Veröffentlicht: 01.10.2021
Einen kurzen Moment überlege ich heute Morgen, ob ich den Whirlpool noch mal fülle. Aber angesichts des strahlenden Sonnenscheins lass ich es dann doch sein und entscheide mich für eine frühe Abfahrt. Man hat ja immer bis um elf Zeit die Unterkunft zu räumen, und ich erinnere mich, dass ich das in den USA oft ausgenutzt habe. Hier werde ich allerdings meistens früh wach und komme so früher los.
Bereits kurz nach der Abfahrt beginnt der Wahnsinn. Was ich an diesem Tag an Farben und Farbspielen sehe ist einfach unglaublich. Die 1 Stunde Fahrt bis zum Nationalpark Mont-Tremblant ist ein einziges Schaulaufen. Trotz des dichten Verkehrs und der vielen Orte durch die ich noch fahre, ist im Hintergrund immer dieses grün-gelb-rote Phänomen des Indian Summers zu bestaunen. Manchmal ärgere ich mich, dass ich nicht anhalten kann. Aber ich beruhige mich damit, dass die Farben im Nationalpark bestimmt genauso gut sind.
Auffällig auf der Fahrt sind die erheblich großen und modernen Autohäuser, die hier wohl Umsatz machen. Ich habe bestimmt 15 davon ausgemacht. Mercedes Benz war auch dabei. Wirklich erstaunlich dass diese hier so viel Geschäft haben. An vielen Stellen erinnert ein Hinweis daran, dass hier im Winter Skibetrieb ist. Kurz vor Einfahrt in den Park mache ich dann beim Lac Superieur die ersten Aufnahmen. Der absolute Wahnsinn.
Am Kassenhäuschen zeige ich der netten Dame meinen Discovery Pass für die kanadischen Parks. Eine glatte Fehlinvestition von mir, da viele der von mir besuchten gar nicht mit dabei sind. Das ist auch hier der Fall. Ich werde aufgeklärt, dass es sich hier um einen quebec Park und nicht um einen kanadischen Park handelt. Und ich dachte immer Quebec liegt in Kanada. So was doofes. Gesagt habe ich das aber nicht. Sie war wirklich freundlich. Und ich wollte sie nicht verärgern. Und neun Dollar sind jetzt auch nicht die Welt.
Der Park scheint gut besucht aber nicht überfüllt zu sein. Und er macht einen glücklich. Die nächsten 4 Stunden verbringe ich wie im Rausch. So viel Bilder kann man gar nicht machen wie viel Eindrücke man hier gewinnt. Es sind eine Menge asiatische Besucher hier. Auch die scheint der Indian Summer zu faszinieren. Ich fahre mit zahlreichen Stopps die Route 1 lang bevor ich auf die Route 2 abbiege. Die Straße ist zuvor zur Schotterstraße geworden und das hat zur Folge, dass mir kaum noch ein Auto begegnet.
Ich verlasse mich auf mein Navi und fahre immer weiter, und die Straße wird immer enger. Mir wird ein wenig unwohl. Autos sehe ich jetzt gar keine mehr, und entgegen kommt mir auch keins mehr. Mein Auto wird ganz schön durchgeschüttelt von den vielen Schlaglöchern. Ein paarmal überlege ich tatsächlich umzudrehen. Aber irgendwie ist das ja eine offizielle Route und sie wird mich schon wieder raus führen.
Nach 30 endlos gefühlten Kilometern wird die Straße dann doch breiter. Ein Campingplatz zeigt mir, dass die Zivilisation wieder beginnt. Davor habe ich 45 Minuten keinen Menschen und kein Auto gesehen. Schon seltsam dass dieser Teil so wenig besucht wird, obwohl er genauso faszinierend ist wie der Rest. Als die Straße dann wieder zu Asphalt wird, wird mein Puls auch wieder normaler und ich fahre dann zu meinem Motel, welches eigentlich nur 45 Minuten von meinem gestrigen entfernt liegt. Die große Schleife hat erheblich Zeit gekostet und war es aber 1000 mal wert.
Das Motel entpuppt sich als wirklich Klischee Motel wie man es sich besser nicht vorstellen kann. Schwabbeliges Schild, direkt an der vielbefahrenen Autostraße und im Retrolook. Aber makellos sauber. Und eine Besitzerin die wieder mal kaum englisch spricht. Lustig ist, dass sie mir einen Schlüssel gibt und meint für den „table“. Ich stutze. Warum brauche ich einen Schlüssel für den Tisch. Bis ich dann irgendwann mal schnalle, dass sie meint, ich solle beim Auschecken den Schlüssel auf den Tisch legen. Wir müssen beide richtig lachen. Langsam gewöhne ich mich an dieses französische Kauderwelsch. Morgen aber bin ich in Ontario. Und da wird englisch gesprochen. Hoffe ich mal.