Veröffentlicht: 29.07.2023
Es ist der 11. November 2022. Wir sind nun endlich am Hauptziel unserer Peru-Reise: die ehemalige Inka-Hauptstadt Cusco. Das Mekka für jeden Peru-Reisenden, der die Schönheit und Superlative der Anden und die faszinierende Kultur und Baukunst der Inkas bestaunen möchte.
Die Airbus-Landung auf 3.399 Hm inmitten der Anden und deftiger Turbulenzen ließen den ein oder anderen im Flugzeug Nahtoderfahrungen verspüren und lauthals aufschreien. Der Pilot ist mit stark schwankenden Flügeln sehr solide gelandet und dennoch bekam ich ganz schöne Schweißhände und hoffte, wir machen keine Bruchlandung :-D
Wir bekamen am Flughafen nützliche Infos zu den sogenannten "Local" Bussen oder wie man in Deutschland sagen würde: Personennahverkehr. Für nur 1 Peruanischen Sol (umgerechnet 25 Cent) kann man eine Busfahrt nutzen, egal wie viele Stationen man fährt. Super günstig! Wir fuhren zuallererst ins Zentrum, um zu essen und eine Sim-Karte zu besorgen. Auf dem Weg zur Bushaltestelle, welche nur 5 Gehminuten vom Flughafen entfernt war, merkten wir bereits die "dünne" Luft! Aus 5 Minuten wurden glaub ich 10 Minuten… und das schwere Gepäck wurde noch schwerer.
Auf dem kleinen Wegstück wurden wir von mindestens 10 Taxifahrern angesprochen. Diese wollten uns für 15 Sol ins Zentrum fahren. Ist auch noch günstig, aber die Busverbindung war viiiieeel günstiger, ging schnell ins Zentrum und war definitiv eine Erfahrung wert! Auf den durchlöcherten und teils unbefestigten Straßen und bei dem Fahrstil des Busfahrers musste man sich ganz schön festhalten. Wenn man Glück hatte, hatte man entweder einen Sitzplatz oder es war so voll und eng, dass man gar nicht mehr umherfliegen konnte :-D
Nach unseren Erledigungen ging es nun auf Bus-Suche, denn wir hatten in dem abgelegenen Ort Sencca, unweit von Cusco, eine Hütte für 2 Wochen gemietet. Das Problem bei den Local Bussen ist, dass die Haltestellen nicht mit Schildern versehen sind. Also muss man herausfinden, wo die Haltestellen überhaupt sind und welchen von den ganzen Bussen muss man eigentlich nehmen, um sein Ziel zu erreichen?! Die Einheimischen waren sehr hilfsbereit und mit wenigen Worten wurde uns geholfen in die richtigen Busse einzusteigen. Unsere Hütte befand sich sogar direkt an einer Endhaltestelle, wodurch man diese nie verfehlen konnte. Nach einigen Tagen Busfahren in Cusco wussten wir irgendwann, wo wir den passenden Bus fanden.
Unsere Hütte lag auf 3743 Hm. Genau richtig, um sich 2 Wochen lang zu akklimatisieren. Zudem tat es ganz gut, eine längere Zeit an einem Ort zu verbringen, um runterzufahren. Die Hütte war für peruanische Verhältnisse top ausgestattet. Der ein oder andere würde sagen: "spartanisch", aber es fehlte an nichts, außer an fließend warmen Wasser. Der Druck reichte leider nicht aus, um das gasbeheizte Wasser durch die Leitungen zu befördern. In Peru ist warmfließendes Wasser Luxus! Wir kamen damit aber sehr gut zurecht. Wir kochten einfach jeden Morgen Wasser in Omis Pfeifkessel auf, vermischten dies in einem großen Behälter und gossen uns gegenseitig das aufgewärmte Wasser über die von Kälte zitternden Körper :-) Hier in den Bergen wurde es nachts verdammt kalt. Unsere Bettdecken wogen auch gefühlt 10 Kilo. Hielten dafür super warm! Ein kleiner Holzofen sorgte ebenfalls für kuschelige Wärme im Haus.
