Veröffentlicht: 05.09.2018
Wieder mal fast unbemerkt, wechseln wir das Land und fahren Polen rein. Erst mal ins erste Städtchen reinfahren, Zloty´s holen und einkaufen. Als ich die Preise im Supermarkt sehe, kriege ich große Augen!! Echt oder? Littauen war schon billig, aber das hier ist der Knaller. Ich höre unsere Reisekasse jauchzen und wir machen erst mal Großeinkauf. Unser erstes Ziel: Die Masuren. Ein Gebiet, dass ca. 3000 Seen hat will erkundet und erpaddelt werden (schließlich haben wir ein Kanu dabei). Aber erst mal eine Nacht auf nen Campingplatz, um anzukommen, im neuen Land.
Wir finden den Campingplatz von Heinz Grundel - ja richtig gehört - ist ein Deutscher aus dem Rheinland, der eine Polin geheiratet hat, und hier einen tollen Campingplatz in seinem riesigen Garten gebaut hat. Er führt uns stolz rum, und wir staunen nicht schlecht. Überall an den Plätzen sind sogar Wassersäulen mit Trinkwasser - das ist ja echt mal ein toller Luxus. Als er uns dann zum Schluß das Bad zeigt, kriege ich Kulleraugen und mir fällt die Kinnlade runter. Ein Luxusbad aller erster Klasse. So eins hatte ich schon 4 Monate nicht mehr... ich sehe mich schon ausgiebig duschen juhuu. Wir stellen uns ganz nach hinten ins Eck auf der riesigen Wiese (wir mögens nicht so eng :)) und beobachten abends wieder mal was echt kurioses. Ein Berliner Rentnerehepaar fährt ein. Wie schon gesagt, der Platz ist riesig und fast leer. Aber die Rentner stellen sich mit ihrem Womo direkt vor ein Hauszelt, dass da aufgebaut ist. Die Besitzer sind nicht da, und wir sind gespannt, was die wohl sagen werden. Es dauert auch nicht lange, und eine junge Familie fährt ein... mit Kind und Hund... Der Vater kriegt fast Schnappatmung als er diese Unverschämtheit sieht. Es dauert nicht lange, und die zwei haben sich in der Wolle. Die Rentner beschweren sich über das Kind, über den Hund, über das Feuer und den Rauch, der zu ihnen ins Womo zieht. Der Chef wird geholt und will schlichten und bittet den Berliner doch etwas zur Seite zu fahren und einen respektvollen Abstand zu halten. Dieser weigert sich (ist das nicht frecht??)... und so streiten sich die zwei in den Abend hinein. Wir schämen uns fremd für so eine dreiste Unverschämtheit. Es ist doch nicht zu fassen manchmal...wir hatten das ja auch schon öfter.... und es kommt uns doch etwas bekannt vor. Wir gehen früh ins Bett... ganz hinten in unserer Ecke... ganz allein... und ganz ohne Streit :)
Am nächsten Morgen simsen wir mit Daniel und Susanne. Die zwei standen in Norwegen schon mal neben uns, in Tallin haben wir uns wiedergetroffen und einen super-netten Abend miteinander verbracht... und wie der Zufall es will (die zwei sind auch ein Jahr unterwegs und haben eine ähnliche Tour wie wir).. .sind die zwei in der Nähe. Und Susanne hat auch noch Geburtstag. Wir verabreden uns.. .und los gehts zu ihrem Platz. Dafür müssen wir ordentlich durchs Hinterland eiern. Die Straßen auch hier mehr Schicksalsteppich als Strasse. Es rumpelt und alles wackelt im Knut. Unser Hund ist einigermaßen angenervt und zieht ein langes Gesicht. Bei dem Gewackel, findet sie keine Ruhe. Auch unser Knut muss wieder mal ordentlich was einstecken -die letzten Monate... Schicksalsteppiche, Flickenteppiche und Schotterpisten... täglich! Wir haben auch immer noch dieses kleine, aber nicht unerhebliche Problem mit unserem ABS. Im Schrittempo bremsen, löst das ABS aus. Ansonsten haben wir volle Bremsleistung (also keine Panik Mama und Oma:).. aber bevor wir in der Slowakei die ganzen Pässe fahren.. müssen wir was unternehmen. Ich gehe auf dem Weg zu Daniel und Susanne schnell alleine in den Supermarkt. Butter und Brot kaufen. Ich habe mal wieder mein geliebtes schulterfreies Buddah-Tshirt an, ein polnischer Landsman um die fünzig sieht mich.- Kommt her... redet auf mich ein in polnisch... Ich nix verstehen... Deutsche..! Er fasst mir immer wieder in die Haare und zeigt auf meine Wange. Er will mich küssen?! Ich höre immer wieder scheene deutsche Mädchen - scheene deutsche Mädchen. Er reißt mich in seine Arme und riecht an meinem Hals (das hätte er mal gestern tun sollen, vor der heißen tollen Dusche). Dann busselt er mich immer wieder auf die Backen. Ich stehe einigermaßen perplex, überfordert und hilflos da (die Hände voll mit Butter und Brot). Eine Verkäuferin ist dann der rettende Engel und erlöst mich. Redet auch noch in polnisch auf mich ein... oh mein Gott... schnell schmeiße ich ein paar Zloty auf den Tresen und nix wie raus hier. Ja ja die sind schon sehr herzlich die Polen!!
