Veröffentlicht: 05.05.2019
...jetzt heißt es wieder anpacken!!!
Da wir keine Kinder der Traurigkeit sind haben wir es eigentlich doch immer recht lustig. Egal ob beim Abgang einer Mure, zur Schule tuckern im komplett überfüllten Schulbus, beim Wandern oder beim Füttern unserer neuen kleinen Freunde.
Aber alles der Reihe nach...
Reisen wir mal ein paar Wochen zurück in der Zeit. Abermals verlassen wir Cuenca, aber Ecuador lässt uns noch nicht ganz los, weshalb wir noch den schönen Süden des Landes besuchen.
Über mehrere Ecken sind wir auf eine unglaublich geniale Unterkunft in Vilcabamba gestoßen. In der Hosteria Izhcayluma fehlte es an absolut gar nichts. Bayrischer Charme trifft auf ecuadorianische Naturschönheit.
Den bayrischen Charme verleihen die zwei Brüder diesem Paradies, welches sie vor zirka zwei Jahrzehnten erschaffen und hierfür ihr Bayern verlassen haben. Aufgrund der morgendlichen Yoga-Sessions, frisch gebackenem Brot, selbst gebrautem Bier vom Fass, Ecuadorianisch-Deutsche Küche und unzähligen Hängematten wird die Vorstellung vom perfekten Urlaubsort hier zu 100% erfüllt. Die Landschaft (jetzt befinden wir uns nur noch auf 1600m) rundherum lädt zum Wandern ein, was wir natürlich ausgenutzt haben.
So schnell werden aus geplanten 15 Stunden Anreise nach Mancora (Peru) doch 21 lange Stunden im Bus. Es lief alles nach Plan, bis nach etwa 6 Stunden, nur 20 km vor der peruanischen Grenze, um 3 Uhr morgens der Bus ins Stehen kommt, der Busfahrer kurz angebunden sagt „No hay paso – es gibt kein Weiterkommen“ und sich in die letzte Reihe zum Schlafen legt. Mit völliger Planlosigkeit passen wir uns den anderen Fahrgästen (fast ausnahmslos Ecuadorianer/Peruaner) an und versuchen in dem stickig-heißem Bus ein wenig Schlaf zu bekommen.
Es stellte sich schließlich heraus, dass durch den andauernden Regen eine ordentliche Mure die Straße blockiert. Erst gegen 9 Uhr wurde die Straße endlich geräumt und wir konnten mit großer Verspätung weiterfahren.
Gerade noch ein paar Tage im heißen und staubigen Küstenort Mancora verbracht, schon sitzen wir im Nachtbus ins 660 km entfernte Cajamarca (im Norden Perus mitten in den Anden), wo wir die nächsten 2 Monate verbringen dürfen/durften.
Nach einem überaus netten Empfang durch die Christa, eine 76 jährige spritzige Deutsche, die seit 43 Jahren in Cajamarca lebt und hier ihr ganzes Leben den beeinträchtigten Kindern und hilfsbedürftigen Familien widmet, gab es ein lecker Frühstück und das erste Kennenlernen.
Unser Showman Edinson und Organisationsleiterin Christa
Wir haben noch nie eine so energiegeladene und selbstlose Frau kennengelernt, unglaublich was sie hier aufgebaut hat und welche Geschichten sie zu erzählen hat.
Die von ihr gegründete Organisation (Asociación Santa Dorotea) umfasst folgende Einrichtungen:
- eine Sonderschule im kleinen Ort Jesús,
- ein Kinderheim in Baños del Inca,
- das Hostel Los Jazmines in Cajamarca,
- sowie den Bauernhof am Porongo.
Hier leben die Freiwilligen, ein paar Familien sowie diverse Tiere, am Wichtigsten ist wohl der liebevolle Wachhund Prisa.
Zudem unterstützt die Organisation Kinder aus ärmlichen Familien und ermöglicht ihnen eine medizinische Versorgung in Lima (dort gibt es auch eine Wohnung wo die Familien unterkommen können).
Begleitet uns durch einen typischen Tag
Der Vormittag
Mit österreichischer Pünktlichkeit warten wir jeden Tag ab 8 Uhr an der Straßenecke um uns in den ziemlich überfüllten Schulbus zwischen die Kinder zu quetschen. Wer ganz hinten seinen Platz hat muss teilweise etwas leiden – nicht selten entweicht den Kleinen ein Furz welcher dann ganz schön lange in der letzten Reihe verweilt.
Angekommen in der Schule – in Jesus, rund 50 min und lediglich 22 km von Cajamarca entfernt – wird erstmal gewartet. Klassisch in Südamerika, warten können die wirklich gut. Die älteren Kinder kümmern sich um die Sauberkeit am Schulhof und die Kleinen sehen genüsslich dabei zu. Was die Lehrer in der Zwischenzeit machen weiß keiner so genau. Eine etwas fragliche Arbeitsmoral finden wir teilweise vor – aber gut, so sind die Kulturen unterschiedlich.
