Veröffentlicht: 29.05.2023
Waaas, nun soll wirklich „schon“ alles vorbei sein (#mimimi #gränndoch #schaffekennschuso)?! Die letzten paar Wochen sind wie im Flug vergangen. Das Ganze fühlt sich für mich irgendwie surreal an. Noch bin ich hier und darf ein kleines bisschen im Fantasialand verweilen, aber in ein paar Stunden werde ich wieder in der Schweiz sein und muss mich der (mit Pendenzen überhäuften) Realität stellen (…oh Gott dieses Gejammer ist ja nicht auszuhalten, darum schleunigst wieder zurück zum Blog :)).
Eigentlich schwebte mir ja vor, die letzten Tage in Südamerika irgendwo an einem kolumbianischen Strand zu chillen (Seele baumeln lassen, „dolce far niente“ und so nen Kram halt…). Nun aber ihr kennt mich ja mittlerweile etwas...:). Barrello konnte es wieder einmal einfach nicht lassen und musste sich unbedingt noch ein allerletztes Mal in ein Abenteuer stürzen (dazu später mehr). Nachdem ich es bis anhin erfolgreich vermieden habe, mich anderen Travelers anzuschliessen (die kurze Geschichte mit den beiden Italienern in Rosario/Cordoba, zähle ich jetzt mal nicht dazu), bin ich nun doch noch schwach geworden und bin die letzten paar Tage mit einer (ursprünglich aus Portugal stammenden, Food-/Botanikliebhaberin) Westschweizerin (wir mussten uns übrigens auf englisch unterhalten, da mein angestaubtes französisch mittlerweile noch fast schlechter ist als mein spanisch) und einer (meist "Schtei schrissende", medioker sympathischen) Australierin weitergereist. Da ich nur noch wenig Zeit übrig hatte, mussten die nächsten Reiseetappen genauestens geplant werden. Ursprünglich hätte ich eigentlich ein paar Tage im Tayrona National Park (wandern im Dschungel/Seele baumeln lassen an karibischen Traumstränden) verbringen wollen, entschied mich dann aber kurzerhand dazu, das weitaus weniger erholsame Dschungeltrekking-Abenteuer zur „Ciudad Perdida“ (= verlorene Stadt) in Angriff zu nehmen. Zunächst ging‘s aber weiter zur rund 170 km östlich von Cartagena liegenden Küstenstadt Santa Marta.
Santa Marta (19.05-21.05)
Tja, was soll ich sagen, bis auf ein mehr oder weniger spannendes Goldmuseum, gibt die Stadt nicht sonderlich viel her. Für Taucher/Schnorchelfans (wäre ich ja prinzipiell, hatte aber gerade keinen Bock darauf…) soll es in der Umgebung aber angeblich ein paar gute Spots geben. Meiner Ansicht nach kommen die meisten Traveler lediglich nach Santa Marta (aka notgedrungener Ausgangspunkt), um die umliegenden Ortschaften zu erkunden. Nebst Minca (kleines Dschungelkaff, beliebt für Kaffee-/Kakaoplantagenbesuche, Vogelbesichtigungen, Wanderungen und zum Chillen), sind hier sicherlich der Tayrona National Park und die „Ciudad Perdida“ zu nennen. Wir waren zwei Nächte in Santa Marta. Hätte ich kompromisslos für mich alleine entschieden, wäre ich vermutlich nach einer Nacht weitergezogen (…ich weiss schon warum ich mich bisher gesträubt habe, mich anderen Reisenden anzuschliessen…). Aber wir wollen jetzt mal nicht so sein, zum Schluss noch ein kleines bisschen JOMO (= joy of missing out…den Ausdruck gibt‘s wirklich!!)) hat mir sicher nicht geschadet :). Bevor wir uns in das unglaublich anstrengende Dschungeltrekking-Abenteuer stürzten, verbrachten wir noch zwei Tage in Minca. Bzw. war das ursprünglich der Plan, denn unser Hostel befand sich irgendwo sonst im Dschungel…