Wir fahren weiter zum vereinbarten Treffpunkt zu Susi und Daniel. Unser Weg führt uns, na klar weiter über Schotterpisten. Irgendwann stehen wir mitten in einem ziemlich verfallen Bauernhof am Arsch der Welt und unser Navi sagt: Sie haben ihr Ziel erreicht! Wir sind einigermaßen ratlos und checken nochmal alles. Shit Shit Shit... ein Zahlendreher hat sich eingeschlichen... also alles wieder zurück (habe ich schon erwähnt.. ich liebe Schotterpisten)... und 30min später haben wir die zwei dann erreicht. Wir haben einen tollen Platz bei einer polnischen Familie im Garten. Wieder ein sog. Agrotouristik-Campingplatz. Das sind privat-geführte Campingplätze von polnischen Familien. Wer einen Garten an einem schönen Ort hat... hat einen Campingplatz... meist zu sehr sehr günstigen Preisen. Wir checken ein und dann kriegt Susi erst mal ein Geburtstagsständchen und ein paar Blumen. Wir quatschen in den Mittag. Kilian verschwindet zwischendurch immer wieder klammheimlich in den Bus unter dem Vorwand, er muss dringend Büro machen (ja klar).. und backt einen leckeren Schokoladenkuchen für Susanne (unserem tollen Campingbackofen sei dank... danke Mädels... das ist ein tolles Teil). Susie freut sich, hat sie doch damit gar nicht gerechnet. Wir schlemmen und quatschen in den Abend hinein. Dann wird noch lecker gegrillt und Daniel zeigt uns seine tollen Drohnenvideos, die sie in Island gemacht haben (da waren die nämlich ganz zu Beginn ihrer Reise schon). Wir sind begeistert und sicher... Island muss auch noch besucht werden... irgendwann). Im Dunkeln sitzen wir immer noch zusammen am Teich... inmitten Polens intakter Natur. Die Frösche quacken, die Fische springen, die Grillen zirpen, der Storch nebenan im Nest klappert und die Fledermäuse fliegen über den See. Besser gehts nicht! Am nächsten Morgen frühstücken wir noch zusammen und dann trennen sich unsere Wege wieder (wie schade). War das mal wieder nett mit den Beiden... wir sind sicher... dass war nicht das letzte mal.. und wenn es erst nach unserer Reise ist.
Wir fahren weiter die Masuren erkunden. Ganz im Süden, nach einem ziemlichen Irrweg, finden wir dann zur Entschädigung (google sei Dank) den hammer-spitzen-geilen Platz. Direkt am See, mit eigenem See-Zugang für 5 Euro die Nacht. Dieser Platz ist einer der staatlichen Plätze. Es gibt kein Wasser und kein Strom, dafür einen tollen Stellplatz am Wasser und Platz... gaaanz viel Platz :) Wir beschließen, zwei Tage hierzubleiben. Eine Fahrpause ist toll.. findet auch unser Hund...Wir sind umgeben von polnischen Landsleuten und stellen fest, dass wir die einzigen "Ausländer" sind. Das macht aber gar nichts aus. Die Polen sind super herzliche Menschen und überall kommt einem ein freundliches czien dobri (hallo) entgegen. Wir kommen auch gleich ins Gespräch mit ein paar Leuten. Hunde dürfen frei rum laufen. Endlich mal wieder. Amy freut sich und entdeckt auch gleich einen Artgenossen. Wir geniessen diesen tollen Platz, gammeln in den Tag hinein mit lesen, schlafen, spielen und essen. Abends werden überall Lagerfeuer angezündet. Es müssen mindestens 20 sein.. den ganzen See entlang (das Geländer ist riesig). Wir waren auch im Wald und haben Holz gesammelt und machen auch ein Feuer an. Kilian geht angeln, ich mache Feuer, sitze da und geniesse den Augenglick. Man hört Kinderlachen, Hunde bellen, Musik , Menschen lachen... mir wird (wieder mal) bewusst, was für ein Privileg wir haben, so reisen zu können, wie wir es grade tun. So viele tolle Länder liegen hinter uns... soooo viele folgen noch... so viele netten Menschen haben wir schon kennengelernt.. und werden wir noch kennenlernen. Ich schicke ein DANKE DANKE DANKE ans Universum und bin einfach so richtig zufrieden (und mal wieder so richtig angekommen:r in Polen).
