Go East - Mit dem Fahrrad zu Ev. Gemeinden in Osteuropa
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66. Tag - 12. Sept.: Medias - wo der Kirchhof zum Schulhof wird

Veröffentlicht: 14.09.2022

Nach dem Frühstück mit Kurator Gerhard, Paul (wie der Lieddichter, nur umgedreht) sattelte ich mein Fahrrad. Tagesziel heute war die Kreisstadt Medias (deutsch Mediasch). Mediasch und der Kirchenbezirk soll eine besondere Struktur haben, wie mir Gottfried Vogel vorab schrieb. Weil ich sehr gut in der Zeit lag, machte ich unterwegs noch einen Abstecher zur einer der größten Kirchenburgen in Siebenbürgen, in Biertan (deutsch), Birthälm (rumänisch). Immerhin war diese Burg viele Jahrhunderte Bischofssitz der Siebenbürger Sachsen und ist heute Weltkulturerbe, und sozusagen ein "Muss" auf meiner Reise durch Rumänien, auch wenn ich 17km mehr zu radeln hatte.

Die Kirchenburg beeindruckt durch ihre Größe, Mächtigkeit und historischen Bedeutung und das in einer landschaftlichen reizvollen Lage. Immerhin drei Ringmauern mit zahlreichen Türmen und Gebäuden umschließen die Kirche. Angelegt im Mittelalter zum Schutz vor Angriffen von Türken und Tataren. In einem extra Raum wird das Wirken der Bischöfe vorgestellt. Es gibt einen sogenannten "Speckturm", wo, wie der Name sagt, Speck gelagert wurde und ein "Ehegefängnis". Dort wurden zerstrittene Eheleute eingesperrt. Sie bekamen nur ein Bett, ein Stuhl, ein Löffel, ein Messer etc. Sie wurden erst "freigelassen", wenn sie sich geeinigt hatten. Historisch betrachtet ist die Kirchenburg für die Siebenbürger Sachsen sehr wichtig. Insofern ist sie eine besondere Sehenswürdigkeit.

Heute leben noch rund 90 Sachsen  bzw. Evangelische Mitglieder in dem Dorf. Es gibt regelmäßig Gottesdienste. Dazu kommt der Pfarrer aus Medias. Zwischen 15-20 Besucher kommen zum "normalen" Gottesdienst. Zu Festtagen etliche mehr.

Nach der Besichtigung radelte ich weiter nach Medias. Schnell fand ich den Eingang zur Burg und erhielt vom Stadtpfarrbüro ein schönes Zimmer im großen Gästehaus. Vor dem Gespräch mit Pfarrerin Hildegard Servatius Depner streifte ich kurz durch das Stadtzentrum, welches nur 5 Min. Fußweg entfernt liegt.

Von Pfarrerin Hildegard Servatius Depner erfuhr ich, dass im Kirchenbezirk rund 1500 Ev. Mitglieder in insgesamt 46 Gemeinden lebten. Davon leben ca. 600 Mitglieder in Mediasch selbt. Insgesamt 5 Pfarrer sind für alle Kirchenmitglieder im Bezirk zuständig und alle leben innerhalb der Mediaschner Kirchenburg. Aktuell ist eine Stelle unbesetzt. Mit dieser Struktur ist eine gute Arbeitsauffteilung möglich und es kam nach Fähigkeiten, Begabungen und Interessen gearbeitet werden. So ist z.B. Hildegard Servatius Depner für die Arbeit mit Kinder zuständig. Es gibt zahlreiche Gruppen, wie Senioren- und Jugendkreis, Bibelgruppe, Kirchen- und Kinderchor, Frauen- und Familientreffen und im Sommer etliche Orgelkonzerte. Alles wie in Deutschland und so fühlt sich das Gemeindeleben überhaupt nicht wie in der Minderheit an, weil es nahezu für alle Altersgruppen Angebote gibt. Wobei es einen gewissen Schwerpunkt in der Arbeit mit und für Kinder gibt. So setzte sich die Pfarrerin dafür ein, das ein Kinderspielplatz innerhalb der Kirchenburg gebaut wurde.

Insgesamt haben wir uns 4 Stunden über den Kirchenbezirk, das Gemeindeleben und die aktuellen Herausforderungen unterhalten und es war ein sehr interessantes Gespräch. Die Finanzen der Kirchengemeinden und sie auf "sichere Beine" zu stellen, sind gegenwärtig die größte Herausforderung im Kirchenbezirk.

Als wir das Gespräch beendeten war es schon dunkel. Ich holte mir einen Imbiss und schrieb im Gästezimmer weiter an meinen Bloq und dachte noch eine Weile über die Struktur nach, ob dies bei uns auch so funktionieren würde.

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