Irgendwo sonst im Dschungel (21.05-23.05)
Das Irgendwo-sonst-im-Dschungel ist ca. 1 h Fahrstunde von Santa Marta entfernt und ist nur (zumindest der letzte Streckenabschnitt) mit geländegängigen Fahrzeugen oder Mototaxis zu erreichen. Wir entschieden uns für Letzteres, was lustig, wenn auch etwas halsbrecherisch war (ihr könnt euch in etwa vorstellen, wie gut so eine „Dschungelstrasse“ sein kann…). Das namenlose Dschungelkaff ist ein paar km von Minca entfernt und ist eingebettet in die spektakulären Gebirgsketten der Sierra Nevada de Santa Marta. „Die im Norden Kolumbiens gelegenen Bergketten der Sierra Nevada de Santa Marta sind geografisch ein isolierter Teil der Zentralkordilleren Südamerikas. Ihre und damit Kolumbiens höchste Gipfel sind mit jeweils 5’775 m der Pico Cristóbal Colón und der Pico Simón Bolívar. Die Gipfel liegen nur 45 km von der Karibikküste entfernt. Die Bergkette gilt damit als höchstes Küstengebirge der Welt.“ Danke Wiki:). Tja und was macht man den lieben langen Tag in so einem Dschungel? Man geht beispielsweise eine Mikro-Kakaofarm besuchen, macht eine mehrstündige Dschungel-Wasserfall-Wanderung oder versucht sich als Hobbyimker in einer Bienenzucht (siehe Fotos).
Ciudad Perdida (24.05-27.05)
Jeder kennt das touristisch völlig überlaufene Maccu Picchu, aber kein Schwein bzw. (noch relativ) wenig Schweine kennen Ciudad Perdida :). Die Stadt/Ruine befindet sich rund 40 km südöstlich von Santa Marta (in der bereits erwähnten Dschungelbergwelt der Sierra Nevada de Santa Marta) und ist nur mittels mehrtägigen Dschungelwanderungen (je nach Fitnesslevel zw. 4-6 Tage) zu erreichen. Man geht davon aus, dass die verlorene Stadt zwischen dem 11. Jhd. und dem 16. Jhd. von den Tayrona (Naturvolk) erbaut wurde. In ihrer Hochzeit lebten dort mehrere Tausend Tayronaer (oder so..). Letztere verdünnisierten sich, nachdem die Spanier einmarschiert sind. Die Spanier haben die „Stadt“ also nie betreten. Man mag es kaum glauben, aber Ciudad Perdida wurde erst Anfang der 70er Jahre von Goldgräbern wieder entdeckt (…und geplündert). Ein Teil der damaligen Fundstücke befinden sich in den Goldmuseen in Cartagena, Bogota und Santa Marta. Heute gehört das Land offiziell den Naturvölkern. Diese leben im Übrigen nach wie vor in dieser unwirklichen Umgebung und setzen sich für die Instandhaltung der Anlage ein. Ein geringer Teil der Tourkosten (pro Touri etwas mehr als 10 CHF, die ganze Tour kostet im Übrigen über 300 Schtutz!!) wird der dort lebenden, indigenen Bevölkerung zugesprochen. Grundsätzlich versucht man den Tourismus einzudämmen, aber mal sehen, wie sich die ganze Sache in den nächsten Jahren entwickeln wird…Nun gut, so viel mal zu den Hintergrundinfos zur verlorenen Stadt…Die Wanderung war in vielerlei Hinsicht extrem!! Extrem schön (siehe Fotos), extrem spannend (v.a. die Begegnungen mit der indigenen Bevölkerung) und extrem anstrengend. Die über 45 km lange, 4-tägige Dschungelwanderung mit teilweise haarsträubenden Steigungen, im feuchtheissen, Mücken verseuchten Tropenklima (Temperaturen jenseits von 30 Grad Celsius + 