Am nächsten Tag, bauen wir unser Boot auf und paddeln den See ab. Kaum losgefahren, wir kommen an einem Schilfgürtel vorbei, sehen wir eine Bewegung im Schilf. Plötzlich kommt ein Biber mit Schilfvorrat im Maul vorbeigeschwommen. Ist das nicht toll? Er sieht uns erst nicht, aber als ich meine Kamera zücken will, sieht er die Bewegung und verschwindet unter Wasser (schade aber auch). Wir paddeln den glatten See ab und unser Boot gleitet lautlos übers Wasser. Was für ein Spaß. Am nächsten Tag verspüren wir immer noch keinen Drang zusammenzuspacken und weiterzufahren. Zu schön ist der Platz hier. Wir beschließen nochmal einen Tag ranzuhängen mit Faullenzen und Nichtstun.
Am nächsten Tag besuchen wir die Stadt Mikoljki. Ein Städtchen, rein auf Touristen ausgelegt. Wir staunen nicht schlecht, wieviel hier los ist und wieviele Souvenierstände es hier gibt. Wir schmeißen uns ins Getümel und flanieren die Hafenmeile entlang. Vorbei an unzähligen Bootsverleihen, Souveniershops und Restaurants. Wir essen einen Eisbecher (wie es sich gehört für Touristen), aber dann haben wir auch schon wieder genug von dem vielen Trubel. Da wir Wasser im Bus brauchen, beschließen wir, wieder einen Campingplatz anzusteuern (die sind aber auch toll billig hier). Wir kommen durch kilometerlange traumhafte Alleen, vorbei an Wiesen, Feldern und durch tolle Dörfer. Hier sind die Häuser überall schön gerichtet, und nur selten sieht man noch verfallene Häuser oder Sowjetbauten. Man merkt, Polen ist im Aufwind... es tut sich ungeheuer was in diesem tollen Land. Dann finden wir wieder einen tollen Camingplatz im Garten einer polnischen Familie. Direkt an einem See mit eigenem Seezugang.... was will man mehr? Der Platz ist leer und der freundliche Chef erklärt uns, dass die Saison zu Ende ist (hurra hurra... dann wirds ja noch leerer im Land - aber ok... dann kommt auch der Herbst - also nur ein verhaltenes hurra). Abends findet dann doch noch eine kleine Party von Verwandten auf dem Platz statt (da hat der Chef mal nix gesagt davon), aber wir denken uns: Leben und leben lassen... junge Leute sollen feiern...
Am nächsten Morgen haben wir ein strenges Programm vor uns: Die Wolfsschanze - Das Führerhauptquartier von Adolf Hilter und seinen psychopathischen Helfern. Dort angekommen, parken wir unsern Knut, und ich kriege schon das erste mal das große Kotzen!! Irgendwelche militärbegeisterten Ostdeutschen Typen aus Stendal sind in einer riesigen Kolonne vorgefahren. Mit dabei Original Kriegsfahrzeuge. Motorräder mit Beiwagen, Kübelwagen und und und... und alle in Original Soldatenuniformen... mit Orginal Feldflasche... original Helmen...halt alles in Original Kriegzubehör. Meiner Meinung nach, haben die hier nix zu suchen... in meinen Augen, ist das Kriegsverherrlichung und ich rege mich maßlos darüber auf. Dann gehts rein in das Nest des Bösen. Wir sehen im Wald verteilt riesige alte Bunker und alte halbverfallene Gebäude. Die Bunker mit 10Meter!! dicken Wänden und 8Meter !! dicken Decken. Das liest sich so daher, aber man muss das echt gesehen haben. Fast unzerstörbare Kolosse im Wald. Wir sehen den Bunker von Göring, das Gebäude, indem Stauffenberg das Attentat verübt hat (das leider schief ging) und dann stehen wir vor der Nr. 13. Adolf Hitlers persönlicher Bunker!! Stille macht sich breit. Wir sitzen auf der Bank davor und es ist ein komisches Gefühl zu wissen, dass hier einer der größten Psychopathen und Massenmörder der Zeitgeschichte ein und aus ging. Mir fehlen etwas die Worte, meine Emotionen zu beschreiben...