Go East - Mit dem Fahrrad zu Ev. Gemeinden in Osteuropa
Go East - Mit dem Fahrrad zu Ev. Gemeinden in Osteuropa
vakantio.de/go-east-mit-dem-rad-zu-gemeinden-in-osteuropa

54. Tag - 31. August: Oroshaza - Von Evangelischen Christen neu gegründet

Veröffentlicht: 01.09.2022

Der letzte Augusttag trumpfte noch mal mit reichlich Sonne und Hitze auf. Mein Tagesziel, die ehemals blühende Evangelische Stadt Oroshaza, lag nur 43km von Szentes entfernt, führte aber durch die südliche Große Ungarische Tiefebene. Geprägt ist die Puszta durch große und unendliche Weiten. Alles ist platt, man kann kilometerweit sehen.  Wunderbar zum Fahrrad fahren, wenn nur nicht diese Hitze wäre.  Zeitweise gab es überhaupt keinen Schatten. Da hieß es einfach, ausreichend Trinken und weiterradeln. Oft fuhr ich an riesigen vertrockneten Sonnenblumenfeldern vorbei.  Auch in der Puszta regnete es viele Wochen nicht. Im Prinzip bin ich die gesamte Strecke nahezu "in einem Ritt" durchgefahren. Nur zum Trinken habe ich ab und zu angehalten, wo es ein paar Meter Schatten gab. Nach ca. 2,5 h kam ich am Frühen Nachmittag in Oroshaza an, kaufte mir erst mal einen kalten Radler und machte im Schatten der Katholischen Kirche Picknick.

Anschließend fand ich recht schnell das Ev. Pfarrbüro, das sogar mit zwei Mitarbeiterinnen besetzt war. Jedoch der sogenannte 1. Hauptpfarrer war nicht da. Eine Nachricht vom Abend vorher landete in seinem Spam-Ordner. Dafür führte mich Julia, eine Mitarbeiterin der Gemeindediakonie zuerst zu der Gemeindewohnung, wo ich übernachten durfte und dann durch die Stadt und durch die große barocke Stadtkirche. Sie erzählte, dass nach der Zurückdrängung der Osmanen aus Ungarn die Stadt von vertriebenen Lutherischen Protestanten aus Zomba im Jahre 1744 neu gegründet wurde. Daran erinnert das gläsere Birnenbaumdenkmal auf dem zentralen Platz, das wir als Erstes besichtigten. Neben der großen Hauptkirche im Zentrum gibt es noch weitere Evangelische Kirchen in anderen Stadtteilen von Oroshaza. Noch im 19. Jahrhundert lebten fast nur Lutheraner in der Stadt. Nach dem 2. Weltkrieg gab es den großen Bevölkerungsaustausch von Ungarn und Slowaken und die Zusammensetzung der Stadtbevölkerung änderte sich deutlich.

Vor ca. 20 Jahren bekam die Kirchengemeinde die ehemalige evangelische Schule zurück, gründete desweiteren einen Kindergarten und betreibt zahlreiche diakonische Einrichtungen. Deshalb sind heute in der Stadt insgesamt 4 evangelische Pastoren tätig, die Schulpfarrerin ist damit eingerechnet. Neben dem Altar in der Kirche steht eine historische Glocke, die die Lutheraner einst aus ihrer alten Heimatstadt Zomba mitgebracht hatten.  Direkt neben der Kirche gibt es einen extra lutherischen Pastorenfriedhof, wo auch der erste Pfarrer seine Grabstätte hat. Zahlreiche Gebäude gehören heute wieder zur Ev. Kirchengemeinde. Einige sind auch an Gewerbetreibende, wie Friseur vermietet. Die Stadt mit ihren rund 30.000 Einwohnern atmet überall historisch-lutherische Geschichte.

Zur Gemeinde gehören heute nach der Liste rund 2000 Mitglieder, aber wirklich aktiv beteiligen sich nur 500-600 an den verschiedenen Gemeindeveranstaltungen. Selbstverständlich ist jeden Sonntag Gottesdienst, zu dem rund 50 Besucher kommen. Beliebter sind der monatliche Familiengottesdienst mit 150 Besuchern und der extra Kleinkindgottesdienst im großen Gemeindehaus. Im Sommer gab es um der Kirche ein großes Kindercamp.  Für die konfirmierten Jugendlichen der Gemeinde gibt es sogar ein extra Haus, das sogenannte Luther Eck, wo sie sich selbstständig treffen können. Desweiteren gibt es verschiedene diakonische Gruppen, die von Julia betreut und organisiert werden. Ich war wieder mal erstaunt, welche unterschiedlichen Angebote es gibt. Am Abend traf sich auch der Gemeindechor.  Doch das sollte längst noch nicht alles sein. Für die Präsentation der weitere evangelischen Gemeindearbeit organisierte Julia für den nächsten Vormittag ein Gespräch mit dem zweiten Gemeindepfarrer mit einer Übersetzerin.

Anschließend ging ich noch etwas einkaufen und kochte mir in der kleinen Küche der Gemeindewohnung ein leckeres Abendessen und schaute mal auf meinen Laptop deutsche Nachrichten, was gerade politisch so los ist in Deutschland.


Antworten