90% Luftfeuchtigkeit), haben mich wiederholt an meine persönliche Belastungsgrenze gebracht!! Auch wenn sich die Tierchen natürlich wieder einmal vor mir versteckt haben, diese Wanderung ist wirklich ein absolutes Muss, wenn man in Kolumbien unterwegs ist!!! An alle potenziellen Nachahmer…Du brauchst: eine gute Ausdauer, eine gewisse Schmerztoleranz (Muskelkater, Blasen etc. sind ziemlich wahrscheinlich), jede Menge Ersatzklamotten (obschon diese jeweils nach 5 Minuten durchgeschwitzt waren) und Mückenspray (v.a. in Ciudad Perdida wurden die Dinger richtig ungemütlich), tonnenweise Trinkwasser (kann glücklicherweise an vielen Orten nachgetankt werden), gutes Schuhwerk (gewisse Streckenabschnitte waren wirklich ziemlich anspruchsvoll, da supersteil, supermatschig und superrutschig), Badezeugs (wir haben an ein paar paradiesischen Naturbecken Halt gemacht) und natürlich gute Laune (…die kommt von ganz alleine, wenn man sich durch diese faszinierende Dschungelwelt bewegt :)). Nachdem der schöne Spuk vorüber war, habe ich mich schon darauf eingestellt, dass ich die folgenden Tage schmerzleidend vor mich hinvegetieren müsste. Zu meinem grossen Erstaunen habe ich die ganze Geschichte aber ziemlich gut weggesteckt. Nach einem Erholungstag in Santa Marta, ging‘s weiter nach Bogota, dem allerallerletzten Halt meiner Reise :((
Bogota (29.05-31.05)
Aus unerfindlichen Gründen habe ich mehrmals zu hören bekommen, dass die Hauptstadt Kolumbiens nicht wirklich sehenswert sei. Diesen Eindruck hatte ich überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil, mir gefiel Bogota wesentlich besser, als das meiner Ansicht nach viel zu hektische/laute Medellin. Es macht einfach Laune durch die kopfsteingepflasterten Gassen von Bogotas Altstadt (La Calanderia) zu schlendern und dabei die vielen bunten Kolonialhäuser, Kirchen und Plazas in Augenschein zu nehmen. Daneben gibt‘s jede Menge sehenswerte Museen (z.B. das Botero Museum), Restaurants (v.a im etwas nobleren, nördlichen Quartier zona rosa), Bars und Cafés. Mit mehreren hundert Kilometer Ciclovías (Radwegen) gilt Bogota im Übrigen als DIE Velostadt Südamerikas. Bogota war in den 70ern die erste Stadt weltweit, die an Sonntagen Strassen sperrte, um sie FahrradfahrerInnen, JoggerInnern und anderen FreizeitsportlerInnen zu überlassen. Wettertechnisch sieht’s leider aber ein bisschen düsterer aus. Nachdem mir das feuchtheisse Tropenklima der letzten Wochen des Öfteren zu schaffen gemacht hat, durfte ich in Bogota wieder wärmere Klamotten auspacken. Die Stadt liegt auf 2’625 m, da erstaunt es irgendwie nicht sonderlich, dass sich die Temperaturen im Jahresverlauf zwischen 7 und 19 Grad Celcius bewegen (ich glaube in der Schweiz nennt sich das Winter ;). Nun gut, wahnsinnig viel kann ich über Bogota eigentlich gar nicht berichten, ich war ja schliesslich nur 2,5 Tage dort (…und ein Teil der Zeit ging für allgemeine Vorbereitungen/Blog schreiben etc. darauf). Es empfiehlt sicher das Botero Museum (ihr erinnert euch, der Künstler mit den molligen Figuren…ich liebe seine Werke!!) und das Gold Museum (aka the Grabräubers Nightmare) zu besuchen und einen kleinen Ausflug (zu Fuss oder per Gondeli) auf den Hausberg (Monserate) zu machen.