(ich brauche zwei Tage um das hier aufschreiben zu können). Wir beenden unseren Rundgang in einem letzten Gebäude, indem zwei Panzer stehen. Es hängen Bilder von Soldaten und Kindersoldaten an der Wand. Auf einer großen Leinwand werden in Dauerschleife Bilder von Soldaten, Frauen, Kindern und zerstörten Gebäuden abgespielt. Zwischendurch singen irgendwelche berühmte Persönlichkeiten traurige Antikriegslieder. Es stellt mir die Haare an den Armen zu Berge in diesem Raum. Dann kommen polnische Familien mit jungen Buben rein. Die Jungs eingekleidet in Soldatenuniformen. Sie machen Blödsinn, grölen und lassen sich von ihren Eltern in "lustigen" Posen vor den Panzern fotographieren. Mir reichts entgültig... haben die Eltern denn nix dazu gelernt?? Ich will raus!! Ganz schnell!! Zum Schluß sehe ich im Souvenirshop noch Gasmasken und ähnliches zu kaufen!! Nix wie weg hier!! Dieses grausige Stück Zeitgeschichte will man gar nicht mehr so recht an sich ran lassen. Ich finde es gut, dass die Wolfsschanze als Mahnmal zu besichtigen ist (auch wenn manche Menschen hier nicht hergehören) und ich ziehe den (nicht vorhandenen) Hut vor den Polen, wie offen sie damit umgehen, und wie herzlich und freundlich sie trotzdem sind.
Unser Weg führt uns Richtung Küste. Wir haben die "tolle Idee", durchs Hinterland zu fahren (schließlich wollen wir ja was sehen von Polen). Wir kommen durch traumhafte Alleen. Was wir nicht miteinberechnet haben bei unserer tollen Idee, sind die Straßen. Das darf man wirklich nicht mehr Straße nenne. Mehr als 40km/h sind nicht drin. Alles wackelt im Knut und wir rumpeln über die Straße (für 4Stunden). Völlig entnervt, geben wir irgendwann auf und beschließen uns, einen Campingplatz zu suchen: Wir landen (wieder mal) bei einer super-netten polnischen Familie im Garten. Ihr Border-Colli-Mix versteht sich gleich prächtig mit Amy und wenigstens beim Hund ist dieser Straßenalptraum schnell vergessen. Wir gehen früh ins Bett... der Tag war aufwühlend und anstrengend... ich bin froh, dass er vorbei ist.
Am nächsten Morgen (der Plan war, an die Ostseeküste zu fahren), beschließen wir, jetzt endlich unser ABS-Problem anzugehen. Schon seit Estland muckt immer wieder unser ABS im Schritttempo auf, und da die slowakischen Pässe vor der Türe stehen, wäre es doch nicht so schlecht, wenn unsere Bremsen einwandfrei funktionieren. Also google an: nächster Mercedeshändler mit Werkstatt in Olsztyn!! Nee bitte nicht. Da kommen wir her!! Shit shit shit!!! Aber hilft nix, wir finden dann zum Glück eine Straße, die sich auch Straße nennen darf und eineinhalb Stunden später stehen wir bei Mercedes-Benz. Wir erklären unser Problem so gut es geht in Englisch.. alles klar... Tür geht auf... Hebebühne wird leergemacht und wir dürfen direkt (ohne Termin) drauf fahren. Beim Einfahren in die Halle, kriegen alle Mechaniker große Augen und ein Grinsen ins Gesicht. Unser Knut kommt gut an!! :) Pawlo (Chef) gibt sich alle Mühe und erklärt seinem Mitarbeiter was zu tun ist. Nämlich Reifen runter, Bremsen runter und schauen was los ist. Wir werden in den Warteraum geführt. Kaffeemaschine erklärt, polnisches Fernsehen an, Holzofenpizza beim Pizzaservice (ja wirklich) bestellt und dann heißt es warten. Irgendwann ist klar. Der ABS-Ring ist runtergerutscht. Einen neuen gibts nicht so schnell, dafür ist unser Auto zu alt. Also wollen sie irgendwo (wo auch immer) einen Superkleber bestellen und den Ring wieder aufkleben. 