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Irland: Am Rande Europas

Veröffentlicht: 23.07.2018

Juli und August habe ich weiterhin in Irland verbracht. Diesmal ging es nach Kerry an die Westküste Irlands, drei Stunden über Cork im klappernden Bus bis nach Killarney. Meine Arbeitsstelle für die letzten zwei Monate lag in Ballinskelligs, circa 10km von Cahersiveen auf der Iveragh-Halbinsel. Wieder bin ich in einem Bed & Breakfast gelandet (was der Bauer kann...)  und arbeite hier mit zwei weiteren workawayern zusammen, Noémie aus Frankreich und Rocio aus Spanien. Erst hier haben wir uns kennengelernt aber nachdem wir fast zwei Monate 24/7 zusammen verbringen sind wir mittlerweile eng befreundet. Meine nächsten Urlaube sind folglich auch in Frankreich und Spanien.  Unsere Hosts, Dominick und Lilian bewirtschaften in ihrem B&B sieben Zimmer, das heißt viele Betten machen, sauber machen und Frühstück servieren. Wir haben viel Kontakt mit den Gästen, denn Dominick und Lilian legen viel Wert auf eine gute Belustigung der Gäste. Deshalb singen wir und schauen Dominick beim zaubern zu, lassen uns durch Gespräche mit Gästen von der Arbeit abhalten und singen 'Bruder Jakob' im dreisprachigen Kanon (lustig vor allem, wenn man die Einzige ist, die Deutsch kann...). Dazu kommen viele deutsche, französische und spanische Gäste, die dann natürlich in Muttersprache bedient werden. Und da wir bereits 7.30 mit der Arbeit anfangen ist es manchmal ganz angenehm kein Englisch reden zu müssen. Die Mädels und ich teilen uns die Arbeit am Morgen zwischen Zimmer machen, bügeln und Küchendienst (Frühstück servieren, Küche sauber machen) auf und wechseln uns ab, sodass niemand auf die Idee kommt nur eine von uns kann bügeln. Mittlerweile bilden wir fünf ein gutes Gespann und die Arbeit läuft immer mit viel Spaß und fast immer reibungslos ab. Zu einem der Highlights zählte eine Hochzeit, die im B&B stattfand und für welche wir den Tisch dekoriert haben und Mittagessen ausgerichtet haben.

Dominick und Lilian nehmen uns viel mit nach Cahersiveen, wir gehen zusammen in den Pub oder zum Irish Dancing (welches wir mittlerweile natürlich talentvoll beherrschen). Dominick nimmt uns öfter mit in seinen Charity Shop, den er in der Stadt betreibt. Das Outreach Project ist eine von ihm gegründete Organisation, welche Sachspenden sammelt um damit suizidalen und depressiven Menschen in Cahersiveen und Umgebung zu helfen. Der Laden ist Treffpunkt für Frühstück, Tee und zum Reden und eine wahre Fundgrube für Kleidung. Ich liebe die Arbeit im Outreach, man trifft immer Leute und kann die besten Klamotten zuerst anprobieren. So haben wir mit Dominick und Lilian schon einen Poetry Slam besucht, sind im Wohnwagen nach Killarney gefahren und jede Woche gehen wir zum Moveable Feast, einer Jamsession mit wechselnder Location. Dabei haben wir eine Gruppe Lehrer und Gruppenleiter aus der ansässigen language school kennengelernt, mit denen wir regelmäßig in den Pub gehen oder zu ihren Hauspartys eingeladen werden (die auch sehr regelmäßig stattfinden. Würde ich auch machen, wenn ich einen stillgelegten Pub im Erdgeschoss hätte...). Auf dem Festival of Music and the Arts in Cahersiveen sind wir zusammen auf die Konzerte der Headliner gegangen, von der Countrymusik haben wir nicht viel mitbekommen, da die zahlreichen Pubs um die Hauptbühne verlockender waren. Doch das Reggea-Konzert von Natty the Wailer, der wohl jahrelang mit Bob Marley getourt ist, war doch von einer Größenordnung, die ich Cahersiveen nicht zugetraut hätte. Neben den Abenden mit Lilian und Dominik gehen wir Mädels auch zusammen aus, fast jeden Samstag treffen wir uns entweder mit den Leuten um die Language School oder gehen in den Pub oder tanzen (nicht immer nur Irish). Neben der Arbeit im B&B und im Outreach verbringen wir die meiste Freizeit am Strand. Mindestens eine von uns dreien ist jeden Tag am Strand, mal mit dem Fahrrad, mal zu Fuß, mal über die Klippen am verlassenen Hotel entlang, mal auf dem Sand Richtung Waterville. Der Strand in Ballinskelligs ist unser geheimer Favorit, mit einer kleinen Schlossruine am Strand und der Klosterruine mit Friedhof. Das ehemalige Augustinerkloster wurde im 12. Jahrhundert die neue Wirkungsstätte der Mönche von Skellig Michael. Ich habe viele Stunden am Strand verbracht, gelesen und geguckt, rumgelegen und gelaufen.

