Veröffentlicht: 23.10.2017
Montenegro ist das erste Land welches nicht der Europäischen Union angehört, welches wir durchqueren. Der Antrag liegt zwar vor allerdings sind weitere Aufnahmen in die EU derzeit auf Eis gelegt. Dennoch gilt als offizielles Zahlungsmittel, für die 600.000 Einwohner der Euro.
Die erste Überraschung wartete am Grenzübergang, verwöhnt durch die unkomplizierten Einreisen davor, wurden natürlich nicht die Einreisebedingungen studiert. Um in Montenegro einzureisen benötigt man eine „internationale grüne Versicherungskarte“ fürs Auto – die man von der KFZ Haftpflicht erhalten kann. Also stopp, und extra Versicherung abschließen. An der Grenze war man jedoch bestens darauf vorbereitet. Also ging ich ins Grüne Versicherungskarten – Zusatzversicherungsbüro. Mich empfing eine Rauchnebelwolke, süßlicher Schnapsgeruch und ein grinsender älterer Herr, der sofort wusste was zu tun ist. 18 € sollte es kosten auf 20 € rausgeben ging natürlich nicht. Danach bekam ich sofort den Pass wieder und weiter ging es.
Die Straßen wurden holprig und die noch verbleibenden 30 km sollten länger als eine Stunde dauern. Die Fahrkünste der anderen Autofahrer würde ich als kreativ und mutig beschreiben. Mit einer Fähre die direkt abfuhr, fuhren wir in die Bucht von Kotor. Einem der ältesten Naturhäfen der Welt. Plötzlich war alles wunderschön. Die Berge, die Bucht, die alten Häuser, die saubere kühle Luft.
Endstation sollte der Campingplatz Mimoza sein. Angekommen war er leer. Nachdem der Hund 5 Minuten gebellt hatte, kam der Platzwart auf dem Balkon mit Bademantel und stammelte, dass sie schon geschlossen haben. Es gab einen langen stummen Blickwechsel und er erkannte das ich nicht vor hatte auch nur einen Meter weiter zu fahren. Also lenkte er ein, sagt das wir eine Nacht stehen bleiben könnten, dass Wasser jedoch kalt sei. Ich winkte ab und sagte – No Problem, water is water – woraufhin er lachte, fragte woher wir kommen würden und alles erklärte, er müsse jedoch noch den Papa – THE BOSS - fragen.
Der Blick war wunderschön direkt auf die Bucht und die umliegenden Berge. Am Morgen kam dann „The Boss“, ein alter Mann, stilvoll gekleidet und frisiert und sagte nur Money und untermalte dies mit dem wohl international anerkannten coolen Handzeichen. Also gab ich ihm die vereinbarten 10 €, er bedankte sich und fuhr mit dem nächsten Bus wieder weg.
Der nächste stopp sollte Kotor sein, ein Aushängeschild von Montenegro. Hier angekommen musste erstmal ein Parkplatz gesucht werden – 3 €/h ein Schnäppchen dachte ich. Hier bleiben wir doch länger. Leider legten gerade 3 Kreuzfahrtschiffe an und überschütteten das Städtchen mit seiner Fracht. Ich wollte weiter, irgendwie mal ankommen. Also schrieben wir einige Campingplätze an und fanden schließlich einen der das ganze Jahr offen hat zwischen Budva und Bar. Der Weg dahin war nicht weit aber sehr, sehr anstrengend - hupende Autos, wilde Überholmanöver, Bergauf – Bergab. Am „Camping Maslina“ angekommen, war der Empfang sehr freundlich und der Platz hatte alles was man sich wünschen kann. 200 m zum Strand, ein Supermarkt um die Ecke, warmes Wasser und viele nette Plätze zum selber auswählen. Der ganze Platz ist bewachsen von Granatapfelbäumen.
Es stellte sich schnell heraus, dass es mit den Wanderwegen nicht so einfach wird. Es gibt kaum Wege und die Einwohner bestätigen, dass es ohne Ortskenntnisse sehr schwer sei. Nach ein paar Metern findet man recht zügig wilde Hunde die einen ankläffen, mit einem Stock ausgerüstet geht es jedoch mutig weiter.