Die Gestaltung des Unterrichts wird gerne mal an uns abgegeben. Sei es der Mathe-Unterricht, kreatives Arbeiten, behandeln eines Themas (aktuell beschäftigen wir uns mit Tieren) oder was auch immer ansteht – uns sind kaum Grenzen gesetzt.
Ich, Simone, darf mich zudem auch therapeutisch austoben. Mir steht ein mehr oder WENIG guter Therapieraum mit einigen nützlichen Materialien zur Verfügung. Wie sehr ich die gut ausgestatteten Räume aus Österreich vermisse – aber was solls, ich kann hier mit den Kids in Ruhe arbeiten.
Die liebe Rosa – alias Reinigungsdame und Köchin – versorgt unsere Kleinen und auch die Großen (Lehrer) mit abwechslungsreichem Mittagessen. Nicht zu vergessen, dass die Kinder rund 1 Stunde vor diesem Essen auch ihr Refrigerio (quasi Jause) zu sich nehmen. Unglaublich was da der ein oder andere verschlingen kann.
Nach dem Essen geht es dann wieder zurück Richtung Stadt. Wenn wir genügend Platz finden, nimmt uns der Schulbus mit, wenn nicht dann düsen wir mit den öffentlichen Bussen die im regelmäßigen Abstand fahren. Die Kinder werden wieder gut Zuhause abgeliefert. Unvorstellbar wie lustig teilweise eine so unscheinbare Fahrt sein kann. Top-Thema jeden Tag – WAS WERDEN WIR ESSEN? Ohne zu untertreiben, rund 10 mal werden wir dies von Edinson gefragt – zu betonen ist, dass er es liebt zu essen.
Unser leibliches Wohl
Für uns gibt es jeden Tag ein köstliches Mittagessen in Christas Haus in der Stadt. Maria, die Köchin und ehemalige Schülerin von Christa, verwöhnt uns mit einem Mix aus der peruanischen und deutschen Küche. Im Anschluss heißt es SIESTA, wir gönnen uns ein wenig Ruhe.
Der Nachmittag/Abend
Gegen 16 Uhr brechen wir auf in das Kinderheim, welches sich im Nachbarort Baños del Inca, befindet. Hier leben rund 35-40 Kinder mit diversen Beeinträchtigungen.
Wir unterstützen die „Mami's“ (Betreuerinnen) bei der täglichen Abendroutine. Zu unseren Aufgaben gehören unter anderem das Füttern, Zähneputzen, Umziehen und zu Bett bringen der Kinder. Um 19 Uhr gehen die Lichter aus und Ruhe kehrt ein. Auch für uns endet ein langer Tag – gefüllt mit Spaß, Verantwortung, Herausforderungen und gelegentlich mal ein wenig Pipi auf den Händen.
Simones Arbeitsalltag weicht montags und donnerstags etwas ab. An diesen beiden Tagen bietet sie Therapie für Kinder aus den umliegenden Dörfern (zum Teil 1 Stunde Fahrzeit) an. Diese kann sie in den Therapieeinrichtungen des Heims durchführen.
Ja, wir leben hier im Paradies, auf einem wunderschönen Bauernhof mitten im Grünen. Ruhe, Idylle, Kuhmist und viele Hunde umgeben uns Tag täglich. Hier wohnen wir in einer Wohngemeinschaft mit 4 weiteren Volontären aus Deutschland.
Highlight hier: wir können das Wasser aus der Leitung trinken welches direkt aus dem hauseigenen Brunnen kommt!!!! Diese Tatsache ist mehr als untypisch in Südamerika.
Kaum jemand der nach Peru reist hat etwas über diese Stadt gehört, gelesen, geschweige denn beabsichtigt hierher zu kommen. Schade!!!
Cajamarca (2700 m - 300.000 Einwohner) ist der Stadt Cuenca (2500 m) sehr ähnlich. Zwar etwas weniger hip und international aber genau diese Tatsache verleiht ihr den gewissen Charme.
Geschichtlich gesehen gilt Cajamarca als jener Ort, an dem die Spanier mit der Eroberung Perus begannen und den Untergang der Inka herbeigeführt haben. Wussten wir auch davor nicht.
Und wer glaubt, dass nur Österreich und die Schweiz wirklich guten Käse zu bieten haben, der irrt. An alle Käseliebhaber, ab nach Cajamarca – die Stadt des Käses in Peru. Jeder peruanischer Tourist der hierher kommt, kehrt mit kiloweise Käse zurück nach Hause.
Wir lieben den Markt hier, welcher sich jeden Tag durch gefühlt die halbe Stadt erstreckt. Wenn wir hier unterwegs sind verfallen wir üblicherweise in einen regelrechten Kaufrausch.
Für 1 Sol = 0,27 € bekommt man in der Regel
1 Avocado/5 Bananen/4 Vollkornbrötchen/1 Päckchen Suppengemüse/ 4 Maracuja/30 Limetten oder 4 Eier
Wir verwöhnen uns täglich mit dem frischen Obst und Gemüse vom Markt, es geht uns rundum gut – hier lässt sichs leben.