30min später ist der Kleber dann auch da... wird draufgeklebt... bisschen trocknen... Probefahrt.... fertig!! Das nenn ich mal polnischen Service (würde das gerne mal deutschen Mercedeswerkstätten vorschlagen, dass sie Pizza beim Pizzaservice für ihre Kunden zur Überbrückung der Wartezeiten bestellen). . Während der Wartezeit, machen wir noch einen kleinen Spaziergang durchs Industriegebiet. Wir entdecken einen Großhändler "für alles". Ich geh rein, denn wir brauchen einen neuen Tritthocker zum einsteigen in den Bus (unser alter ist "natürlich" unter mir, als ich elfengleich aus dem Bus steigen wollte, zusammengebrochen)... ja ja spott spott... ich weiß - aber zu meiner Verteidigung - er war schon 10 Jahre alt :)!! Also ich geh rein in den Laden und komm nicht wirklich "rein". Die Verkäuferin erklärt mir im schlechten Englich, dass ich einen Mitgliedsausweis brauche. Habe ich aber nicht. Ich erkläre mit Händen und Füßen.. Holiday... Hocker.... usw. - Der Chef sieht mich durchs verglaste Bürofenster und kommt gleich rausgeeilt. Ich erkläre ihm auch nochmal was ich will - und siehe da!! - Höchstpersönlich werde ich von ihm in die "Hockerabteilung" geführt. Und das steht er: ein toller Hocker mit Riffelblechverstärkung!!! Quasi ein Schwerlasthocker (nicht dass wir den bräuchten)... ich find ihn toll und der Chef murmelt was von 80 Zloty. Ich denke ok... dass sind ca. 20 Euro... nicht billig... aber ist ja auch ein "Schwerlasthocker". Dann geh ich an die Kasse und zahle mit Kreditkarte!!!... als ich den Kassenbon sehe, steht da 8!!! Zloty!!! drauf! Das sind ca. 2 Euro (die ich mit Kreditkarte bezahlt habe). Nicht zu fassen... Polen flasht mich immer wieder... Wir holen unsern Knut ab, zahlen die Rechnung (billig!!) und checken in der Stadt im Spahotel am See ein. Ein bisschen Luxus muss sein, nachdem die Bremsen billiger als gedacht waren... und morgen gehts in die Stadt zum shoppen... irgendwo werden wir unser Geld schon noch los :)
Am nächsten morgen fahren wir ins Städtle. Es ist total stressig hier in Olsztyn (Allenstein). Überall Baustellen, Ampeln... viel Verkehr. Ich geh nur kurz in einen Laden rein und komme mit einer riesigen Tüte voll T-Shirts, Longsleeves und Kapuzenpullis raus. 10 Teile für 50 Euro. Polen ist toll :)... dann haben wir doch beide schon wieder genug von dem Stress hier. Wir wollen raus... raus aufs Land... Unser Ziel: Die Ostseeküste... schließlich haben wir bald lange kein Meer mehr. Auf unserem Weg dorthin, kommen wir am Elbkanal vorbei. Wir sind neugierig. Hier soll es einen Aufzug für Schiffe geben. Das wollen wir uns näher anschauen. Wir checken ein auf einem Campingplatz (der eigentlich nur eine Wiese mit Dixi-Klos im nirgendwo ist). Aber tatsächlich. Schon von weitem sehen wir ein Schiff den Berg hinaufschweben. Was? Wow? Nix wie hin.. die Neugier ist geweckt. Und tatsächlich haben hier ein paar findige Architekten eine gute Lösung für ein Problem gefunden. Und das schon im Jahr 1845. Es ging darum, wie man Schiffe über eine Strecke von 48 km und einem Höhenunterschied von 106m den Kanal hinaufbringt. Früher hat man die Waren, wie Holz, Baumaterial, Steinkohle usw. über die Weichsel gefahren... der Weg war aber viel weiter. So haben die schlauen Jungs damals (1845!!) diesen Aufzug gebaut. Wir sehen nur einen Teil davon... er ist über mehrere Gebiete verstreut. Ein Schauspiel ohnes gleichen. Die Dampfer fahren ein in den Kanal, fahren in einen riesigen Gitterwagen, der da im Wasser liegt... der zieht dann dass Schifflein mit einem Endlosdrahtseil, mit Wasserkraft betrieben den Berg hoch. Oben gehts wieder raus aus der Gitterbox... und weiter fährt das Schifflein. Ein tolles Spektakel, dass jetzt nur noch zu Toruistenzwecken - mit Touristenbooten in Betrieb ist und unter Denkmalschutz steht. Aber schön das mal gesehen zu haben.