Ein Erlebnis war für mich sehr bewegend. Auf einer dieser Wanderungen verliefen wir uns in einem Brusthohen Gebüsch und man sah immer wieder Schlangen (die meisten verschiedenen und größten welche ich je gesehen habe) die sich schnell versteckten. Daher wurde jeder Schritt bewusst gesetzt, dass Gestüpp wurde jedoch immer dichter. Plötzlich hörte ich Glocken und Ziegen. Etwas ängstlich rief ich „Hello???“ was erwiedert wurde und ein freundlich grinsender Hirte schaute aus dem Gebüsch. Er entschuldigte sich sofort für sein schlechtes Englisch und sprach darüber, dass es doch schön wäre, wenn es nur eine Sprache für alle Menschen gäbe und das alle Menschen gleich seien. Es war ein unglaublicher Moment – etwas verloren im Busch auf einen solchen Menschen mit einer so einnehmenden Aura zu stoßen. Er wies noch darauf hin, dass es sehr viele gefährliche Schlangen im Busch gäbe aber, dass es kein Problem wäre wenn man vorsichtig weiter geht. Er zeigte den Weg der keiner war und nach weiteren 20 Minuten Busch kam man auf einer Baustelle heraus. Die Arbeiter grüßten verwirrt aber freundlich. So geht also Wandern in Montenegro.
Wir wollten gerne mehr vom Land erleben und überlegten wie. An Fahrrad fahren war nicht zu denken. Ins Landesinnere mit dem Auto zu fahren empfand ich als nicht machbar oder zumindest für Käthe mit 68 PS und 2,5 Tonnen nicht zumutbar. Außerdem sollte es in den Bergen schneien. Die Lösung sollte die „Tito Bahn von Bar nach Belgrad“ sein. Käthe durfte auf dem Campingplatz kostenlos stehen bleiben und um 6 ging es mit dem Taxi nach Bar zum Bahnhof. Die Bahnfahrt soll eine der schönsten in Europa sein und für mich war sie definitiv ein Highlight. Man schaut in 1000 Meter tiefe Schluchten und fährt von Tunnel zu Tunnel.
Nach 3 Stunden Fahrt stiegen wir in Kolasin bei 4°C aus. Einer der beliebtesten Skiorte in Montenegro hieß es, eine verfallene Stadt, die den Zerfall von Jugoslawien nicht überwunden hat scheint es zu sein. Auf dem Weg vom Bahnhof in die Stadt sah man morgens um 10 jede Menge Leute die mich mit Schnaps zuprostend begrüßten. Es wird mir bewusst, dass man sich in einem von der Geschichte und Gegenwart gebeutelten Land befindet.
Nachdem wir den Rucksack in der Unterkunft „Sibirska“ losgeworden sind und die Sonne rauskam, zeigte sich die Stadt und die Umgebung gleich in einem sehr viel freundlicheren Licht. Da es keine Küche in der Unterkunft gab, gingen wir im Restaurant essen. Es gab sehr gute landestypische Küche zu günstigen Preisen. Am zweiten Tag wollten wir wandern. Gleich am Anfang wurden wir von einem Hund verfolgt der uns wie selbstverständlich für die nächsten 4 Stunden begleitet hat – wir freundeten uns an, teilten Wasser und Essen. Den rausgesuchten Wanderweg fanden wir jedoch nie. Daher blieb es bei einer weiteren Erkundungstour.
Die Rückfahrt war äußerst unterhaltsam. Nachdem die Bahn nach 2 Stunden Verspätung kam, ging es zurück Richtung Küste. Das Ticket bezahlte man bei einem rauchenden, torkelnden älteren Herrn im Zug, ich fühle mich in der Zeit zurückversetzt.
Angekommen in Bar sollte es diesmal nicht das Taxi sein sondern der lokale Bus. Der kam nach 2,5 Stunden in der Sonne warten dann auch und nachdem man mit Händen und Füßen erklärt hatte wo man raus wollte, hieß es 8 € Fahrpreis (das Taxi waren 12 €). Ich denk mir Arsch er denkt sich doofer Tourist. Zurück am Platz ist die Freude groß, endlich wieder zu Hause bei Käthe.
Am nächsten Morgen sollte es weiter Richtung Süden gehen.
Fazit Montenegro: Montenegro beeindruckt. Die Landschaft, die Ursprünglichkeit, die Menschen. Ich fühle mich etwas in der Zeit zurückgeworfen. Montenegro hat Landschaftlich unglaublich viel zu bieten – Küste und die Bergmassive im Landesinneren. Ich hoffe das Montenegro nicht die gleichen Betonwüsten überall errichtet wie es schon Kroatien und Spanien geschafft haben sondern auf Ecotourismus setzt. Jedenfalls wird es noch eine Weile dauern, bis die Touristenströme das Landesinnere erreichen können und das die Wanderwege erkennbar sind. Bis dahin bleibt es für mich ein Geheimtip und ich will unbedingt wieder kommen.