Die Sache mit der genialen Quintessenz ;)
247 Tage, 50’000 Kilometer, feuchtheisse Dschungel, surreale Eiswelten, atemberaubende Wüstenlandschaften, verlassene Steppen, arktische/karibische/atlantische/pazifische Meere, (aktive) Vulkane, Berge, Gletscher, Schluchten, Fjorde, Inseln, (Salz-)Seen, Flüsse, tosende Wasserfälle, farbenprächtige Lagunen, faszinierende Tierwelten, jede Menge Städte, unterschiedlichste Kulturen, Myriaden schöner, tragischer, lustiger, berührender menschliche Begegnungen und noch so UNGLAUBLICH VIEL mehr!!! Ich wurde in der letzten Zeit immer wieder gefragt, was denn mein bisheriges Highlight auf dieser Reise war. Ganz ehrlich, ich wüsste beim besten Willen nicht, wie ich diese Frage beantworten könnte!! Irgendwie kommt mir die ganze Reise wie eine viel zu lang gewordene Staffel einer Abenteuer-/Dokumentar-/Actionserie vor- ein kunterbuntes Kaleidoskop von Eindrücken, Farben und Stimmungen!! Daraus eine (geniale) Quintessenz zu ziehen, wird mir selbstverständlich nicht gelingen. Was habt ihr denn gedacht :)?! Nichtsdestotrotz, ich versuch mal ein paar abschliessende Gedanken und Eindrücke festzuhalten. Ich werde jetzt aber hier sicher nicht noch einmal wiederholen, wie unglaublich schön, vielseitig, faszinierend und inspirierend der ganze Trip war..:). Aber wie so vieles Leben, hat die ganze Geschichte natürlich auch eine Kehrseite…Reisen kann unglaublich ermüdend, schweisstreibend und manchmal auch ziemlich frustrierend sein!!! Ich weiss ja nicht, wie es anderen Reisenden so geht, aber ich bin etliche Male an meine Grenzen gestossen. Im Weiteren sieht man sich auf unangenehmste Weise mit einer Binsenwahrheit konfrontiert: es geht mir/uns (insbesondere in der Schweiz) ökonomisch, sicherheits- und regierungstechnisch gesehen gut, sogar verdammt gut!!! Ist schon klar, jedes Kind weiss das…Nichtsdestotrotz, diese Reise hat mir wieder einmal eindrücklich vor Augen geführt, was es bedeutet unter widrigsten Umständen leben zu müssen. Die Armut und das Elend, dass ich an gewissen Orten zu Gesicht bekam, hat mich gleichermassen schockiert und traurig gemacht. In unserem Alltagstrott vergessen wir (ich zähle mich natürlich auch dazu) leider allzu oft, in welch hochprivilegierter Welt/Bubble wir eigentlich leben dürfen. 700 Millionen Menschen leben in extremer Armut, mehrdimensional betrachtet sind sogar 1.3 Milliarden Menschen davon betroffen. 80-90% der Weltbevölkerung hat noch nie ein Flugzeug von innen gesehen. Was ich also in den letzten Monaten alles erleben durfte, wird den meisten Menschen (auch vielen in der Schweiz!!) ein Leben lang nie zuteil werden. Tja, und ich habe dazu absolut NICHTS beigetragen, ich hatte einfach unglaublich Glück im „richtigen“ Land (und unter mehr oder weniger günstigen Bedingungen) geboren worden zu sein. Dafür bin ich natürlich unendlich dankbar!!! Ich möchte jetzt hier auch nicht den Moralapostel spielen, aber ich denke, es schadet nicht, wenn man sich dem bewusst ist!! Die Leute in Südamerika sind wirklich unglaublich!! Ich hoffe, es gelingt mir ein kleines bisschen der (ungemein ansteckenden) südamerikanischen Lebensfreude und Gelassenheit abzuschneiden und mit nach Hause zu nehmen :):)
Was sonst: geht raus, entdeckt, staunt, seid Kind, seid im Moment, lacht, tanzt!! Die Welt bietet so unglaublich viele Möglichkeiten, wenn man bereit ist sein Herz dafür zu öffnen (…nicht das ich mich diesbezüglich als Experte bezeichnen würde, aber ich arbeite daran…:)) Wer weiss, vielleicht hat euch mein Blog inspiriert, selbst wieder einmal auf Reisen zu gehen (es muss ja nicht unbedingt Südamerika sein :))!!
Ich freue mich auf ein baldiges Wiedersehen in der Schweiz!! Ihr seid super, bis gli!!!
Und vielen herzlichen Dank nochmals für all die lieben, motivierenden Kommentare & Komplimente zum Blog!!!