Am nächsten Morgen gehts weiter Richtung Küste. Wir wollen in das "Frische Haff". Eine 40km lange Landzunge bei Elblag, die ins Meer führt. Auf der Hälfte ist dann finnito... denn da ist die russische Staats grenze. Wir finden einen günstigen Campingplatz. Von hier aus kann man am (tollen) Sandstrand entlang bis zur Grenze laufen. Gesagt getan... wir wackeln los Richtung Osten. Immer schön am Wasser entlang. Nach 2,5km sehen wir einen Zaun. Als wir ganz dran sind, ist es dann doch ziemlich unspektakulär das ganze. Ein riesiges Stopschild steht da hinterm Zaun und eine Tafel die einem anzeigt, das hier Russland beginnt (ca. 50km bis Kaliningrad (königsberg) und ein Wachturm der nicht belegt ist. Wir knipsen ein paar Bilder und fühlen uns unbeobachtet. Kilian streckt seinen Fuß durch den Zaun und setzt ihn auf russischen Boden. Wir lachen und ich knips ein Foto. Halb Kilian in Polen... und mit einem Fuß in Russland. Hihi... 3min später kommt eine Grenzpatroullie über die Düne. Bewaffnet mit Feldstecher und super-bösem Blick... fanden die das gar nicht so lustig wie wir (komisch). .. uupppsss ... wir ziehen uns unauffällig (und ziemlich kleinlaut) zurück auf polnischen Boden... nix wie weg hier (auf dem Schild steht was von 3 Jahre Haft für Missachtung). Wir wackeln brav zurück Richtung Campingplatz, gönnen uns auf dem Rückweg an der Strandbar noch ein Bier. Alles gut gegangen puhhhh :). Zurück auf dem Campingplatz (der mitten im Dorf ist), haben wir eine Begegnung der dritten Art. Die Besitzerin hat uns schon vorgewarnt, dass es hier Wildschweine gibt (echt, mitten im Dorf ja genau!), die aber nicht aggressiv sind. Wir stehen mittags um vier bei strahlendem Sonnenschein am Bus (und freuen uns dass wir nicht verhaftet wurden)... und plötzlich (das gibts doch nicht) wackelt ein riesiges Wildschwein vorbei... schaut mal eben beim Nachbarn (der nicht da ist), ob der vielleicht was essbares draussen liegen lassen hat. Hat er nicht.. gemütlich wackelt die Sau weiter. Wir hören es nebenan im Schilf rüsseln... und siehe da... eine ganze Wildschweinfamilie gräbt da den Boden um. Toll. Natur pur in Polen!.
Am nächsten Morgen packen wir zusammen und fahren weiter Richtung Danzig (das wir nur durchfahren werden - Mann und Hund haben deutlich gemacht, dass sie nicht schon wieder Lust auf Stadt haben - Schade eigentlich). Aber ich füge mich - es kommen noch so viele Städte auf unserer Route. In Mikoszewo nehmen wir die niedliche kleine Fähre (die mit einem Drahtseil gezogen wird) über die Weichsel (die quert nämlich unsern Weg). Die Fähre ist so klein, es passen gerade eine Handvoll Autos drauf. Während wir warten, sehen wir ein großes Mahnmal. Hier, genau an dieser Stelle ist am 25.4.1945 die letzte Fuhre Menschen von den Nazis angekarrt worden und ins nahegelegene KZ Stuttenhof gebracht worden. Darunter über 300 Säuglinge und Kleinkinder!!! Überlebt hat keiner!! Polens traurige Geschichte ist überall präsent- wohin man schaut.
Abends finden wir einen Übernachtungsplatz in einem stillgelegten Hafenanleger an der Weichsel bei Chelmza. An der Hafenkante mehrere Grablichter!! Echt? Wir denken uns noch nix dabei und schlagen unser Lager auf. Abends kommt die Polizei zum patroullieren. Sie sehen uns, haben aber wohl kein Problem damit, dass wir hier übernachten wollen. Es ist gut was los hier am Ufer der Weichsel. Viele Menschen kommen zum Sonnenuntergang. Darunter auch viele junge Polen... hier scheint ein beliebter Treffpunkt zu sein. Egal... wir schlafen gut die Nacht. Am nächsten Morgen wachen wir auf... da patroulliert schon wieder die Polizei (sogar mit Hund, den Amy gleich mal anfallen will). Hier scheint doch ein ziemlicher sozialer Brennpunkt zu sein. Wir sind froh, dass grad kein Wochenende ist, denn dann wollten wir hier nicht übernachten.