Unser Vermieter Raul war das Beste, was uns in Peru passieren konnte! Da er aus der Tourenbranche kam, sprach er gut Englisch und konnte uns alle wertvollen Tipps für unsere Unternehmungen geben. In jedem Tourenbüro in der Stadt Cusco bekommt man lediglich die Info: Nur mit Guide. Von wegen… Wenn man nicht gerade einen Reisebericht im Internet findet, der unabhängig nützliche Infos gibt, dann findet man auch dort keine Beschreibung "ohne Guide". Ja, es ist mitunter die Haupteinnahmequelle in Peru, doch Nico und ich sind keine Fans von geführten Touren. Wir wollen nicht von einer Reisegruppe oder dem Tourenguide abhängig sein. Raul war so cool und gab uns den Hinweis, es ist alles auch ohne Guide möglich (außer der Inka Trail). Unsere Pläne: Die Regenbogenberge, eine Quadtour, Klettern, den Salkantay Trek und ganz klar: Machu Picchu!
Die erste Woche bekam ich eine fette Erkältung, sodass wir nicht viel machen konnten. Ab und zu fuhren wir nach Cusco rein, schauten uns die schöne Altstadt mit den alten Inka-Mauern und den darauf errichteten Kolonialbauten an und suchten niedliche, kleine und gemütliche Cafés auf. Es war auch schön, die Ruhe in dem kleinen abgelegenen Dorf zu genießen, als auch das Dorftreiben nach peruanischer und alttraditioneller Art der Inkas zu beobachten.
Nico erwischte die Erkältung kurze Zeit später ebenfalls. Doch wir konnten in der zweiten Woche zumindest eine Quadtour in der Umgebung sowie eine Wanderung zum Hausberg Sinqa auf 4406 Hm starten und die unglaublich schönen und beeindruckenden Regenbogenberge besuchen.
Quadtour zum Puray See und Laguna Cusiqocha auf 4200 Hm
Dank Raul bekamen wir die Quads von einem Bekannten um die Ecke vermietet. Wir konnten ohne Guide in die Berge düsen. Geil! Na gut, düsen war übertrieben, denn die Quads hatten so wenig Leistung bei dem geringeren Sauerstoffgehalt, dass die Fahrzeuge bergauf ganz schön zu kämpfen hatten. Als wir in ungefähr 4000Hm kleinere Steigungen hatten, soffen die Maschinen regelrecht ab. Nico half nach und schob beide Quads nach oben während ich Gas gab. Doch Nico kippte fast selbst aus seinen Latschen, da er nicht genug Sauerstoff bekam. Also ließen wir die Quads auf den letzten Metern stehen und liefen zu unserem Ziel: Laguna Cusiqocha. Die kleine Lagune lag mitten im Nichts und war umgeben von der rauen, schroffen und doch beeindruckenden Bergwelt. Wir genossen einen kleinen Augenblick die Umgebung und liefen dann wieder zurück zu unseren Quads.
Auf dem Rückweg passierte es dann. Nicos Quad zündete nicht mehr. Oh Mist... Treibstoff war noch genug drin und der Choke für die Einspritzung des Luft-Gas-Gemisches in den Vergaser war ebenfalls richtig eingestellt. Komisch... Da es zum Glück bergab ging bis zum nächsten Dorf, rollten wir mit dem Quad hinunter. Dort versuchten wir weiter herauszufinden, wo das Problem lag. Alla Melli Hemp, wie Nico sagen würde, setzte ich noch einen oben drauf! Mir fiel doch tatsächlich der Zündschlüssel in den Motorraum… Ey, da war nur ein kleiner Spalt zwischen Verkleidung und Motor und ausgerechnet da fällt mir der Schlüssel rein!!! Nico konnte es nicht glauben! Obwohl, bei mir schon… :-D
Nun gut, Ruhe bewahren und Dorfbewohner um Hilfe bitten. Und immer wieder macht man die gleiche Erfahrung: Dort wo die Ärmsten leben, sind die Menschen am hilfsbereitesten. Ein Dorfbewohner gab uns einen Schraubendreher, womit wir wieder an den Schlüssel kamen und eine Bewohnerin gab uns ihr Telefon, um Raul zu kontaktieren. Er kannte das Problem, gab uns den Hinweis den Hauptschalter aus und wieder an zu schalten und voilá! Es lief wieder! Supi, kamen wir doch ohne große Probleme wieder zurück.
