Veröffentlicht: 02.11.2024
Der Yosemite Nationalpark ist der drittälteste Nationalpark der USA – und damit gleichzeitig auch der drittälteste Nationalpark der Welt. So etwas kommt nicht von Ungefähr. Der Yosemite ist wahrlich ein National“park“. Zwar mögen die Baumriesen des Redwood Forest noch mehr beeindrucken (wobei es davon hier auch welche gibt), aber der Yosemite hat eine landschaftliche Schönheit, die teilweise fast wie künstlich angelegt wirkt. Rund um das Yosemite Valley mit dem größten Granitfels der Welt pittoresk gelegen bietet er jede menge Fotokulissen. Dabei erstreckt er sich von 550 Metern bis auf fast 4000 Meter Höhe und bietet verschieden Klimazonen und Lebensräume wie in einem künstlich angelegten Zoo. Doch seine Schönheit wird ihm gleichzeitig zum Verhängnis. Das Herz des Yosemite, das Yosemite Valley, wird jedes Jahr von ca. 4 Millionen Besucher*innen geflutet und bringt die Natur an ihre Grenzen. Überall haben wir die Hinweisschilder „Speeding Kills Bears“ am Straßenrand gesehen, die nur dort aufgestellt wurden, wo Bären von Menschen im letzten Jahr angefahren wurden. Nur im letzten Jahr und nur Bären. Das heißt, Hirsche, Wölfe, Pumas, Schafe wurden nicht gezählt – von anderem „Roadkill“ wie Hörnchen oder Opossums ganz zu schweigen. Und auch sonst sieht man die Schäden, die der Mensch verursacht. Die durch Menschenhand gestressten Wälder sind teilweise weitflächig abgestorben. Ob nun Klimawandel, ein Pilz oder eingeschleppte Insekten die Ursache sein mögen – im Grunde bleibt es beliebig. Dahinter steht der Mensch, die seinen „Krieg gegen die Natur“ offiziell beendet hat aber aus Gedankenlosigkeit und Bequemlichkeit nur unwesentlich gebremst weiter tötet. Doch damit soll an diese Stelle Schluss sein, was die Umweltzerstörung angeht. Schauen wir auf die Schönheit:
Je weiter wir während unserer Anreise vom Redwood Forest nach Süden und je weiter wir ins Landesinnere kamen, desto trockener wurde es, desto kleiner und seltener die Bäume, desto kürzer das Gras. Irgendwann endeten trotz Bewässerung die Weinstöcke und kamen Olivenbäume oder Steppenland. Dann stiegen langsam die Berge im Dunst vor uns auf, wurden die Hänge langsam grüner und üppiger. Als wir den Yoesemite erreichten, fuhren wir schließlich durch weit gestreckte lichte Wälder, in denen Nadelbäume dominieren, kamen an Redwoods und vielen verschiedenen Bäumen vorbei. In jeder Kurve wartete eine wunderbare Aussicht auf uns: Der Granitriese El Capitan bietet eine wunderbares Fotomotiv; die insgesamt über 700 Meter hohen Wasserfälle des Yosemite sind zwar im Oktober ausgetrocknet, doch das trockene Flussbett verläuft durch eine wunderschöne Landschaft und der vor uns aufragende Granit bildete dazu einen großartigen Hintergrund. Im Wald blieben die Tiere schwer zu entdecken. Verschiedene Hörnchen und Vögel begleiteten uns, ansonsten war es schwer, die zwischen den Bäumen versteckten Tiere zu entdecken. Doch ein nächtlicher Gang zum Bad verschaffte Herrn Ärmel die Begegnung mit einem Waschbär, der dem strengen Hausverbot trotzend auf der Galerie des alten Hotels entlanghangelte, um seinem Ruf als „Trash-Panda“ gerecht zu werden. Ertappt verzog sich Trisha Trash-Panda (Name von der Redaktion frei erfunden) jedoch nach wenigen Sekunden.
Das Hotel strahlte insgesamt jede Menge Charme alter Zeiten aus, ist jedoch leider in die Jahre gekommen und wirkt etwas durch verfehltes Management heruntergewirtschaftet. Dafür entschädigt die schöne Lobby, in der wir abends saßen und – mangels WLAN-Verbindung – dem in Würde gealterten Pianisten lauschten, der alte Ragtime-Lieder, hundert Jahre alte Klassiker und einige etwas modernere Lieder teils in Quod libets und Medleys vermengte und uns gemütlich am alten Schachtisch mit schönen Intarsien sitzend das Gefühl gab, einen Hotelabend im Jahr 1924 zu erleben. Das passte in die zeitlose Schönheit der Natur, die an den Abenden in stiller Dunkelheit lag wie vor hundert Jahren.
So war Yosemite auf jeden Fall den Umweg wert, den wir von Santa Rosa nach San Francisco für ihn machten und bleibt uns als eine der schönsten Landschaften in Erinnerung, die wir beide in unserem Leben gesehen haben und wahrscheinlich sehen werden.