Veröffentlicht: 18.01.2018
Die ersten sieben Tage in China haben wir in Peking verbracht. Im Vergleich zu Russland (abgesehen von Moskau) und der Mongolei ist China ein Land mit einer weit zurückreichenden Geschichte. Das merkt man vor allem an den schönen alten Gebäuden und Tempeln. Mit 21,5 Mio. Einwohnern ist Peking auch eine der größten Städte in denen wir je waren. Den ersten Tag haben wir erst mal zum Erholen gebraucht :D Die Umstellung auf ein neues Land, Menschen und Kulturen ist doch recht anstrengend. Die Chinesen sind schon ein ziemlich eigenes Volk.. Alle rotzen auf den Straßen und jedes Mal wenn einer einen hochgezogen hat, sind wir zusammengezuckt. Und das passiert wenn man draußen herumläuft schon alle zwei Minuten. Zudem ist einfach alles süß: Brot, jegliches Gebäck, Kaffee, Tee... Das schlimmste ist jedoch, dass viele Chinesen versuchen Touristen über den Tisch zu ziehen. Eine Masche beispielsweise ist, dass ein paar nette Mädels so tun als wären sie aus der selben Bahn ausgestiegen und mit einem ins Gespräch kommen. Irgendwann fragen sie dann ob man mit ihnen einen Kaffee trinken geht und dann bestellen sie sehr viel Essen und behaupten dann kein Geld zu haben oder verschwinden einfach beim "Weg aufs Klo". Man muss dann unerhörte Preise zahlen um die Rechnung zu begleichen (mehrere hundert Euro), da die Geschäftsinhaber mit den "Studenten" unter einer Decke stecken.. Oder es werden von Touristen der fünffache Preis für etwas verlangt und das wandert dann in die eigene Tasche (man muss also immer vorher alle Preise abchecken). Ein weiteres Beispiel ist, dass man für etwas bezahlen möchte, der Ladeninhaber das Geld mit Falschgeld austauscht und sagt, dass er dieses nicht annimmt.. Zum Glück hatten wir uns vorher ausführlich informiert und wurden nirgends schlimm abgezogen. Erschreckend war aber schon, wie viele es versucht hatten. Auf der anderen Seite sind Chinesen sehr von Europäern fasziniert. Wir können gar nicht mehr zählen wie viele Fotos mit uns gemacht haben (gefragt oder ungefragt). Das ist schon seltsam, wenn man nur wegen seiner Herkunft und dem etwas anderem Aussehen so gefeiert wird.
In den nächsten Tagen haben wir die tolle Altstadt angeschaut, die verbotene Stadt, den Palastgarten, den Sommerpalast und verschiedene Tempel. Peking hat hier einiges zu bieten :) Für die Mauer hatten wir uns ein Auto gemietet, mit dem wir verschiedene restaurierte und nicht-restaurierte Abschnitte der Mauer anschauen wollten. Als wir aber die Autovermietung über zwei Stunden gesucht hatten (Europcar.. sollte man eigentlich easy finden) wurde uns gesagt, dass es diese in Peking gar nicht gibt. Zudem Deutsche in China auch gar nicht Autofahren dürfen.. Das war richtig nervig, weil wir zu viel Zeit mit der Suche verplempert hatten und somit an dem Tag nicht an die Mauer konnten. Dann haben wir kurzerhand einen Trip im Tourist Information Center für den Folgetag gebucht. Leider hatten wir dadurch keine Möglichkeit mehr das Mausoleum von Mao anzuschauen.. Nachdem wir Lenin in Moskau schon nicht sehen konnten, war das wirklich enttäuschend. Der Trip zur Mauer sollte von morgens um 7.00 Uhr bis abends um 18.00 Uhr gehen und um 19.30 Uhr ist dann unser Zug nach Shanghai los. Als wir von unserem Guide dann morgens abgeholt wurden, meinte sie, dass wir jeder am Ende der Tour 50 Yuan (6,50 Euro) an Trinkgeld zahlen müssen. Eigentlich war uns das gar nicht recht, weil wenn wir Trinkgeld geben, dann so viel wie wir angemessen empfinden. Aber wir konnten nichts anderes machen als zustimmen und sind dann los. Der Vormittag war echt klasse, wir sind zu einer Tempelanlage gefahren und unser Guide hat viel erzählt, auch allgemeine Sachen über China. Z.B. Ist die Glückszahl der Chinesen die 9 und