Veröffentlicht: 10.10.2019
Nur 3 1/2 Autostunden von Sofia entfernt, lockt auf dem Weg Richtung Griechenland mit Nordmazedonien und seiner Hauptstadt Skopje ein eher unbekanntes Territorium. Grund genug, diesen Umweg unter die Räder zu nehmen und es hat sich gelohnt.
Auf der Fahrt Richtung Südwesten wird zuerst das Witoscha-Gebirge, das auch das Stadtbild von Sofia prägt und in höheren Lagen auch ein beliebtes Skigebiet ist, umfahren. Dann wird es schnell ländlich und die Kulisse erinnert ein wenig an das südliche Piemont. Die Grenze erreicht man dann auf dem Scheitelpunkt eines kleinen Passes. Die Formalitäten waren angesichts des bescheidenen Verkehrs schnell erledigt. Die Route führt nun durch ein wildes Tal, entlang dem Fluss Kriva durch verschlafene Dörfer und lauschige Wälder. Angesichts der schönen Natursteinhäuser wähnt man sich beinahe im Tessin. Konzentration ist aber angesagt und wir bekommen schon mal die eine oder andere Kostprobe mazedonischen Fahrstils, mit Überholmanövern an den unmöglichsten Stellen...
Die Stunde Zeitverschiebung gegenüber Bulgarien führt dazu, dass es bereits dämmert, als wir gegen 18.00h Skopje erreichen. Und kaum endet die Schnellstrasse in einem Aussenquartier, ist es als sei man von einem zum nächsten Moment nach Istanbul oder Ammann befördert worden. Minarette ragen in den Abendhimmel, verschleierte Frauen überqueren die Strasse, Geschäfte mit allen möglichen und unmöglichen Dingen säumen die Strasse, chaotisch und lebendig.
Nachdem wir mit einiger Mühe unser Hotel erreicht haben, stellen wir fest, dass der historische Teil der Stadt direkt vor unserer Haustüre liegt. Der alte Bazaar ist ein Labyrinth kleiner Gassen, Geschäften, Cafés, Restaurants und Moscheen. Besonders beim Eindunkeln versprüht diese Gegend eine herrliche, geheimnisvolle Atmosphäre. Von der Stadtfestung, die über der Altstadt thront, bietet sich ein herrlicher Blick über die Innenstadt wie auch die andere Flussseite.
Und nun kommen wir zum eher bizarren Teil: auch auf der anderen Seite des Flusses Vardar gab es früher eine Altstadt. Diese wurde aber für Umgehungsstrassen und Geschäftshäuser praktisch platt gemacht. Geblieben ist die historische Steinbrücke über den Fluss. Aus Mangel an imposanter Bausubstanz begann man nun einfach, historische Prunkbauten - Baujahr 2014 - in die Höhe zu ziehen und stellte diesen noch eine rekordverdächtige Anzahl Bronzestatuen sowie ein paar überdimensionierte Monumente zur Seite. Das Ergebnis ist ein Ensemble, das vor allem bei Nacht und entsprechend stimmungsvoller Beleuchtung mehr an eine Hotelanlage in Las Vegas denn an ein historisches Stadtzentrum erinnert. Beim Macedonia Square drängt sich gar der leise Verdacht auf, als hätte für die Gestaltung Londons berühmter Picadilly Circus Pate gestanden. Die kursierenden "Original" Londoner Doppeldeckerbusse - made in China - befeuern diese These zusätzlich.
Doch gerade diese Gegensätze machen Skopje zu einer der speziellsten Städte, die wir bislang besucht haben. Auch isst man hervorragend und trifft überall sehr gastfreundliche Menschen.