Go East - Mit dem Fahrrad zu Ev. Gemeinden in Osteuropa
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67. Tag - 13. Sept. Irrfahrt nach Petersdorf - Kleine Gemeinde mit großen Projekt

Veröffentlicht: 15.09.2022

Heute musste ich schon kurz nach 6 Uhr aufstehen, denn um 7 Uhr begann die Wochenandacht für alle kirchlichen Mitarbeiter des Kirchenbezirkes, die in der Kirchenburg wohnen. Einmal in der Woche treffen sich diese nach der Andacht zur Dienstbesprechnung. Sie wurde auf Deutsch und Rumänisch gehalten, weil es im diakonischen Bereich auch einige Rumänen gibt. Etwas später sprach ich noch eine Stunde mit den geschäftsführenden Pfarrer des Bezirkes,Pfarrer Arvay, über die aktuellen Herausforderungen und die Zukunft der Ev. Kirche in Rumänien. Nicht in der Vergangenheit verharren, sondern auf die Gegenwart schauen und ein leuchtendes Gemeindeleben fördern, dass in die Fläche ausstrahlt, so seine Überzeugung.

Anschließend packte ich wieder meine vier Fahrradtaschen und brach zur kleinen und sehr abgelegenen Landgemeinde nach Petis (rumänisch), Petersdorf (deutsch) bei Seica Mica auf. Unterwegs machte ich wieder einen Abstecher von ca. 9 Kilometer, um mir die Kirchenburg Wurmloch (deutsch), Valea Viilor (rumänisch) mir anzuschauen. Wie in Biertan ist diese Kirchenburg durch ihre einzigartige Architektur und Geschichte UNESCO Weltkulturerbe. Schon als in das Dorf hineinfuhr, sah ich von Weitem die imposante Kirchenburg. Auch dort schützten einst dickte Ringmauern die Menschen vor Angriffen der Tataren und Türken.  Vom Turm hat man eine sehr gute Sicht auf die schöne Landschaft und vor allem auf die historische und erhaltene Siedlungsstruktur der Siebenbürger Sachen um die Kirche. Hof an Hof reicht sich an einer Straße zum Dorfausgang auf beiden Seiten.

Heute leben nur noch 11 Sachsen und Gemeindeglieder in Wurmloch, dafür aber etliche sogenannte "Sommersachsen", die Anfang der 1990 Jahre auswanderten, jetzt Rentner sind und den Sommer in ihrer einstigen Heimat verbringen und sich wieder für ihr Dorf einsetzen.

Nach dem Kurzbesuch ging es weiter zur abgelegenen Landgemeinde Petersdorf. Aber ich scheiterte mit der schwierigen Orientierung. Auf der gedruckten Landkarte fand ich eine Straße in das Dorf. Ich verglich sie mit Google Maps, wie bisher. Nur eine Straße so nach Google Maps führt nach Petersdorf, was aber nicht stimmt. Ich landete auf der Falschen. Aber ich war im Glauben ich sei auf der richtigen Straße. Das erwies ich als folgenreicher Fehler, denn die Straße wurde zunächst ein Schotterweg, dann ein kaum fahrbarer Feldweg und schließlich durch den vielen Regen der letzten Tage ein total verschlammter Weg. Ich zog meine Schuhe und Socken aus und schob mein Rad mühsam durch Pfützen und Schlammrillen und landete nach 1km mitten im Wald, abseits des Weges. Dreimal schob ich mein Rad hin und her, weil ich nach der Karte eine Kurve fahren musste, welche es aber nicht gab. Dann gab ich auf und wollte Gottfried Vogel anrufen, hatte aber kein Netz. Dabei stellte ich fest, dass ich am Hinterrad einen Platten hatte. Kein Radeln mehr möglich. Durch den feinen Schotter, Kies und Schlamm hatten sich zwischen Schutzblech und dem Mantel kleine, aber spitze Steine festgesetzt und wie ich am nächsten Tag feststelle gleich 5 Löcher verursacht.

Jetzt war ich am Ende. Ich schob das Rad mit dem Platten zurück in die letzte Ortschaft und versuchte Gottfried telefonisch zu erreichen. Aber es gab auch da kein Signal. Dank der Hilfe einer freundlichen rumänischen Frau deren Telefon ich nutzen konnte, erreichte ich Gottfried, der nach einer halben Stunde kam, mich abholte und meinte ich sei auf einem Weg oder Straße, die es nicht mehr gibt. Na prima, dachte ich.

In Petersdorf angekommen begrüßte ich die Gruppe der Arbeiter bei ihrem großen Gottesprojekt, die alte und derzeit sehr desolaten Schule neben der Kirche wieder bewohnbar zu machen. Die Schule gehört der Ev. Kirchengemeinde und die Freunde um Pfarrer Vogel wollen die Schule in ein Freizeit und Begegnungshaus umwandeln. Derzeit ist das Dach zu reparieren und teilweise neu zu decken. Es gibt noch sehr viel zu tun für die kleine Kirchengemeinde Petersdorf, bis das Projekt vollendet ist.

In Petersdorf selbst lebt nur noch ein Siebenbürger Sachse, aber durch die Mischfamilien und Zuzüge ca. 11 Ev. Gemeindeglieder. Zum Gottesdienst kommen auch rund 10 Gemeindeglieder. Das besondere an Petersdorf ist, dass auch einige orthodoxe Christen zum Ev. Gottesdienst kommen.

In Petersdorf angekommen machte ich mich bei dem Bauprojekt erst mal nützlich, stieg mit auf`s Dach der alten Schule und half, soweit ich konnte und ließ mein kaputtes Fahrrad erst mal stehen. Am Abend wollte ich es dann in Stand setzen. Nach dem gemeinsamen Abendessen, sassen wir alle noch zusammen, redeten viel über die Herrenhuter Geschichte und zahlreiche andere Themen. Dann hatte ich keine Kraft und Lust mehr, den Platten zu reparieren und schob dies auf den Vormittag und legte mich im Flur schlafen.

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