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Auf dem Likian Yolu Teil 2

Veröffentlicht: 11.11.2020

Samstag, der 17. Oktober bis Sonntag, der 18. Oktober 2020:

Der Abend bei Ramasan im Restaurant am Fuße des Tahtali wird recht gemütlich. Er bietet mir an, in einer Hütte zu übernachten. Ich brauche also mein Zelt nicht aufbauen. In dem einfachen Häuschen liegen Matratzen jeweils eine rechts und eine links an der Wand. Ich wähle die Matratze, die vor der Eingangstür liegt. In einer Ecke stehen zwei Gewähre. Ramasan erzählt, dass er manchmal zur Jagd geht. Spät am Abend verabschiedet er sich, er fährt nach Hause zu seiner Familie. Außer einer russischen jungen Familie mit ihren beiden kleinen Kindern gibt es hier oben auf dem Berg keine Menschenseele. Dass meine Hütte nicht abschließbar ist, soll mich nicht weiter beunruhigen. Noch nicht! 

Ich wache auf, als ein Auto vorfährt. Ein Blick auf mein Handy....es ist 2.30 Uhr in der Nacht. Durch die Scheibe der Eingangstür erahne ich nur, dass zwei Männer aus dem Auto steigen. Sie tragen Stirnlampen auf dem Kopf. Gegenüber steht ein großes Holzhaus. Sie scheinen dort etwas hineinzutragen. Dann leuchtet plötzlich eine Lampe durch die Tür auf mein Bett. Ich stell mich schlafen... wirre Gedanken kreisen durch meinen Kopf: Oh mein Gott... bitte hilf mir... hoffentlich tun sie mir nichts🙉 Der Mann vor meiner Tür verschwindet nach ein paar Sekunden, und ich beobachte durch die Bretterwand der gegenüberstehenden Hütte, wie die Männer etwas auf dem Boden ausbreiten. Was haben sie vor? Ich höre mein Herz bis zum Hals pochen. Da fallen mir die Gewähre ein. Ich hole eins aus der Ecke und lege es neben mich in mein Bett. Für den Fall, dass einer hier hereinkommt, würde ich es ihm kurzerhand über den Kopf ziehen. Dabei ist das Ding ganz schön schwer. Aber es beruhigt ein wenig. 

Bald ist es dunkel und ich beginne, wieder durchzuatmen. Wahrscheinlich haben die beiden nur ihr Nachtlager hier aufgeschlagen. 

Am nächsten Morgen sind bereits ein paar Wanderer zu Gast bei Ramasan. Zwei nette Türken in etwa meinem Alter, mit Wanderausrüstung, fragen mich: "Hoffentlich haben wir Dich heute Nacht nicht aufgeweckt? Wir wollten hier übernachten, weil wir heute früh los wollen auf den Tahtali." Oh mein Gott🙉🤭 Ich will ihnen nicht erzählen, wie grenzenlos meine Phantasie heute Nacht gewesen ist. Ich gestehe ihnen, dass ich mich ein wenig erschreckt habe. Wir lachen und Cem, einer der beiden, lädt mich ein... er würde mir, wenn ich in Kas wäre, die Gegend zeigen. 

Ich verbringe einen entspannten Tag hier. Erst morgen soll es weitergehen auf dem Likian Yolu. 

Wir haben Sonntag Mittag, als ich mich auf den Weg nach Beycik mache, der nächste Ort in vier Kilometer Entfernung. Von da wandere ich weiter nach Ulupinar. Unterwegs treffe ich die russische Familie, die auch bei Ramasan übernachtet hatte. Es geht schon auf den Abend zu, so dass wir uns allmählich Gedanken machen, wo wir übernachten. Wir beschließen, in Ulupinar einen Platz zum Zelten zu suchen. Meine russischen Begleiter fragen in einigen Restaurants, ob sie ihr Zelt aufschlagen dürften. Mir ist sehr schnell klar, dass meine Chance, einen Platz zu finden, mit ihnen zusammen eher gegen Null geht. Ich verabschiede mich daher freundlich von Ihnen und bin jetzt sehr zuversichtlich, dass sich eine Gelegenheit für mich auftun wird. Ich folge wieder der weiß-roten Markierung. Es gibt hier ein Restaurant neben dem anderen, aber keinen Campingplatz. Zielstrebig gehe ich auf ein Restaurant zu, und frage zwei junge Männer, die davor auf einer Bank sitzen, ob ich hier vielleicht mein Zelt aufschlagen dürfe. Nachdem ich zum Chef durchgereicht war, bekomme ich zur Antwort, daß sei kein Problem. Ich könne es mir auf den Bänken im Lokal für die Nacht bequem machen. Für 50 TL (5 Euro) genieße ich ein drei Gänge Menue und gönne mir dazu ein Bier. Der junge Kellner, der mich bedient, kommt zwischendurch auf einen Plausch vorbei. Nachdem alle Gäste gegangen sind, zeigt er mir das ganze Lokal. Es gibt noch eine erste Etage, dort beschließe ich, mein Nachtlager einzurichten. Der junge Mann versichert mir, ich bräuchte mich nicht fürchten. Alle Angestellten würden hier schon seit zehn Jahren arbeiten. Angst habe ich nicht, aber es ist fürchterlich laut hier. Das Wasser plätschert pausenlos, ich versuche zu schlafen, aber es gelingt mir kaum. 

Am nächsten Morgen pack ich meine Sachen relativ früh zusammen, da die Servicekräfte schon früh mit ihrer Arbeit beginnen. Und jetzt erklärt sich für mich der ohrenbetäubende Lärm. Sie haben hier eine Fischzucht und lassen das Wasser von einer entsprechenden Höhe in die Becken hineinlaufen, damit die Fische Sauerstoff bekommen. Dennoch, es war ein Abenteuer, die Nacht in einem Restaurant verbracht zu haben. 

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