die Unglückszahl 4. Bei Nummernschildern für das Auto muss man unglaublich viel zahlen, wenn die Ziffer 9 drin vorkommen soll. Reiche Leute erkennt man dann recht einfach an der Anzahl an Neunern im Nummernschild. Im Gegensatz dazu gibt es in Hotels meist kein Stockwerk oder Zimmernummer mit der Ziffer 4. Da steht im Aufzug 1,2,3,5,6,7,8.... Danach hatten wir auf der Mauer 2h Zeit. Wir hatten Glück und im Dezember waren recht wenig Touristen da. Wir waren auch flott unterwegs und sind weit gekommen, ohne jegliche andere Touristen (die Stufen waren echt riesig und es ging einfach nur bergauf). Danach gab es dann Mittagessen. Das war auch sehr gut. Das war der Teil für den wir eigentlich gezahlt hatten und es war erst 12 Uhr mittags. Und dann fing es an mit den Scams... Zuerst sind wir in ein "Jademuseum" gegangen (ganz toll alles included). Im Endeffekt wurde uns 5 min etwas über Jade erzählt und dann hatten wir 20 min zum einkaufen Zeit. Danach sind wir zu einer kostenlosen Fußmassage. Die eigentlich nur daraus bestand, dass "tibetanische Ärzte" bei uns beiden durch Händelesen die Krankheiten: Niedriger Blutdruck und Hormonstörungen diagnostiziert haben. Und uns dann ganz tolle homöopathische Medikamente andrehen wollten. Mit den Preisen sind sie dann auch schnell runter auf 200 statt 900 Yuan.. Die Ärzte waren auch ziemlich aggro als wir nichts kaufen wollten. Danach haben wir eine Teezeremonie gemacht, was eigentlich ganz nett war, aber auch nur dem Zweck diente, dass wir Tee, Tassen und Kannen bei denen kaufen sollten. Am Ende waren wir um 16 Uhr schon zurück in Peking und mussten ewig auf unseren Zug warten.
Der Zug nach Shanghai gehört nicht zu unseren klügsten Entscheidungen der Reise. Es gab die Möglichkeit einen Schnellzug zu nehmen, der braucht für die 1000km 5h oder den Bummelzug, der 16 h braucht. Wir dachten, dass Geld sparen wir uns und nehmen den Nachtzug, wir sind ja jetzt Experten im Zugfahren. Günstigste Variante, dass haut schon hin. Am Ende war es die schlimmste Fahrt unseres Lebens. Es waren immer Dreierbänken auf jeder Seite und Tisch in der Mitte. Auf den Bänken hätten normalerweise zwei Personen gerade noch so Platz gehabt.. du da mussten wir 16 Stunden zu dritt sitzen. Die Füße konnte man auch nicht ausstrecken, weil die Leute gegenüber genau ihre Knie schon an unseren hatten. In der Nacht haben dann fremde Leute auf unseren Schultern geschlafen und wurden sauer, wenn man sie sanft weggeschoben hat (anscheinend ist das in China üblich, dass man die Schulter von Fremden als Kissen verwendet). Dann wurde natürlich im Zug geraucht und die Leute haben komische Würstchensuppen gegessen. Die schlaflose Nacht war uns eine Lehre..
In Shanghai angekommen wurden wir von Julia und Felix (Selis Kommilitonen aus Ulm, die ein Auslandssemester in Shanghai gemacht haben) in Empfang genommen. Bei den beiden durften wir die 8 Tage übernachten. Shanghai war nochmal ein bisschen größer als Peking und supermodern mit Skyline und schicken Bars und Restaurants. Hier hatten wir ein paar tolle Tage, vor allem Dank Julia und Felix. Wir haben richtig gut gegessen, weil die beiden in ihren letzten Tagen ihre Lieblingsrestaurants alle nochmal besuchen wollten (unser Glück :D) und dann hatten wir noch Glück, dass wir eine Woche umsonst in einem Fitnessstudio trainieren durften, dass eigentlich eher ein Spa ist (mit Schwimmbad, Freigetränken, Massageliegen...). Beim Feiern Abends war es auch von Vorteil ein europäisches Mädchen zu sein. Man kommt überall umsonst rein und dazu gibt es noch Freigetränke. Wir haben es uns also schon recht gut gehen lassen. Unser Highlight war auch die Wasserstadt Suchou. Die Tempelanlagen und Kanäle waren einfach wunderschön. Vor allem waren auch kaum Touristen da.
