Go East - Mit dem Fahrrad zu Ev. Gemeinden in Osteuropa
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6. Tag 14. Juli Besuch beim "Kanupfarrer" von Libis und Prag

Veröffentlicht: 15.07.2022

Wieder holte mich die Morgensonne aus dem Zelt. In der Morgenidylle an der Elbe machte ich Frühstück. Aber diese Idylle wärte nicht lange, weil ein großer und vor allem ohrenbetäubender Rasenmäher, samt Fahrer nun ständig neben meiner Zeltstelle auf und ab fuhr. Manchmal ratterte er kaum einen Meter vorbei. Deshalb packte ich rasch alles zusammen und machte mich auf dem Weg nach Libis, einen Ev. Dorfpfarrer der Böhmischen Brüder. Ich war zwar schon über eine halbe Stunde früher vor der Kirche (Foto), aber ich brauchte nicht all zu lange warten, den der Pfarrer hatte mich bald entdeckt. Er entschuldigte sich mit für das unaufgeräumte Pfarrhaus mit allerlei Paddelsachen, weil er vor kurzem erst von einer Jugendkanufahrt zurückkam. Das machte ihn für mich gleich sympatisch.

Er berichtete, dass seine kleine Landgemeinde aus gerade mal 175 Mitgliedern besteht für die er zuständig ist, welche sich auf das große Dorf Libis und die umliegenden Dörfern erstreckt. Jeden Sonntag kommen rund 20 Gottesdienstbesucher. Meistens bleiben sie noch über eine Stunde beim Kirchencafe zusammen. Manchmal machen sie auch gemeinsam Mittagessen, weil Ihnen die Gemeinschaft und das Zusammensein mit verschiedenen Aktivitäten im stark säkularem Umfeld sehr wichtig ist. Auch in seiner Gemeinde gibt es 3-4 ehrenamtliche Organisten. In der Nähe hat er noch eine zweite Predigtstätte, wo aber nur 5-6 Menschen kommen. Rund 1/3 seiner Gemeindeglieder besteht aus Familien mit Kindern, die aus dem nicht weit entfernten Prag in diese Gegend gezogen sind. Darüber findet er Kontakt zu den Jugendlichen und bietet für sie und ihre Freunde Kanutouren an. Manchmal finden einige Jugendliche über diesen Weg Interesse am Glauben und lassen sich taufen. In der Weihnachtszeit übt er mit einigen der jungen Eltern ein Theaterstück ein und führt es im großen Saal des Pfarrhauses auf (Foto).

Neben der klassischen Gemeindearbeit hat der Pfarrer noch eine offizielle Beauftragung der Kirchenleitung der Böhmischen Brüder für die Evangelisch tschechischen Staatsbürger in der Ukraine. In der Zentralukraine gibt es einige Dörfer wo zahlreiche Tschechen leben. 2-3 mal im Jahr fährt er zu Ihnen, hält Gottesdienste, macht Kasualhandlungen und hilft auch in praktischen Dingen. Das ist für ihn auch Gemeindearbeit. Nur ist dieses dieses Frühjahr auf Grund des Krieges in der Ukraine kein Besuch möglich gewesen, umso wichtiger ist der telefonische Kontakt.

Nach diesem interessanten Gespräch zeigte er noch das Pfarrhaus und öffnete die Kirche, die eine sogenannte „Toleranzkirche" ist. Zum Abschluss zeigte er mir den Sitzplatz mit einer Bronzetafel des berühmten tschechischen Studenten Jan Palach (Foto), der aus seiner Gemeinde stammte und sich aus Protest gegen die Niederschlagung der Prager Frühlings 1969 selbst verbrannte und damit weltweit ein Zeichen setzte. Ich war tief beeindruckt.

Danach verabschiedeten wir uns und ich radelte zur Moldau und fuhr auf dem Moldauradweg in die Goldene Hauptstadt Teschechien - nach Prag. Am Moldauufer bei den Wildwasserkanuten baute ich mein Zelt auf und radelte sogleich weiter, vorbei an modernen Wohnbauten an der Moldau (Foto) ins nahe Zentrum von Prag. Gegen halb 6 kam ich an der weltberühmten Karlsbrücke an (Foto) und lief einmal durch das Gewühl der Menschenmassen auf die "kleinstädter“ Seite von Prag.

Etwas später hatte ich noch ein interessantes Telefongespräch mit der Pastorin der deutschsprachigen Evangelischen Auslandsgemeinde in Prag und erfuhr einiges über die besonderen Herausforderungen ihrer Gemeindearbeit. In einem weiteren Telefonat erreichte ich den Pfarrer der Ev. Salvador Gemeinde der Böhmischen Brüder, aber weil er gerade verreist ist, konnte ich für den nächsten Tag keinen Besuchstermin vereinbaren. Ich lief noch etwas durch die histtorische Altstadt, vorbei an der John Lennon Mauer, aß einen Imbiss und fuhr zurück zum Zeltplatz. Dort kroch ich in mein kleines „Haus aus Stoff“, dass trotz der Wassermassen eines schweren Gewitters am späten Abend,  standhielt.

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