie so viele Obdachlose Menschen gesehen. Es war erschreckend! Man musste dort echt zwischen crackpfeifenden Menschen, die den Rauch natürlich nicht für andere Personen in eine andere Richtung, sondern in deine Richtung pusten, durchlaufen. Zelte über Zelte und dazwischen Menschen, die vlt. die nächsten Nächte nicht überleben werden. Das schlimmste war dabei noch, dass es auch junge Menschen dort gab, die vlt. sogar jünger als ich selbst waren und da habe ich neben dieser tiefen Trauer über diese Schattenseite solch einer Millionenstadt auch Dankbarkeit verspürt, denn ich konnte zu einem Hostel gehen, wo ein warmes Bett und ein Dach über meinen Kopf wartet. Es sind die kleinen Dinge, die wir manchmal als viel zu selbstverständlich ansehen.

Am nächsten Tag habe ich dann noch ein paar andere Parks besucht, bevor es Richtung Hafen ging, denn nun ging es Richtung Vancouver Island.

Victoria

Und es ist so komisch und ich weiß nicht, was sich die Leute damals bei der Grenzziehung gedacht haben, aber wenn man am Hafen steht und nach links guckt, sieht man halt die USA, also dieses kleine Stück Land ist in zwei Staaten aufgeteilt und auch wenn man nach Vancouver Island fährt, fährt man für einen kurzen Moment (10 Min.) durch das Seegebiet der USA. Auf der Insel angekommen, wurde ich dann von einer Freundin abgeholt, denn nun hieß es für einige Tage Urlaub mit Freunden von meiner ersten Farm. Zuerst waren wir zwei Tage in Victoria in einer Suite! Ich hatte noch nie Urlaub (Familienurlaub ausgenommen) und dann das erste Mal in solch einem Apartment....Gönnung. Aber schon in diesen ersten Tagen hat sich bei mir ein Gefühl eingeschlichen. Frustration. Denn ich habe gemerkt, dass sich mein Englisch nicht wirklich verbessert und ich einfach gemerkt habe, dass dadurch die Gespräche sehr schleppend waren. Wenn man dann aber auch noch zusätzlich merkt, dass einige Personen dir bewusst nur kurze Antworten geben oder dir nicht zuhören, wenn du versuchst Englisch zu reden, dann kommt das zusätzlich zu der eigenen Frustration noch erschwerend hinzu. Dennoch hatten wir schöne Tage in Victoria, wo wir auch das Museum besucht haben. Dort wurde über die Geschichte der japanischen Bevölkerung und deren Erfahrungen mit Rassismus berichtet und wie sich British Columbia seit der Eiszeit verändert hat und welche Bedeutung diese Provinz für das Land hat.

Sonst haben wir noch verschiedenen Wanderungen unternommen. Hier auf Vancouver Island ist einer der letzten funktionierenden Küstenregenwälder der Welt und Leute, es ist alles so nass und Grün...so stelle ich mir den tropischen Regenwald vor, nur deutlich wärmer. Und es ist krass, wie laut der Ozean ist und wie weit man in schon im Wald hören kann. So beeindrucken, welche Macht die Natur hat. Und nachdem wir dort ein Robbenpärchen beobachtet hatten und den Wellen des Ozeans gelauscht haben, sind wir zurückgefahren und plötzlich tauchte rechts von der Straße ein Orca auf. Wahnsinn! Mein erster Wal!

Irgendwo im Wald

Nach den ersten Tagen in Victoria fuhren wir dann zur nächsten Unterkunft. Sie lag wirklich sehr abgelegen und man hatte dort echt seine Ruhe. Und witzige Story: Als wir an einem Abend Abendbrot gemacht haben und darüber sprachen, wie nochmal unsere Heimatstädte und -dörfer hießen, stellte sich heraus, dass eine Person meine Schwester kennt. Wirklich....da bin ich in Kanada, wo man wahrscheinlich eher einen Bären als einen Menschen trifft und dann treffe ich hier eine Person, die meine Schwester kennt....wie klein ist die Welt bitte?!?!

Wir fuhren auf jeden Fall nach Tofino, die Stadt der Totem. Dort verbrachten wir den Tag und es ist eine sehr beliebte Surfgegend, Die Strände sind wirklich wahnsinnig schön und breit. Anhand der Felsen und Steine konnte man die Kraft des Wassers so schön beobachten.

Nanaimo

Unser letzter Halt war Nanaomi. Die zweitgrößte Stadt auf Vancouver Island. Hier haben wir dann erst mal Halloween zelebriert. Das ist ja einer der größten Tage hier in Nordamerika. Es war so schön, man konnte so ausgelassen tanzen! Der nächste Tag war dementsprechend dem regnerischen Wetter angepasst, eher ein Betttag. Sonst sind wir die nächsten Tage noch durch verschiedene Parks gelaufen. Auch ein Park mit riesigen Bäumen und man hat einfach den Eindruck, in einem riesigen Urwald mitten im nirgendwo zu sein.

Während all dieser Zeit hatte ich halt trotzdem immer diese Frustration im Hinterkopf und irgendwann habe ich mir gesagt, dass ich den Urlaub dann eben auf meine Weise genieße. Darunter litt die Gruppendynamik teilweise und man hat mir glaube angemerkt, dass ich manchmal eher unzufrieden war. Aber ja, das war in diesem Fall meine Lösung, um diese unangenehmen Zwischenbemerkungen zu umgehen. Man denkt sich auch halt die ganze Zeit: Was denken die anderen gerade, wenn ich Englisch rede und dann offensichtliche Sachen falsch verwende - nach mittlerweile zwei Monaten. Dann musste ich an ein Gespräch mit einer Schülerin denken, welches ich zum Ende des Schuljahres hatte und dort habe ich ihr gesagt, dass es egal es, wenn man an Aufgaben scheitert, solange man daraus positive Sachen für sich selbst entnehmen kann und ggf. eine andere Lösung findet und ja, warum sollte ich mir Gedanken machen, was die anderen Menschen denken? Ich hatte ein Gespräch mit einer Person während des Urlaubs und sie hat mir auch einen Fakt genannt und zwar, dass halt alle Personen hier fließend Englisch können und wenn man sich mit diesen Leuten vergleicht, die Differenz natürlich unendlich groß ist. Daher muss man sich einfach immer sagen: Ich bin heute weiter als gestern und morgen werde ich weiter als heute sein!

Nichtsdestotrotz habe ich wie gesagt den Urlaub genossen und ich denke, dass ich nächstes Jahr daran zurückdenken werde und die unangenehmen Situationen müde weglächeln werde, da mein Englisch dann hoffentlich wirklich besser ist! :D

Und bevor jetzt hier wieder einige Menschen denken, dass ich diese Woche wie ein emotionales Wrack verbracht habe. Nein! Es war ein schöner Urlaub mit tollen Erfahrungen und mir geht es gut!

Das Abenteuer geht weiter, denn heute bin ich auf einer neuen Farm angekommen. Jetzt aber erstmal genug - der Kamin braucht neues Holz.

Bis dahin.

Samuel

Fun-Fact: In Deutschland war jetzt das Wochenende ja Zeit Umstellung. Das ist hier in Kanada etwas anders. Hier wird die Uhr im November umgestellt und das auch nicht überall. Es gibt sogar Orte in British Columbia die keine Zeit Umstellung haben. Das wäre so, als wenn in Magdeburg und Halle eine unterschiedliche Zeitzone wäre...richtig komisch

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