Guilin soll ja die schönste Landschaft auf Erden sein, wenn man dem Internet glauben schenken möchte. Gottseidank haben Felix und Julia unsere Erwartungen diesbezüglich schon ein bisschen geschmälert gehabt, weil Guilin halt doch wieder eine chinesische Stadt ist mit allem was dazu gehört: Lautem Verkehr, schlechter Luft und rotzenden und spuckenden Menschen soweit das Auge reicht. Angekommen bei schlechtem Wetter nach einem ganzen Tag Anreise, konnten wir uns nur noch zur Nahrungsaufnahme vor die Haustüre zwingen. Der Tag hatte um halb vier begonnen, weil unser Flieger um sieben hätte den Flughafen verlassen sollen und da die U-Bahn in Shanghai so früh morgens nicht fährt waren wir auch extra im Taxi angereist. Für nichts und wider nichts, weil unser Flug schon lange gecancelt worden ist. Warum? „Comunism Plan canceled it“ . Damit lässt sich auch nicht argumentieren, das ist dann halt nun mal eben so. Wir durften fünf Stunden später in den nächsten Flieger einsteigen, aber mit dem Bus vom Flughafen bei Guilin nach Guilin selbst war’s dann schon abends als wir angekommen sind.
Am nächsten Tag haben wir uns dann die Fahrräder geschnappt und versucht, der Stadt zu entfliehen. Das hat eigentlich nicht funktioniert, weil überall gebaut wird und bebaut ist und wir bis auf wenige Minuten Ruhe immer Straßenverkehr und Hektik um uns herum hatten (wir sind aber tatsächlich um die 40km rausgeradelt). Das wunderschöne Karstgebirge im Hintergrund trotzt den vielen Hochhäusern zwar anmutig, das große Ganze leidet aber schon sehr darunter. Man kann immer noch erkennen, dass Guilin einmal bezaubernd schön gewesen sein muss. Aber eben vor mindestens einem Jahrzehnt. Nach dem ernüchternden Ausflug haben wir auch kurzerhand beschlossen, die Stadt schneller als geplant wieder zu verlassen und uns noch die Nachbarorte anzuschauen. Am nächsten Tag sind wir erst mal noch mit dem Bus zu den zu dieser Jahreszeit trockenen Reisterrassen gefahren und zwischen den Hügeln umhergewandert. Am Folgetag ging’s dann mit dem Bamboo-Boat den Fluss hinab zum Nachbarort Xingping, der endlich so klein und idyllisch war wie wir uns Guilin ursprünglich vorgestellt hatten. Ohnehin war die Flussfahrt atemberaubend. Der Ausblick auf die Karstfelsen ist so schön, dass er den 20 Yuan Geldschein ziert. Wir konnten direkt an den auf der Geldnote abgebildeten Aussichtspunkt laufen. Am nächsten Morgen sind wir dann auf einen der Felsen hoch für noch schöneren Ausblick auf die Landschaft und dann mit der Fähre auf die andere Flussseite zu einer kleinen Tageswanderung zwischen Mandarinenplantagen und dichtem Wald. Endstation der Chinareise war dann das wenig entfernte Örtchen Yangshou, dass mit seiner malerischen Altstadt bezaubert. Und weil hier so viele Touristen sind, haben wir zufällig tatsächlich ein deutsches Restaurant mit deutschem Koch entdeckt, der Seli super leckere Kässpätzle gezaubert hat. Ein bisschen Heimat ganz weit weg 😉 Am nächsten Tag haben wir uns zum ersten Mal aufgesplittet, Seli ist Rad fahren gegangen und auf den Moon Hill gestiegen und Jolene ist zum Klettern. Aber wir waren beide sehr froh, uns am Abend wieder beieinander zu haben!
Als Fazit lässt sich sagen, dass Guilin zwar zunächst enttäuschend war, die Gegend um Guilin aber alles wieder wett gemacht hat und uns sehr viele Momente reiner Glückseligkeit geschenkt hat.