Veröffentlicht: 28.10.2018
Neun ganze Tage werden wir in Bagan bleiben, erklären wir dem Taxifahrer, der uns nach unserer Ankunft zum Hotel bringt, und ernten ungläubiges Staunen. Eine Reaktion, die uns während unseres Aufenthaltes begleitet. Neun Tage seien eindeutig "too long", so meinen die Einheimischen. Wieso eigentlich? In Bagan gibt es auf 40 km2 ungefähr 3.400 Bauwerke: Stupas, Klöster, Schreine ..., die meisten aus der dem 11. bis 13. Jahrhundert. Old stuff also. Selbst in neun Tagen kann man nur einen Bruchteil besichtigen. Fährt man durch die Landschaft, schauen überall die Spitzen der vielen Ziegelbauten über die Bäume, wie ein Wald von Pagoden.
Ich kenne diese Reaktion aus den Reiseberichten im Internet. Nach längstens drei bis vier Tagen haben die Touristen und -innen in der Regel genug und beginnen an Pagoditis zu leiden. Wir sind offensichtlich langsamer von Begriff und beginnen nach drei Tagen erst so richtig zu sehen, was wir da an uns Fremdem besichtigen. Langsam erkennen wir die Details in den Stuckverzierungen wieder. Nach und nach können wir nachvollziehen, wie sich die Architektur mit der Zeit verändert hat - das hat sie nämlich, nur ist das für unsere ungeübten Augen erst nach einer Weile zu sehen.
In über 300 Gebäuden gibt es zudem Wandmalereien, deren Stil und Motive uns rein gar nichts sagen. Ich finde es aber auch in Europa besonders lustig, Fresken zu besichtigen, deren Geschichten ich so wie Comics lesen kann - auf denen ich die Heiligen und ihre Legenden erkenne. Immerhin weiß ich jetzt schon, dass Buddha bei seiner Geburt aus der rechten Hüfte seiner Mutter Maya geschlüpft ist (bereits mit gekreuzten Beinen wohlgemerkt), während sie sich im Stehen (!) auf ihre Schwester stützte. Buddhas Geburt erkennen wir also, wie wir das Jesuskind, Maria, Josef, Esel und Stier identifizieren. Unsere Stirnlampen machen uns zwar noch auffälliger, als wir Europäer und -in hier ohnehin schon sind, leisten uns dabei aber in den meist dunklen Tempeln gute Dienste.
Und dann kann ich auch nur eine beschränkte Anzahl von Infos pro Tag aufnehmen: Wenn ich acht Gebäude erforscht habe, reicht mir das, ansonsten bringe ich alles durcheinander - auch weil wir viel mit dem Rad unterwegs sind, also auch noch ungewohnt viel Sport betreiben. Ein freier Nachmittag (wie heute) ist ganz gut für die steifen Haxen. Die Tontafeln mit Szenen aus dem Leben Buddhas aus dem frühen 11. Jahrhundert heute Vormittag waren ein Hit und dürfen am Hotelbalkon zum Espresso aus der Moka elettrica und bei der Lektüre von George Orwells "Burmese Days" weiterwirken.