Um noch einen besseren Eindruck zu erhalten, wie viel wir für 61 Soles, also 16,5€ am Markt kauften, hier eine kleine Auflistung:
2 Mangos + 12 Bananen + 12 Limetten + 6 Eier + 5 Pflaumen + 1 kg Äpfel + 0,5 kg Zwiebel + 1 kg Tomaten + 3 Granadillas + 1 kg Karotten + 2 Mammaes + 2 Granatäpfel + 8 kleine Brote + 1 Brokkoli + 3 Avocados + 2 Paprika+ Suppengemüse + 300g Käse + 800g Waschmittel
Wir merken, dass wir nach so langer Zeit auf Achse nicht mehr unbedingt jede Attraktion besuchen wollen/müssen. Dennoch ist es schön gelegentlich mal die Umgebung zu erkunden.
Also machten wir uns am Palmsonntag gemeinsam mit den anderen Freiwilligen, Christa und ihrem Mann Santiago (unseren Leih-Großeltern) im Auto auf nach Porcon Baja (kleines Dorf auf 3300m). Dort findet ein ganz besonderer Brauch statt, angeblich einzigartig in Peru. Große geschmückte Kreuze werden von starken Männern aus den umliegenden Dörfern, meist zu Fuß, herangetragen. Vor der Kirche verbeugen sich die Männer mit den Kreuzen (harte Arbeit, wenn wir uns recht erinnern wiegt ein Kreuz um die 60-70 kg)
Kürzlich begaben wir uns noch mit Milena, Saskia und Maria in etwas höhere Gefilde nach Granja Porcon (3600 m). Der Hauptfokus lag wie immer auf dem Essen – und Michi verzehrte zum zweiten Mal die traditionelle Andenspeise Cuy (Meerschweinchen). Nach einer ausgiebigen Fotosessions mit den Viquñas (Verwandte des Lamas) fuhren wir zurück auf unseren Bauernhof.
Perfekt abgerundet wurde das Osterwochenende mit einem mehr als ausgiebigem Brunch. Neben Bananen Pancakes, Torte, Guacamole, Maracuja Saft wurde unser Gaumen mit deutschem Brot (der Brotmischung sei Dank) verwöhnt.
Ausflug zum Cumbemayo
Vor zwei Wochen wurden wir von Christa eingeladen mit zum Cumbemayo zu kommen. Begleitet wurden wir von einer ganzen Arztpraxis aus Deutschland, welche für eine Woche in Cajamarca und Jesus für die Organisation unzählig viele Leute untersuchten und mit Medikamenten versorgt haben.
Bekannt ist Cumbemayo (3500 m) einerseits für die wunderschöne Landschaft, geprägt von Steinformationen aus Vulkangestein, und andererseits für seinen geschichtlichen Hintergrund.
Das Wort Cumbemayo stammt aus dem Quechua "Kumpi Mayu - ein gut gebauter Wasserweg". Aquädukte mit 9 km Länge (30-50 cm breit/ 40-60 cm hoch) wurden in den Stein geschlagen. Unglaublich wie präzise man hier vor mindestens 3000 Jahren gearbeitet hat.
Außerdem findet man überall Petroglyphen, also in Stein gehauene Symbole die mit der Kultur des Wassers in Verbindung stehen dürften. Auch ein großer Opferstein kommt uns beim Wandern unter, hier wurden sowohl Tier- als auch Menschenopfer gebracht.
Nach Michis Geburtstag in Cuenca darf nun auch Simone im Ausland ihren Geburtstag feiern. Wir haben uns zur Feier des Tages frei genommen und es gab als Überraschung für Simone ein lecker Frühstück...und Geschenke durften natürlich keinesfalls fehlen.
Auch wenn Simone, bescheiden wie sie ist, eigentlich keine wollte hat sie sich trotzdem sehr darüber gefreut.
Traditionell werden die Freiwilligen von Christa an Geburtstagen immer zu Kaffee und Kuchen (gebacken von Maria unserer Köchen) bei sich Zuhause eingeladen. Diese "Torta de Platano - also Bananenkuchen" haben wir nach einem schönen Nachmittag auf der Terrasse am Porongo, samt Grillerei und Bier, verschlungen.
Ja, verschlungen, denn die Torten von Maria sind einfach einzigartig gut.
Wir würden mal behaupten, ein gelungener Tag.
Wir legen es euch ans Herz mal einen kurzen Blick auf die Homepage der Organisation zu werfen. Falls jemand Interesse hat hier vor Ort mitzuwirken oder einen kleinen Beitrag zu spenden stehen wir euch jederzeit zur Verfügung. Die kommenden 3 Wochen noch telefonisch und dann in voller Präsenz, sowohl körperlich als auch geistig.
Hasta luego a todos
PS: Nicht alle Fotos sind im Text mit drinnen, also klickt euch mal durch =)