Veröffentlicht: 12.10.2019
Unsere Nacht am Schwarzen Meer war wahnsinnig entspannend. Wir konnten vom Bus aus die Füße fast ins Meer stecken und hatten durch etwas Wind ständig das Wellenplatschen im Ohr. Seit langem war es auch mal wieder angenehm warm in der Nacht. Ein uriges Gefühl so weit in nach Osten gefahren zu sein, dass wir echt das Schwarze Meer erreicht haben.
Entlang der Küste merkte man aber, je Näher man Bulgarien kam, dass dort alles auf Massentourismus ausgelegt war, der aber im Oktober schon spürbar vorbei ist. Sprich.... Alle Bürgersteige hoch geklappt. Gut für uns zum Freistehen, aber auch nicht gerade aufregend durch Geisterdörfer zu fahren. Wir entschieden uns daher, uns von der Küste zu entfernen und den direkten Weg nach Griechenland zu nehmen. Tja und bei der ganzen Rumänien und Griechenland Recherche, die wir die letzten Tage und Wochen betrieben haben ist Bulgarien total untergegangen. Unsere Recherche ist schon sehr zeitaufwändig und wir hatten ja jetzt auch nicht jeden Abend Lust nur an den Handy's zu hängen. Und so wurde Bulgarien das zweite Land unserer Reise neben Ungarn, das wir hauptsächlich nur durchfuhren. Das ein oder andere Mal fragten wir uns, ob es nicht ein Fehler war und wir Bulgarien nicht eine Chance geben sollten. Aber eine Holter die Polter Recherche ist auch nicht das wahre. Dann steuert man am Ende nur die ersten TripAdvisor Suchergebnisse an und ist doch nicht zu Frieden. Wir machten dann das Beste draus und ließen uns auf der Tour viel Zeit und stiegen hier und da aus, um die schöne Landschaft zu genießen. Es gab viele verschiedene kleine Gebirge und die kleinen Dörfer im Tal, durch das morgens der Nebel zog, sahen aus wie gemalt.
Auf Rat unser Campingnachbarn aus dem Donaudelta benutzten wir zusätzlich zur Stellplatzsuche jetzt die App Campercontact und fanden so im mittleren Innland Bulgariens genau einen Campingplatz. Wir waren ganz froh, da wir ja stets versuchen die erste Nacht in einem neuen Land auf einem Campingplatz zu verbringen. Also steuerten wir den Platz in Boyanovo an und hatten Glück. Noch geöffnet. Ein wunderschöner kleiner Garten in dem wir stehen konnten, ein zuckersüßer Besitzer, der ehemals aus Großbritanien kommt und die Möglichkeit in Euro zu zahlen, damit wir nicht schon wieder eine neue Währung am Geldautomaten ziehen mussten. Die Bulgaren haben den LEW, der damals an die Deutsche Mark angepasst wurde und somit sind ca 2 LEW 1 Euro. Es gab auf dem Platz eine Outdoordusche, die über Sonnenenergie aufgewärmt wurde, was, wie wir fanden, eine total gute Idee ist. Auch gab es eine Boule Bahn und wir nutzten die Gelegenheit, unsere Zielsicherheit für die nächste Flunkeyballsaison zu trainieren. Gleich zwei Nächte blieben wir.
Etwa zwei Mal am Tag kam der ehemalige Brite dann zum plaudern, was jedesmal viel Spaß machte. Er ist selber noch viel mit seinem Wohnmobil unterwegs und konnte uns gute Tipps geben, welche Straßen in Richtung Süden Maut- und Schlaglochfrei sind. Er erzählte uns, dass es einige bulgarische Karten geben soll, auf denen Straßen eingezeichnet sind, die aber bis heute niemals gebaut wurden. Im Planen war die Sowjetunion wohl sehr gut.
Am Abend brachte er dann eine Flasche Bier mit, die er uns schenkte. Aber nur EINE zum teilen sagte er...
So schön der Platz bei ihm auch war, schien das Dorf in dem er lag wiedereinmal auszusterben. Er berichtete, dass nur noch ein Drittel so viele Menschen wie vor 13 Jahren, als er dorthin zog, in Boyanovo leben. Die Jungen ziehen in andere Länder und die Alten sterben. Fast alle Grundstücke der Verstorbenen stehen anschließend leer. Er meinte, dass das Nachbargrundstück für 3000 € zu haben wäre. Das Haus darauf war allerdings verfallen. Der andere Nachbar ist Kleinbauer und lebt bereits an seinem Existenzminimum. Sein Haus ist gleichzeitig Strohlager, sein Garten Kuhwiese. Tagsüber muss er mit seinen Kühen eine ordentliche Strecke aus dem Dorf heraus ziehen, um noch Gras zu finden.
