Veröffentlicht: 05.11.2024
on San Francisco aus wollten wir weiter in den Süden, nach L.A., der letzten Etappe unserer Reise in Nordamerika. Doch vorher wollten wir noch einmal an die kalifornische Küste im Gebiet dazwischen. Unsere Wahl fiel auf Santa Barbara, wo die Reichen und Schönen wohnen sollen, und da fanden wir uns zumindest zu 50% passend. Das Fazit zu Santa Barbara: Es ist wirklich schick und teuer. Selbst die Obdachlosen wirkten hier deutlich gepflegter (und waren seltener als andernorts), die Parks waren verspielt und schön, die weißgetünchten Fassaden zauberten Heile Welt und überall zeigten sich teuer gekleidete Jugendliche, die das Geld ausgaben, welches ihre Eltern durch Leute verdienen ließen, die oft nicht in Santa Barbara leben dürften.
Es fanden sich viele schön eingerichtete Läden mit Edelschnickschnack, von dem man einen Moment vorher noch nicht wusste, dass man ihn gerne besitzen würde. Auf dem Markt im prächtigen Downtown-Shopping-Bereich, fanden sich zahlreiche Bioprodukte und anderes Teures. Schon mehrere Tage vor Halloween ging es in der Innenstadt los mit dem Sammeln von Süßigkeiten für Halloween. Zum einen sicher, weil es gut für die Umsätze ist, aber auch, um nicht mit den mexikanischen dia de los muertos zu konfligieren, der in Südkalifornien auch groß gefeiert wird. So fand sich auch Dekoration für beide Feste an verschiedenen Stellen der Stadt, in der auch noch sehr aktiv an den Krieg mit Mexiko gedacht wird und die ihre spanischen Straßennamen scheinbar ausnahmslos behalten hat, so dass sich kaum eine Straße mit englischsprachigem Namen findet. Aber eigentlich gibt es nicht viel über unseren Trip nach Santa Barbara zu schreiben. Deswegen weiter mit Los Angeles:
Zug und Metro brachten uns fast bis zu unserer Haustür beim Hostel direkt am Hollywood Boulevard mit Blick auf den Walk of Fame, quasi ins Herz der sehr zerfaserten Metropole. Hier zwischen mexikanischen Fast Food-Ständen mit Grillgemüse und scharf angebratenen Würstchen konnte man Partyvolk und Kostüme bewundern, gaben Leute 89$ dafür aus, 10 Minuten mit einem Ferrari zu fahren und bettelten Bettler mit originellen Schildern z.B. um einen Dollar + Steuern.
Hier ließen sich Events mit Hollywood Stars auf dem Roten Teppich bewundern (wir sahen z.B. Selena Gomez) und konnte man für einiges Geld seinen Namen auf einen Hollywood-Stern faken oder gleich einen Oscar kaufen (allerdings aus vergoldetem Plastik). Hier konnte man in einer Bar 17$ für ein Bier ausgeben oder überlegen, ob gefiltertes Leitungswasser und Instantnudeln nicht auch den Magen füllen.
Doch das bunte Treiben endet sehr schnell in den Seitenstraßen. Hier ist nichts von dem aufgedrehten Leben zu finden und findet sich oft nüchterne Tristesse. Los Angeles ist einfach keine Stadt, die man zu Fuß erkundet. Die scheinbar endlos langgestreckte Metropole ist eine Autostadt mit vielen Subzentren und bereitet einem schnell Fußschmerzen bei langen Wanderungen trotz Metro und Bussen.
Los Angeles ist eine der teuersten Städte der Welt. Wenn man den Sunset Boulevard zwischen Splittern, Hundekot, Tankstellen und Schnellrestaurants langwandert, kann man sich schnell fragen, warum. Hollywoods Filmstudios, die langgestreckten Strände der Westküste und die Villen in den Bergen verleihen Los Angeles seinen Glanz – dazwischen gibt es nicht viel.
Aber dennoch war L.A. für uns EINE Reise Wert (aber eher nicht zwei oder drei).
Der Besuch in den Warner Bros.-Studios (Universal skippten wir aufgrund von Zeit- und Geldmangel) war sicher ein Highlight. Der Einblick in einige Hintergründe war interessant, genau so wie das Wiedererkennen einiger Kulissen aus Filmen und Serien. Unser besonderes Highlight aber war es in „Sheldons ,Spot’“ zu sitzen in den Kulissen zur Big Bang Theory. Und was sollen wir sagen? Der ist echt bequem – allerdings schon etwas durchgesessen von den Besucherströmen.
