Uji (Alb. Wasser)
Uji (Alb. Wasser)
vakantio.de/lucas

Tage in Albanien

Veröffentlicht: 14.05.2023

Ziemlich genau 14 Tage nach Reisebeginn um vier Uhr morgens, eingeklemmt zwischen unseren auseinandergebauten Fahrrädern auf der Rückbank eines Mercedes Vito, aber glücklich auf so direktem, einfachen Wege zum Startpunkt unserer Fahrradtour zu gelangen, sitzen wir nun auf einer kleinen Farm im Norden Albaniens. Hier genießen wir ein paar Pausentage, bevor es nach Montenegro rübergeht. Wo genau, wissen wir noch nicht, aber traurig, dass wir Albanien nun am Montag schon wieder verlassen. Zurückkommen wollen wir auf jeden Fall, denn obwohl das Land nicht das größte ist, haben wir jeden Fahrtag Neues gesehen und erlebt.

Los ging’s von Igouminitsa in Nordgriechenland, bis wohin uns die Fähre von Venedig aus gebracht hat. Wir fuhren noch einige Kilometer durch Griechenland und waren angesichts der Supermarktpreise, die höher als in Deutschland waren, doch bald die albanische Grenze, gut sichtbar an dem schwarzen Steinadler auf brennend rotem Hintergrund zu erkennen, zu erreichen. Wir tranken unseren ersten Espresso in einem kleinen Bergdorf, einer von unzähligen in Albanien, und lernten dort das albanische Wort für Wasser - Uij. Unser Campingplatz lag in der Stadt Ksamil. Drum herum befindet sich der Butrint Nationalpark mit einigen Alten Ruinen, aber vor allem einer saftig grünen Vegetation, grünblauen Seen und einem fantastischen Ausblick aufs Mittelmeer. Unseren Zeltplatz erreichen wir nach 56km und 470 Höhenmetern, was für die ersten Fahrtag dann doch schon recht viel war. In Ksamil blieben wir zwei Nächte und erlebten den vermeintlich albanischen Ballermann mit recht wenig Touristen und mit noch nicht fertig aufgeschütteten Stränden. Perfekt, um ein paar grundlegende Dinge für einen Albanienaufenthalt zu erledigen.

Am Donnerstag ging es dann 37km und 600 Höhenmeter weiter durch die Berge auf einen ehemaligen Campingplatz inmitten der Berge, aber direkt am Meer. An kleinen Bach ein paar Meter entfernt grasten ein paar Pferde und ein junges Fohlen hüpfte auf Entdeckungstour durch die Büsche. 

Der anschließende Fahrtag führte uns immer direkt am Meer entlang, allerdings immer wieder von null auf hundert, von null auf vierhundert, von null auf zweihundert Meter hoch, sodass wir immer wieder viele Pause einlegten. Zum Kaffeetrinken auf einer Terrasse in Vuno mehre hundert Meter über dem Mittelmeer oder einfach den Ausblick genießend an der Leitplanke, um wieder Kraft für die nächsten Meter bergauf zu sammeln. Eine 1050 Höhenmeter-Etappe über den Llogara-Pass wartete auf unser Tour am Ende noch. Um 16 Uhr entschieden wir uns doch durchaus etwas sehr euphorisch nach dem energiespendenden Kaffee spontan die 14km Straße noch zu bewältigen…und schafften es, knapp vorm Dunkelwerden noch einen Zeltplatz auf der anderen Seite des Berges auf 950m zu erreichen. Die Aussicht aus Meer war den Weg über himmlisch, bis wir dann auf 1000m in einer Wolke hineinfuhren, die die in Kombination mit dem immer wehenden Wind auf diesem Pass die karge Natur doch nahezu gruselig machte.

Mit der Perspektive am nächsten Tag 20km bergab in die erste größere Stadt Vlorë zu fahren, fuhren wir am nächsten Morgen voller Energie durch die wunderschöne Berglandschaft los…bogen falsch ab… und wurden zu spät skeptisch über die 650 Höhenmeter, die wir über eine Passstraße wieder hoch ins Gebirge fuhren, anstatt unten am Strand das Meer zu genießen. Bei allem Ärger hat es sich für den Ausblick aber doch vollkommen gelohnt. Vlorë wollten wir nur schnell durchqueren, denn albanische Städte mit bepacktem Fahrrad sind doch relativ stressig. Als jedoch Lucas kurz hinter der Stadt bemerkte, dass sein Gepäckträger sich stark verbogen hatte, mussten wir umkehren und suchten eine Werkstatt auf. Mit grade gehämmertem Gepäckträger fuhren wir auf eine kleine Halbinsel nahe der Stadt hinaus und zelteten dort auf dem Ökocampingplatz zweier Albaner, die dort ein kleines Paradis im Wald geschaffen hatten mit Selbstgebauter Küche, Duschen und Toiletten…und kleinen Babykatzen inklusive.