Meine freien Tage habe ich bisher genutzt um nach Killarney, Waterville und Valentia Island zu fahren. Mal mit dem Rad, mal mit einem Wohnwagen. Was man halt so braucht. Dominik und Lilian haben uns vor einigen Wochen mit nach Killarney genommen und weil das Auto in der Werkstatt war, musste das Wohnmobil herhalten. Damit sind wir dann den malerischen Wild Atlantic Way entlang an der Küste in die beschauliche Stadt gefahren, die ich bereits vor acht Jahren besuchen konnte. Die meiste Zeit haben die Mädels und ich mit den Rädern im Nationalpark verbracht (denn wenn man schon mit einem riesigen Auto durch die Gegend kutschiert, kann man wenigstens den Platz nutzen und drei Räder mitnehmen). Wir sind zum Muckross House gefahren und haben dort eine Führung durch die altehrwürdigen Räume gemacht. Die Führung war seehr detailliert und ich habe mehr über Möbelstücke gelernt als im Ikea. Aber zu wissen, dass der britische Architekt gerne falsche Türen eingebaut hat fand ich dann doch interessant (der Symmetrie wegen übrigens...). Und wie in jedem Herrenhaus das ich bis jetzt in Irland besucht habe, hatte auch dieses eine Stück Meissen Porzellan. Zwei große, bauchige, hässliche Vasen in diesem Fall. Mit dem Rad sind wir dann zum Torc Waterfall gefahren. Während die meisten Besucher auf dem Wasserfall herumkletterten (er hielt wenig Wasser an dem Tag) standen die deutschen Touristen auf den markierten Wegen und haben Risikoanalysen betrieben. Ich natürlich auch, die deutschen Charakterzüge müssen auch im Ausland gepflegt werden. Und das Kind wäre auch fast ausgerutscht. So schön wie Killarney war, am meisten habe ich die Fahrt genossen, denn mit genügend Fotostops und einer einstündigen Fahrt konnten wir die wunderschöne Landschaft Kerrys genießen.

Waterville ist vom B&B nur rund zehn Kilometer entfernt und ist dafür bekannt, dass selbst der große Charlie Chaplin dort urlaubte. Das Dorf versucht bis heute das letzte bisschen Tourismus aus diesem Fakt zu quetschen und hat dem guten Mann eine Statue und ein Festival gewidmet. Ich bin mit dem Fahrrad nach Waterville gefahren um mir das Dorf und den nahegelegenen See anzusehen. Das Wetter war sehr ungemütlich, dafür hat es aber nur zweimal geregnet (Richtig, auf der Hinfahrt und Rückfahrt, pitschenass). Die Statue wurde angeschaut, die Schuhe getrocknet und der See besichtigt.

Valentia Island habe ich ebenfalls mit dem Fahrrad erkundet. Mit der Fähre von Cahersiveen aus habe ich Knightstown besucht. Knightstown hat überschaubare Tourismusmöglichkeiten, aber ein liebevoll gestaltetes Heimatmuseum im alten Schulgebäude, ein rotes Café und einen Second Hand Buchladen in dem ich Stunden hätte verbringen können. Außerdem ist Valentia Island bekannt für der Startpunkt des ersten transatlantischen Telegramkabels, hat einen sehr schönen Leuchtturm, eine Eismanufaktur, einen Kerzenmacher und natürlich atemberaubende Aussichten. Am besten gefallen hat mir Bray Head, die westliche Spitze der Insel und damit der westlichste Punkt Europas. Wenn man bis zur äußersten Spitze der Klippen klettert steht man quasi am Rande Europas und das war schon ein cooles Erlebnis. Bei einem späteren Besuch hat mir Dominick hat dort beigebracht, dass Schafkacke wie ein Bumerang zurückkommen, wenn man es in die Luft wirft. Lebenslanges Lernen.

Mein absolutes Highlight in meiner Zeit hier in Ballinskelligs waren die beiden letzten freien Tage, die ich in Kerry mit meinen Eltern und lieben Freunden verbringen konnte. Wir haben uns gemeinsam Dingle angeschaut, inklusive einer sehr lehr- und alkoholreichen Führung durch die Dingle Whiskey Distillery. Wir konnten Gin, Vodka und Whiskey probieren und komischerweise habe ich von den Erklärungen des guten Mannes hinterher nur die Hälfte verstanden. Er hatte aber auch einen starken Irischen Akzent, was will man machen. Danach sind wir en Slea Head Drive gefahren und haben einige der schönsten Aussichten genossen, die ich je gesehen habe. Und nicht nur, weil ich einen Berg in Form eines schlafenden Riesen gesehen habe, was ich ziemlich cool fand. Auch Elke, die zahme Möwe von Parkbucht 5 war sehr unterhaltsam. Dingle beherbergt auch einen der vermutlich berühmtesten Delfine der Welt, Funghi. Funghi lebt seit den Achtziger in der Bucht vor Dingle und kann von Booten oder vom Ufer der Buht beobachtet werden und kommt normalerweise recht schnell an die Oberfläche wenn die Boote mit den Touristen kommen, doch wir haben mindestens eine halbe Stunde am Ufer gestanden und auf den Delfin gewartet. Am zweiten Tag haben wir in Derrynane eine Wanderung gemacht, die ich ebenso sehr genossen habe.

In derselben Woche haben mich dann noch Rocio und Noémie für ihre jeweiligen Heimatländer verlassen und ich habe die letzte Woche in Irland alleine mit Dominick und Lillian verbracht.



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