Wir fahren weiter. Unser Ziel heute Torun. Ein Mittelalterstädtchen in Mittelpolen :) Dort angekommen, schnell auf dem Citycampingplatz eingecheckt ( besser in der Großstadt)... wackeln wir über die Weichsel in die Altstadt hinein. Wir haben nix erwartet und da bewahrheitet sich mal wieder: Erwarte nichts... und du bekommst alles. - Was für eine wahnsinns-tolle alte Stadt aus dem 13.Jahrhundert. Sie wurde im Krieg verschont und ist deshalb super erhalten. Wir laufen staunend durch die alten Gasse. Die Stadtmauer ist fast komplett erhalten. Hinter jeder Biegung kommt ein erneutes Ahhh und Ohhh über unsere Lippen. Wunderschöne Gebäude wie das Altstädtische Rathaus, das Stadttheater, die Ordensburg, das Ordensschloß und natürlich Kirchen, Kirchen und nochmals Kirchen. Wunderschön anzusehen und das beste hier: es herrscht kein Trubel. Alle Touristen schauen sich Danzig, Riga, Tallin usw. an aber von Torun haben die wenigsten was gehört (wir vorher auch nicht). Aber der Weg hier runter lohnt sich. Wir sind völlig überwältigt von dieser tollen Stadt. An jeder Ecke stehen Straßenkünster, man hört Musik überall... wir setzen uns ins Straßencafe, bestellen ein Bier (1,50Euro!!) und geniessen den Trubel um uns herum.
Am nächsten Tag gehts weiter. Wir steuern (schon wieder!) eine Autowerkstatt bzw. einen Reifenhändler an. Die Hinterreifen (die wir bei Reisebeginn neu gekauft haben) sind schon ordentlich runter gefahren. Da die vorderen noch gut sind, beschliessen wir, sie durchzutauschen (bzw. tauschen lassen). Gesagt getan... wir kommen gleich dran... und 30min später haben wir getauschte Reifen (für umgerechnet 5 Euro). Der Wahnsinn!! Wir fahren weiter die Weichsel entlang und hoffen auf einen schönen Platz zum Bleiben. Nur ist das nicht wirklich so einfach in Polen. Entweder ist durch eine Schranke abgesperrt oder findige Polen haben einen "Bezahlparkplatz" daraus gemacht (das einzige Manko bisher in Polen). Nach einigen Stunden rumeiern, geben wir entnervt auf und beschliessen halt doch wieder zu einer Familie in den Garten zu gehen und dort zu übernachten. Wir finden bei "Lack" (ca. 80km von Warschau entfernt) einen netten Platz am See. Für umgerechnet 7,50 dürfen wir hier parken. Wir beschließen, zwei Tage hierzubleiben und die Gegend zu Fuß zu erkunden - so der Plan. Daraus wurde 2 Tage schlafen. Unsere Fellnase hat angefangen zu kotzen und schei....!! Auch wir fühlen uns schlapp und müde. Das End vom Lied war, dass wir fast einen Tag und zwei Nächte geschlafen haben. Kilian hat in der Zwischenzeit noch einen Blaubeerkuchen und Blaubeerpfannkuchen gebacken (haben wir an der Strasse von einer armen alten Frau gekauft) - aber dazwischen haben wir nur geschlafen (war wohl nötig).
Zwei Tage später fahren wir (frisch ausgeruht) weiter in Richtung Südpolen. Unterhalb von Lodz finden wir einen Campingplatz (wieder im Garten bei Polen) mit Waschmaschine. Juhhuuu.... unser Bettzeug hat ne Maschine nötig. Gesagt - getan - gewaschen - gefreut über frische Wäsche auf der Leine - beschließt doch der Nachbar, dass er genau jetzt ein Feuer anzünden muss, dass mehr qualmt und stinkt (altes Heu??) als brennt - und zwar direkt in unsere frische Bettwäsche hinein!! Na super!! Nach Anfangs Wut, geht unsere Stimmung über Resignation - dann über "Scheiß drauf" - und als es uns dann so ziemlich egal war, hat doch tatsächlich der Wind gedreht und wir konnten abends unser Bett mit frisch-duftender Bettwäsche beziehen. Das ganze noch gekrönt mit einer heißen Dusche - Da ist das Travellerherz glücklich - mehr brauchts nicht :).... dann noch später am Abend, lädt uns der Chef des Platzes (Kashimir) auf eine Schnapsprobe ein. Sein Hobby ist Schnaps brennen und Möbel machen. Er hat in seinem tollen Innenhof eine super Bar eingerichtet und es stehen hunderte verschieden Schnapsflaschen rum. Wow! Wir staunen nicht schlecht und tief im Inneren rechne ich schon mit dem schlimmsten :). Wir beginnen mit