Am folgenden Tag traten wir die erste sehr große Etappe an. von Vlorë aus ging es mit weniger Höhenmeter auf maximal knapp 200m hoch 91km durch wunderschön grüne Landschaften zur Küstenlagune nach Karavasta. Das Gebiet ist als geschützte Region offensichtlich ein wunderbar für die Landwirtschaft. Überall wurde angebaut, ob auf Feldern oder in Gewächshäusern und wo man hinschaute arbeiteten die Menschen auf den Feldern. Der Zeltplatz, den wir abends erreichten wurde von einem recht lieben Albaner, der hauptsächlich LKW-Fahrer in Deutschland ist geführt, entsprach aber seinem Namen, piccollo Paradiso wirklich gar nicht. Aufgrund wahnsinniger Mückenangriffe flohen wir zudem ins Zelt, sobald dieses stand. Am nächsten Morgen wollten wir schnell weiter. Lucas wechselte schnell meine Bremsbeläge … und das machten die Mücken und mein Fahrrad ihm so schwer, dass wir anschließend durch die naheliegende Kleinstadt Divjaka helfend manövriert wurden, damit ich mit mehr als einer Bremse weiterfahren konnte. Wie durch ein Wunder, dazu später mehr, fuhren wir dann auch ein, zwei Stunden später 65km durch die flache, meist landwirtschaftlich genutzte Region weiter Richtung Dürrës.Die letzten sechs Kilometer führten uns durch wahnsinnige Hotelburgen vorbei an grauenhaften Strandpromenaden. Wir zelteten, immerhin umsonst, unter ein paar Pienienbäumen und wenn man nur die zehn Meter Sandstrand, auf denen wir unserer Abendessen kochten und aßen fotografierte, konnte man meinen, man genieße das romantische Mittelmeer.

Am nächsten Tag wollten wir ganz schnell die letzten 35km nach Tirana fahren, doch Komoot machte uns einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Nachdem wir die Autobahn per Fußgängerbrücke tragend überqueren mussten fuhren wir einen romantische Bergstraße hinein, vorbei an kleinen Dörfern, Seen und Moscheen. Die Straße verwandelte sich allerdings recht schnell zunehmend in unasphaltierte Wege, Trekkerpfade, Wanderwege und Schmelzwasserpfade, die in einigen Teilen weder zu befahren noch unproblematisch laufend und schiebend zu bewältigen waren. Regelmäßig musste Lucas beide Räder abwechselnd ein paar Meter weit schieben, da meine Kräfte bergauf vollends versagten. Bei all der Anstrengung genossen wir immerhin eine sehr vielfältige grüne Natur mit Schildkröten, Schlangen, einem toten Skorpion, Schafen und ein etwas unberechenbar scheinender Hütehund. Nach ca. vier Kilometer Geschiebe, für das wir bestimmt zwei Stunden brauchten gab es endlich Frühstück aus einer sehr ursprünglichen Bäckerei und einem typisch albanischen Minimarkt. Wir fuhren nach und nach in das Umland und die Vorstadtgebiete von Tirana rein, bevor wir zu unserem Zeltplatz abbogen, der uns zum zweiten Mal an diesem Tag vor eine Herausforderung stellte. Der Weg war so schlammig, dass mein Rad sich weder vor noch zurückdrehen ließ. Gottseidank kamen zwei Männer mit Pickup vorbei und fuhren mich und mein Rad die letzten Meter zum Zeltplatz. Da es nun 16 und nicht wie geplant 12 Uhr war, entschieden wir uns den nächsten Tag auf dem Zeltplatz zu bleiben und nach Tirana zu fahren, um unsere Räder zur Werkstatt zu bringen. Neben dem Putzen unserer Fahrräder konnten wir auf dem Zeltplatz gratis den deutschen Caravan-Fahrer-Horror live miterleben, inklusive fachmännischer Einparkhilfe. Am nächsten Tag fuhren wir nach Tirana rein, dessen Zentrum gute 15km entfernt war, erledigt eine Besorgungen, genossen das Essen und schauten uns ein wenig die Stadt an. Aber auch dazu später mehr.

Am Donnerstag trödelten wir dann etwas rum und fuhren erst um elf Uhr los. Dennoch fuhren wir viel schneller als gedacht durchs flache Albanien durch, genossen die kleinen, stets wunderschönen kleinen Dörfer um uns herum und packten euphorisch die 109km bis zur ecosozialen Farm in der Nähe von Shkodrë, wo wir nun einige Pausentage mit verschiedensten Menschen aus Europa und einigen Tieren verbringen. Vielleicht kommen die nächsten Tage noch ein paar kleine Anekdoten um unsere Reise herum, wenn die Zeit und Lust da ist. 

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