Von ehemals drei Restaurants ist keines mehr in Betrieb. Der Brite bedauert es sehr, dass das Dorf Stück für Stück ausstirbt, weiß aber auch keine Lösung.
Am nächsten Morgen sind wir dann auch schon früh los um endlich das sogenannte Blut der Erde kosten zu können. Gemeint ist natürlich der leckere griechische Wein. ;-)
Nachdem wir die bulgarisch-griechische Grenze überquert hatten ging es schnurstracks, entlang der Grenze zur Türkei, nach Alexandroupolis. Abgefahrenes Gefühl. (Der blaue Punkt sind wir, oben ist Bulgarien, rechts die Türkei und unten links Griechenland mit unserem Ziel Alexandroupolis)
Wie schon beschrieben versuchen wir in jedem Land, das wir bereisen, die erste Nacht auf einem Campingplatz zu verbringen. In Alexandroupolis steuerten wir wie selbstverständlich den Stadtcampingplatz an, der für unsere Verhältnisse eigentlich schon viel zu groß und luxuriös schien. Aber er sollte ganzjährig geöffnet haben, was in Griechenland eher selten der Fall sein soll. Zu unserem erstaunen empfing uns dort eine nett lächelnde Dame von der Campingplatzsecurity und erzählte uns, dass der Platz geschlossen sei. Das Problem an der Sache war, dass es keinen anderen Campingplatz in und um Alexandroupolis gab. Tja, da standen wir ersteinmal.
Aber zum Glück gibt es ja im Zeitalter der Handys diverse Stellplatz Apps und so fanden wir dann etwa 50m weiter, einen Parkplatz am Stadtstrand, der kostenfrei war und sich für eine Übernachtung hervorragend eignete. Wildcampen ist zwar eigentlich in Griechenland verboten, gelesen haben wir aber, dass sie es in der Nebesaison nicht so ernst nehmen damit.
Nach einer Runde im Wasser planschen haben wir uns dann auf den Weg in die Stadt gemacht um einen ersten Eindruck zu bekommen, wie die Griechen so leben. Auf dem Weg dorthin erkannten wir dann auch, warum der Campingplatz derzeit nicht geöffnet war.
Hoffen wir mal, dass es hier nur so aussah, weil gerade renoviert wird.
Die Stadt selbst sah ganz nett aus. Es gab viele schöne Gebäude aber auch ein paar nicht so schöne Ecken. Wie halt in jeder Stadt. Aber man merkte, dass das Leben draußen auf der Straße stattfindet. Besonders am Hafen sah die Stadt sehr schön aus.
Am Abend haben wir dann die Chance genutzt mal wieder schön Essen zu gehen.
Auf dem Rückweg zum Bulli war die Stadt noch richtig lebendig, sehr viele Menschen saßen noch in Cafés oder machten Sport.
Die Nacht war dann unglaublich ruhig am Strand. Am nächsten Morgen sind wir gut erholt aufgestanden und haben neben ein paar Anglern am Strand gefrühstückt. Die Menschen hier machten auf uns einen sehr freundlichen Eindruck. Insbesondere als wir am Strand einen alten Herrn trafen, der uns breit grinsend einen halben Granatapfel zum kosten gab. Als er herausgefunden hatte, dass wir deutsch sprechen, beteuerte er, der Granatapfel komme aus seinem eigenen Garten. Total stolz beschrieb er seinen Garten auf deutsch. Er konnte etwas deutsch, weil er bis 1980 als Gastarbeiter in Dortmund gearbeitet hatte. Nachdem wir ein wenig mit ihm ins Gespräch kamen, nahm er uns mit zu seinem Auto und schenkte uns noch mehrere Äpfel und Granatäpfel die alle aus seinem Garten kommen. Er würde sie alle gar nicht schaffen und ein Danke wollte er gar nicht hören. Wirklich großartig!
Gegen Mittag ging es dann weiter Richtung Nestos bei Toxotes. Der Nestos ist ein Fluss der sich eine sehr schöne Schlucht gegraben hat, an der man wunderschön wandern gehen kann.
