Go East - Mit dem Fahrrad zu Ev. Gemeinden in Osteuropa
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4. Tag 12. Juli - Gemeindebesuch in Roudnice

Veröffentlicht: 13.07.2022

Die Nacht war sehr zerstückelt, weil immer wieder der Lärm der Güterzüge mich wach machte. Aber nach Duschen und Frühstück war ich wieder etwas fit und machte ich auf dem Weg zur Ev. Kirche in Roudnice in der Hoffnung irgendwie den Pfarrer oder einen Menschen zu erreichen, der die Kirche aufschließen kann. Tatsächlich, im Schaukasten fand ich die Telefonummer vom Pfarrer und rief gleich an, aber niemand nahm ab. Im Schaukasten fand ich eine zweite Telefonnummer, aber darüber erreichte ich „nur" ein Gemeindemitglied, dass die Ukrainehilfe der Gemeinde koordiniert und als Sammelstelle für gebrauchte Sachen für die Ukraineflüchtlinge fungiert. Das war ja schon mal interessant, dass dies über die Evangelische Kirche läuft. Nochmals probierte ich die Nummer vom Pfarrer, aber wieder nahm keiner ab. So startete ich einen Feldversuch. Im Umkreis von ca. 250m Metern vom Eingang fragte ich Passanten nach der Ev. Kirche in der Stadt. Von 9 Angesprochenen wusste nur einer, wo sich die Ev. Kirche befindet, ein anderer meinte das könnte die „Evangelische“ sein, ist sich aber nicht sicher, die anderen 7 wussten überhaupt nichts, obwohl in Sichtweite die Kirche mit dem Turm eigentlich nicht zu übersehen ist. Dann ein Anruf. Der Pfarrer meldete sich selbst zurück. Ich zückte meine Übersetzungsmaschine, spielte auf tschechisch meine aufgeszeichnete Sprachnachricht ab und 10min später kam tatsächlich der Pfarrer. Er begrüßte mich freundlich und zeigte als erstes die Wandtafel mit den unterschiedlichen Gemeindeaktivitäten, die im letzten Jahr stattfanden (Foto). Im Gespräch erfuhr ich, dass jeden Sonntag um 9 Uhr Gottesdienst stattfindet, zu dem im Durchschnitt rund 40 Besucher kommen. Hinter dem Altar gibt es einen kindgerecht eingerichteten Raum mit Spielmaterialien, wo Mütter über Lautsprecher die Predigt live mitverfolgen können (Foto). Musikalisch wird meistens der Gottesdienst durch einen sehr talentierten ehrenamtlichen Kantor begleitet, der zwischen Orgel- und Chellospiel hin und her pendelt. Der Pfarrer berichtete das in Roudnice viel ökumenisch mit anderen Gemeinden, wie den Adventisten, zusammengearbeitet wird. Eine aktive Jugendgruppe gibt es leider nicht. Die größte gegenwärtige Herausforderung ist die Missionsarbeit in die Stadtgesellschaft hinein. Die Ukrainehilfe ist dabei ein Anknüpfungspunkt. Als in der Kirche das Wesentliche angeschaut war bestiegen wir den Kirchturm. Neben den üblichen Sehenswürdigkeiten der Stadt, wie dem Jan Hus Denkmal (Foto) zeigte er mir den sagenumwobenen heiligen Berg der Tschechen, den "Nationalberg“ Rip, der alle anderen Berge in der Umgebung überragt. Der Legende nach schaute im Jahre 644 der Stammvater "Tschech" von dessen Gipfel in die fruchtbare Landschaft und beschloss mit seinem kleinen Volk in dieser Gegend zu siedeln und eine Gemeinschaft aufzubauen. Jeder Tscheche - so heisst es heute - sollte einmal in seinem Leben diesen Berg besteigen. Nach diesem sehr interessanten Gespräch verabschiedeten wir uns und er vermittelte mir den Besuch in der nächsten Ev. Gemeinde in der königlichen Stadt Melnik, rund 40km Elbaufwärts. Sehr entspannt radelte ich am Nachmittag dahin. Auf halben Weg stand ein Turm mit den Hochwassermarken der Elbe. Die höchste Markierung findet sich vom bisher höchsten Elbhochwasser in dieser Region von Sommer 2002 (Foto). So ging es gemütlich weiter und von weitem sah ich schon das Brockschloss der Stadt oben auf dem Elbhang und nach 15min mühsamen Anstieg hatte ich die rund 80m Höhenmeter auch geschafft. In einem Cafe sortierte ich meine Fotos, schrieb einen Text und radelte wieder runter zur Elbe zu meinen vorher ausgesuchten Schlafplatz direkt am Elbufer mit wundervollen Blick auf das Schloss (Foto). Ich verabredete mit dem Pfarrer von Melnik für den nächsten Tag noch einen Termin und kochte mir auf meinen Gaskocher einen schmackhaften Wikingertopf. Satt und zufrieden kroch in an diesen Abend in mein Zelt.

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