einem süssen Himbeerschnaps - super - lecker - ein Frauenschnaps.... dann gehts weiter... es folgen Stachelbeere, Kirsche, Traube, Zitrone, Nuss, Erdbeere, Mirabelle und und und.... alles was brennbar ist wird hier zu (echt leckerem) Schnaps gebrannt. Wir werden immer lustiger und Kashimirs Frau Jolanta gesellt sich noch dazu. Die beiden sprechen ein bisschen deutsch und erzählen von ihrer Familie und ihren Reisen. Dann gesellen sich noch zwei junge Holländer hinzu. Sie sind mit einem alten Bus durch Zufall hier gelandet und steigen gleich begeistert mit ein. Wir lernen Kari und Jermo kennen. Die zwei Brüder sind im Urlaub und ihr Endziel ist: Tschernobyl!! - Das ist doch mal ein ausgefallenes interressantes Reiseziel. Wir probieren uns in den Abend hinein.... und es ist ein echt super-netter Abend. Wir kaufen Kashimir (der übrigens Original aussieht wie Anthony Hopkins - wahrscheinlich war er es.... - lebt jetzt in Polen:)) zwei Flaschen Schnaps ab und die Jungs auch. Dann machen wir mit Kari und Jermo noch ein Lagerfeuer bei unserem Bus und schnacken in die Nacht hinein. Was für eine nette Begegnung... was für ein netter Abend. Am nächsten Morgen Frühstücken wir noch zusammen, bemitleiden unsern schweren Kopf und dann gehts für die Jungs weiter in Richtung Tschernobyl und für uns gehts weiter Richtung Südpolen.
Wir fahren durch polnische Dörfer und Städtchen. Es ist der erste Schultag. Überall sieht man rausgeputzte Kinder in schicken Kleidchen und die Jungs mit Anzug und Krawatte. Nicht nur die Erstklässler.. auch die älteren sind alle super-chic angezogen... Wahrscheinlich ist das so in Polen... am ersten Schultag putzt man sich raus. Schultertüten wie bei uns sehen wir keine. Am Jezioro Jeziorsko bei Lodtz (wenn sich manchefFragen Lodtz? hab ich schon mal gehört - Jaaaa da gabs ein Lied in den 70iger: Theooooo wir fahrn nach Lodtz- erinnert ihr euch :), finden wir endlich mal wieder einen Parkplatz für die Nacht für umsonst. Ein toller See mit tollem Sandstrand. Das einzige Manko. Eine (echt assige) Großfamilie hat hier übers Wochenende gefeiert (mit kleinen Kindern)... als wir am Sonntagnachmittag eintrudeln, räumen die grad zusammen. Aber nur die guten Sachen.... sie lassen den ganzen Müll (und das war ne riesen Menge) wie Schnapsflaschen, Bierflaschen, SEktflaschen, Papier, Planen, Zeltstangen usw. einfach alles am Sandstrand liegen!! Wir fassen es nicht... wie assig ist das denn. Was für ein Vorbil für Ihre Kinder (die werden dann genaus assig wenn sie groß sind). Selbst die Polen die zum baden hier sind, staunen nicht schlecht.... aber keiner sagt was, als sie abziehen. Das haben wir auf unserer bisherigen Reise so auch noch nicht erlebt!!
Am nächsten Morgen beschliessen wir, einen Tierarzt aufzusuchen. Unsere Amy hat seit vielen vielen Wochen rote entzündete Augen. Mit Schwarztee haben wir es immer grad so im Griff gehabt, aber es geht nicht weg und die Augen sind immer wieder eitrig. Da man in Polen gar nichts ohne Rezept bekommt, gehen wir zum Tierarzt. Wir finden eine Frau (wie gut für unsern Hund)... kommen wieder mal sofort dran. Auch sie ist wieder mal furchtbar freundlich (das sind die wirklich alle hier) und gibt uns gleich eine antibiotische Augensalbe mit und für Behandlung uns Salbe zahlen wir 10 Euro!! Billiger gehts nicht. Wir halten noch einen kleinen Plausch in englisch und sie frägt uns, wie es uns in Polen gefällt. Wir sagen super-gut... freundliche Menschen... tolle Natur. Sie kriegt große Augen und fragt uns Echt? Hier? Freundliche Leute? Auch Kashimir (alias Anthony Hopkins) hat uns dass schon gefragt und gleich gestaunt wie die Tierärztin über unsere Antwort!! Die Polen können es nicht glauben, dass es uns gefällt in Ihrem Land.. Irgendwie komisch!
Wir übernachten nochmal an einem (anderen) See. Kostenlos juhuu... und dann gehts weiter. Unser heutiges Ziel: Ausschwitz!! Schwere Kost steht bevor. .... siehe nächster (eigener) Blog...