Jedoch sind wir an diesem Tag nicht mehr dort angekommen. Nachdem wir über ca. 3km Mautstraße fahren mussten, weil die letzte Abfahrt vor dem Bezahlterminal gesperrt war (guter Trick um Geld einzunehmen) , sind wir durch ein sehr schönes Naturschutzgebiet gefahren. Bis wir in die Nähe eines Flusses kamen und auf ein Durchfahrtverbotenschild trafen mit dem Hinweis, man solle die Brücke in 2,6km nehmen bei hohem Wasserstand des Flusses (wir konnten die Brücke vor uns noch nicht sehen zu dem Zeitpunkt)! Während wir kurz überlegten fuhr dann auch schon das erste Auto und der erste Trecker von hinten an uns vorbei und wir nahmen die Herausforderung an, uns der eigenartigen Brücke zu stellen. Als wir um die erste Kurve kamen verstanden wir dann auch was uns das Schild sagen wollte!
Es war nicht wirklich eine Brücke, viel mehr waren es Betonplatten im Wasser. Der Wasserstand des Flusses war gerade so hoch, dass er die Betonplatten knapp überspülte. Aber wie sagt man so schön: "Rüber über die Rüben!" Gesagt getan!
Hinter dem Fluss gab es ein kleines rostiges Straßenschild, auf dem etwas mit Beach stand. Da wir nichts vor hatten, was nicht auch verschoben werden konnte fuhren wir die Schotterpiste mal entlang. Raus kamen wir dann an einem total paradiesischen Strand, an dem wir, bis auf ein paar Einheimische, die am Abend dann verschwanden, alleine waren. Das war der schönste und idyllischste Sonnenuntergang für uns, den wir nur mit Millionen Moskitos teilen mussten. Ja es war nach langer Zeit des fröstelns mal wieder so weit, das Thermacell Gerät raus zu holen.
Am nächsten Morgen stand mal wieder die Besichtigung einer Stadt auf dem Plan. Da wir uns in den Städten immer ein Durchfuttern von morgens bis abends gönnen freuten wir uns schon, nach so langer Zeit mal wieder eine zu besichtigen.
Kavala ist eine Hafenstadt mit etwa 70.000 Einwohnern gelegen an einem Berghang. Wir haben uns, den Göttern sei Dank, entschieden außerhalb zu parken, denn Kavalas Parkplätze und Straßenführungen waren total wuselig. Leider lag der auserwählte Parkplatz hinter der Stadt und wir mussten trotzdem dadurch. Die vielen kleinen Seitengassen, aus denen die Roller geschossen kommen machten es total unübersichtlich und hinzu kam, das jede Straße durch die Hanglage auch noch sehr steil war. Zum Vergleich gibt's mal die Übersicht der Straßen von Kavala im Vergleich zu den Straßen von Flensburg.
Nachdem wir das geschafft hatten gingen wir in den Bummelmodus über und genossen den Tag bei 23 °C. Zur Stadt Mitte gingen wir durchgehend am Ufer entlang, was sehr idyllisch ist.
Auf der Spitze der vorgelagerten Halbinsel, die die Altstadt Panagia beherbergt liegt die alte Festung der Stadt. Der Weg zur Festung führte durch die winkeligsten Gassen die ich je gesehen habe und kein Haus und kein Grundstück glich dem anderen. Der wenige Platz wurde komplett ausgenutzt und jeder Winkel verbaut. Viele Häuser waren bunt bemalt.
Oben angekommen hatten wir dann einen wahnsinns Blick über die gesamte Stadt und das zweistöckigen Aquädukt, welches das Wahrzeichen der Stadt ist.
Neben anderen Leckereien zwischendurch gab es für uns dann eine typische griechische Mahlzeit am Nachmittag.
Der Tagesausflug war wiedereinmal sehr gelungen und wir suchten satt und zufrieden ein Lager für die Nacht. Aber wie wir es schon fast gewohnt waren aus Griechenland fanden wir eines nur 20 Minuten weiter. Direkt am Meer mit einer tollen Aussicht auf Kavala. Ja uns geht das schon schlecht hier ;-)
Kurzer Ausflug in die Gegenwart. Wir sind so begeistert von den tollen freisteh Plätzen in diesem Land, dass wir uns dadurch revanchieren, dass wir an jedem Platz Müll sammeln gehen. Es ist zwar in Griechenland nicht ganz so vermüllt, wie in anderen Ländern unserer Reise, dennoch gibt es keinen Platz ohne. Eine gute Tüte bekommen wir fast immer zusammen, hauptsächlich mit Plastik. Auch wir selber produzieren täglich so viel Plastikmüll, dass es uns schon ärgert. Wir achten aber darauf, dass wir die vollen Tüten nur dort entsorgen, wo die Chance groß ist, das es in den nächsten Tagen geleert wird. An einsamen Parkplätzen stehen auch oft Tonnen, die aber von Vögeln und Streunern wieder geplündert werden, womit das Problem von vorne beginnen würde.