Wanderung zum Berg Sinqa auf 4406Hm
Generalprobe. Nach 12 Tagen Akklimatisierung und Treppentraining im Haus versuchten wir eine Wanderung auf den nahegelegenen Hausberg Sinqa mit knapp 700 Hm Steigung. Und glaubt mir, Aufregung war da. Allein die 11 Treppenstufen im Haus waren jedes Mal eine Herausforderung. Pumpend wie ein Maikäfer kamen wir auf's Klo oder ins Bett. Sogar mitten in der Nacht hatten Nico und ich zeitweise Atemaussetzer. Die Höhenluft ist definitiv nicht zu unterschätzen! Sex in der Höhe konnte auch schnell mal zu einem gefühlten Marathonlauf werden :-D
Wir stopften uns Cocablätter in die Wangentaschen und los ging's. Die Pflanze half tatsächlich. Ich bekam keine Kopfschmerzen mehr und der Kreislauf blieb im Gleichgewicht. Gegen die dünne Luft hilft es nicht. Mit sehr langsamen Schritten suchten wir unseren Atemrhythmus und zwischendurch mussten ab und zu kleine Atempausen eingelegt werden. Asthmatiker Nico galt besonderer Vorsicht. Doch trotz des geringen Sauerstoffes kam es bei ihm zum Glück nie zur absoluten Atemnot und wir erreichten das Gipfelkreuz. Die Aussicht war klasse! Nun konnten wir einen Schritt weitergehen: und zwar auf über 5000 Hm zu den Regenbogenbergen…
Die Regenbogenberge Vinicunca auf 5036 Hm
Wow! Wooowww! Und nochmal Wooowww! Was für ein Anblick! Bei Sonnenstrahlen kommen die Farben so richtig schön zur Geltung. Der Aufstieg von 4600 auf 5036 Hm war unglaublich anstrengend und ging ans Limit, vor allem für Nico, aber wir haben's geschafft! Wenn man endlich oben ist am Aussichtspunkt und rüber schaut zum Vinicunca und die schneebedeckten Andenmassive, dann bleibt die Kinnlade unten und das Erstaunen und die Bewunderung nehmen kein Ende!
Wieder Dank Raul konnten wir seinen Toyota Jeep mieten und die Fahrt zu den Regenbogenbergen auf eigene Faust antreten. Dadurch hatten wir einfach die Zeit in unserem Tempo den Weg nach oben zu laufen und so lange, wie wir wollten, konnten wir die Aussicht genießen. Zudem hatten wir die Möglichkeit den Aufstieg hinüber zum "Roten Tal" anzugehen. "Willkommen. Sie haben den Mars erreicht.". Wäre man aus einer Raumkapsel gestiegen, hätte man wirklich glauben können, auf dem Mars gelandet zu sein. Wahnsinn, was die Natur alles hervorbringt!
Auf unserer Heimfahrt hatten wir noch eine schöne Begegnung mit drei Alpaka-Grazien: Britney, Sherley und Chantal. Ich ließ die Fensterscheibe vom Auto herunterfahren und grüßte mit einem freundlichen "Ola". Konnte froh sein, dass ich nicht angespuckt wurde... Aber herrlich, wie die entzückenden Tierchen an einem vorbei stolzieren :-D
Nun erwartete uns das nächste anstrengende Abenteuer in den Anden. Wir konnten den Großteil unseres Gepäcks in Rauls Hütte lassen und mit Wandergepäck die 7-tägige Wanderung des Salkantay Trek bis zum Machu Picchu anstreben. Voller Vorfreude und Aufregung was uns erwartet, zogen wir am frühen Morgen los…