Unser zweites Highlight war Halloween in Hollywood. Hallowen in den USA – und speziell in L.A. – ist anders als in Deutschland. Zwar gibt es viel Gruseldeko drumherum, aber die Kostüme sind sehr oft gar nicht gruselig sondern eher bunt und lebensfroh. Wir begaben uns als Micky Maus und Charlie Brown zum größten Straßenhalloween der Welt, und hier war das Publikum sicher ein besonderes: Neben fertig gekauften oft etwas langweiligen Kostümen gab es sehr viel Kreativität und Selbstgebasteltes zu bewundern. Und auch die Schwule Gemeinschaft L.A.s scheint diesen Straßen-Halloween besonders zu feiern. Einige der exhibitionistischeren Kostüme wären Ende Oktober in Deutschland schon rein klimatisch kaum denkbar.
Ein Ausflug zumindest in die Nähe des Hollywood-Schriftzuges sollte natürlich auch dazu gehören, aber ohne größeren Aufwand kommt man an diesen kaum ran. Wir begnügten uns mit dem Blick von der Sternwarte aus, die viele aus „Rebel Without a Cause“ („Denn sie wissen nicht, was sie tun“) kennen dürften und die auch in anderen Hollywood-Produktionen als Kulisse diente.
Leichter waren die Sterne auf dem Walk of Fame abzuwandern, wobei wir nicht alle geschafft haben. Aber Frau Waas ließ es sich nicht nehmen, mit Wucht auf den Stern von Donald Trump zu treten und Herr Ärmel ließ es sich seinerseits nicht nehmen, auf Trumps Stern zu spucken. Frau Waas weigerte sich aber, davon ein Foto zu machen.
Nach dem ganzen Großstadttrubel wollten wir noch einmal in eine ganz andere Ecke Amerikas. Die Wüste würden wir nicht ganz schaffen, und der Grand Canyon war zu weit weg für einen Tagesausflug, aber der Joshua Tree Nationalpark führte uns dicht an die Wüste ran und erinnerte uns mit seiner kargen Schönheit sehr an Namibia, wobei die Joshua trees die Stelle der Köcherbäume einnahmen im Ökosystem. Auch einen Roadrunner (Rennkuckuck) wie in den Warner Brothers-Cartoons sahen wir, aber es ging uns wie dem Koyoten aus den Zeichentrickfilmen: Er war zu schnell für uns und unsere Kamera.
Der Ausflug in die Wüste brachte noch eine positive Überraschung mit sich: Den Besuch im Ort Joshua Tree, der voller charmanter alternativer Läden war und wie eine Aussteiger-Künstlerkolonie anmutete.
Irgendwie gingen auch die Tage in L.A. letztlich sehr schnell vorbei, und nach einem letzten Essen in Korea Town ging es zum Flieger nach San José in Costa Rica. Vier Monate Nordamerika endeten, und wir verließen die USA mit zwei weinenden Augen: Ein Auge weinte, weil wir wahrscheinlich nie wieder in die USA oder Kanada kommen werden und noch so viel zu sehen oder noch ein zweites Mal zu sehen wäre. Und ein Auge weinte,weil es neben schlechtem Essen und zu großen Autos vieles wirklich Liebenswertes an den USA gibt mit freundlichen weltoffenen Menschen, dass durch die Wahlen am 5.11. bei schlechtem Ausgang massiv bedroht ist. Ein buntes queeres Treiben wie auf dem Santa Monica Boulevard zu Halloween mit schwarz-weißen und asiatisch-mexikanischen Paaren scheint in einem faschistischen Amerika mit einem geisteskranken und kränkbaren irren Tyrannen auf Dauer keine Zukunft zu haben. Von Weltklima, Ukraine, Frauenrechten und anderem ganz zu schweigen.
Doch wollen wir 4 Monate Nordamerika nicht mit einem Idioten beenden – Narzissten ziehen sowieso immer zu viel Aufmerksamkeit auf sich: Wir haben liebe und interessante Menschen getroffen, grandiose Berglandschaften, bunte Städte und gigantische Wälder gesehen und einige der schönsten Ecken der Welt. Nordamerika war ein großartiges Erlebnis. Dass wir den Luxus hatten, diese Reise unternehmen zu können, dafür sind wir dankbar.