Veröffentlicht: 26.09.2021
Vom strahlenden Sonnenschein von gestern ist heute nicht viel übrig geblieben. Es regnet. Aber insgesamt würde ich sagen, dass ich bisher viel Glück hatte. Insofern muss man solche Tage einfach hinnehmen auch wenn man sie nicht aussetzen kann. Denn ich muss ja weiterfahren.
Das Frühstück ist sehr liebevoll. Und ich treffe Sebastian, einen Deutschen aus Frankfurt, gebürtig aus Chemnitz. Sebastian ist das was ich als coole Socke bezeichnen würde. Er hat von den 50 US Staaten 46 schon besucht. Und ist scheinbar ständig unterwegs. Als Mitarbeiter der deutschen Bahn scheint man sich das leisten zu können. Aber wer redet da? Er ist insgesamt zwei Wochen hier unterwegs von Frankfurt nach Halifax geflogen. Wie ich hat er einen Mietwagen und zieht um die Halbinsel. Sein Restprogramm hat es aber in sich. Er fliegt zum Schluss von Halifax nach Neufundland, um sich dort Gander anzugucken. Besser gesagt den Flughafen von Gander. Der war wohl zu DDR Zeiten ein Umsteigepunkt nach Kuba und das interessiert ihn. Als ich ihm sagte, dass außer dem Flughafen in Gander nicht viel los ist, erwiderte er, dass er das wüsste. Von dort fliegt er nach zwei Tagen wieder nach Halifax, 5 Stunden später nach Toronto und dann wieder nach Frankfurt. Es hätte sich so ergeben. Respekt.
Als ich dann schließlich losfahre, regnet es noch mehr. Meinen Trail kann ich vergessen. Selbst mit Regenjacke würde ich Klitschnass. Also geht es weiter Richtung Truro, meinem Ziel für heute. Auf dem Highway wird es denn wirklich unangenehm. Einen solchen Regen habe ich noch nie erlebt auf einer Autobahn. Ich bin drauf und dran anzuhalten. Aber nachdem alle mit genügend Abstand einfach weiter fahren reihe ich mich ein.
Kurz vor erreichen meines Zieles wird es dann klarer am Himmel. Ich fahre vom Highway ab und wieder an der Küste entlang. Auch wenn das Wetter nicht gut ist, die Atmosphäre ist einfach klasse hier. Und ganz besonders ist der Besuch am Burntcoat Head Park, wo man bei Ebbe - und die ist gerade - den Meeresboden besuchen kann. Die freundliche Dame am Eingang weist mich darauf hin, dass ich A in einer halben Stunde wieder da sein soll und B nicht schwimmen gehen soll. Ich gehorche. Es ist schon erstaunlich wie weit sich das Meer hier zurückzieht. Der größte Tidenhub der Welt.
Wohlbehalten gelange ich zum Auto zurück und steuere Truro an, wo ich ja anfangs schon einmal übernachtet hatte. Und so schließt sich der Kreis. Mein Motel ist erstklassig Und nach kurzem Auspacken gehe ich zur Fundy Discovery Site. Dort kann man den Tidal Bore bestaunen. Das ist wenn das Meer zurückkommt und den Fluss einwärts strömt.
Und es ist wirklich beeindruckend. Pünktlich um 4:44 Uhr überschwemmt das Wasser mit gewaltiger Kraft eine Sandbank. Und peitscht sich den Fluss rauf. Schon komisch wenn ein Strom verkehrt rum fließt. Morgen werde ich noch größere Auswirkungen sehen. Hoffe ich mal. Auf jeden Fall wird es eine gute Nacht heute. Denn die Straße ist ziemlich weit entfernt. Jetzt müssen nur noch die Nachbarn still sein.