Reiseblog von Fabienne & Simon
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S: Der "Mythos" Kuba

Veröffentlicht: 14.10.2019

Mit Kuba assoziierte ich Che Guevara, Zigarren, Rum und amerikanische Oldtimer. Dies war meine Wahrnehmung vor meiner Ankunft auf der grössten karibischen Insel.

Um die wirtschaftliche und politische Entwicklung Kubas seit der Revolution im Jahre 1959 durch Fidel, Che und Co. wissenschaftlich erläutern zu können, bedürfe es einer ausführlichen, innen- sowie aussenpolitischen Analyse in Zusammenhang mit dem kalten Krieg sowie den Sanktionsmassnahmen seitens der USA. Darauf möchte ich nun gerne verzichten und verweise gerne auf Wikipedia. :-)

Nach dreieinhalb Wochen Aufenthalt in Kuba, möchte ich nun meine Wahrnehmungen zum Mythos Kuba präzisieren: Mit Vietnam, China und ehemaligen UDSSR-Staaten habe ich bereits Einblicke in (ex-)kommunistische Staaten erhalten. Die Propaganda, die in Kuba herrscht, wurde jedoch nirgendwo übertroffen. Die Hauptprotagonisten der kubanischen Propaganda sind Fidel Castro («Commandate en Jefe»), Ernesto Che Guevara («El Commandante»), José Marti (Märtyrer aus dem ersten Revolutionskrieg gegen die Spanier Ende des 19. Jahrhunderts) sowie weitere Revolutionsführer. Deren Abbilder und Büsten zieren Schulen, Busse, Tankstellen, Stassenschilder und Museen. Obwohl «La Revolucion» bereits 60 Jahre her ist, brüstet sich die Dauerregierung um die Gebrüder Castro stets noch mit Revolutionsidealen und -errungenschaften. Mir scheint es nahezu ironisch, dass heute immer noch die Revolutionsregierung in Militäruniformen an der Macht ist, denn grundsätzlich sollte eine Revolution keinen Dauerzustand, sondern eine Transformation darstellen. Davon hat Kuba meines Erachtens in den 60 Jahren wenig erlebt. Abgesehen von gewissen Errungenschaften, welche der Kommunismus hier hervorgebracht hat (was übrigens propagandamässig überall zur Schau gestellt wird), wie Alphabetisierung und Gleichberechtigung, hinkt das Land dem Fortschritt der westlichen Welt weit hinterher. Für Touristen mag dies ein Grund für den Sehnsuchtsort «Kuba» darstellen. Was dies für die lokale Bevölkerung bedeutet, kann man sich selbst ausdenken. Zwar haben wir mehrfach von Einheimischen gehört, dass es ihnen doch ganz gut gehe und sie ihr Land, die Natur und Mentalität der Menschen hier schätzten. Dennoch: Lebensmittel als auch sämtliche anderen Mittel des täglichen Bedarfs wie Elektronik, Toilettenpapier, Regenschirme, usw. – ich könnte die Liste ewig lange weiterführen -, sind nicht oder nur spärlich vorhanden. Kuba verfügt abgesehen von Rum und Tabak über keine nennenswerte Industrie. Alles muss von den Bewohnern selbst importiert werden. Es gibt keinen H&M und keinen Mediamarkt. Für den Einkauf von Hygieneartikeln und Elektronik fliegen die Kubaner in benachbarte Länder wie Mexiko oder Panama. Leisten kann sich dies nur die Oberschicht, die ihr Geld mit dem Tourismus verdient. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Mehrheit der Bevölkerung keinen Zugang zum Internet hat. Eine Stunde Internet kostet hier CUC 1 (= CHF 1). Bei einem durchschnittlichen Monatslohn beim Staat von rund CUC 25 stellt dies eine Unmenge Geld dar. Die Digitalisierung ist treibende Kraft von Meinungsbildung. Freie Meinungsbildung ist in Kuba erschwert, zumal es sich – nebst Mangel an Internetzugang – um einen Einparteienstaat handelt, der von der Primarschule an den Menschen indoktriniert, das einzig Wahre sei die Revolution, das Volk, Che Guevara, Fidel, usw. Die Banknoten Kubas sind verziert mit den bereits genannten Gesichtern sowie mit den tollen Errungenschaften der Revolution, die vor 60 Jahren stattgefunden hat. Auf der 1-Peso-Münze steht folgender Spruch: «Patria o Muerte» - Heimatland oder Tod. Mit zwei Kubanern haben wir ein wenig ausführlicher über deren politischen Einstellungen geredet. Zwar kritisierten beide den Staat ein wenig indirekt, doch keiner sagte etwas direkt Negatives über die Regierung. Hängt dies mit der Indoktrinierung oder mit der Furcht vor Repression zusammen? Es wird wohl ein Mix aus beidem sein.

Wie geht es weiter mit Kuba?

Obwohl ich nicht um die Jahrtausendwende hier war, als die Lage hier betreffend Versorgung prekärer gewesen sein soll, macht es den Anschein als komme auch Kuba ein wenig in Fahrt. Der Tourismus floriert. Devisen kommen so ins Land und steigern die Kaufkraft Kubas. Dennoch täten Kuba mehr Demokratie, mehr Digitalisierung und ein bisschen mehr Kapitalismus gut. Der gesamte Mythos Kuba würde dann zunehmend zum Leiden der Touristen verschwinden, aber zum Wohle des Volkes.

Zum Abschluss noch ein paar Worte zu den gängigen, eingangs erwähnten Klischees:

Ernesto Che Guevara: Erhielt die kubanische Staatsbürgerschaft erst nach der Revolution, war ursprünglich ausgebildeter Arzt aus Rosario in Argentinien. Nach der Revolution wurde Che in der Regierung Castros installiert, war jedoch mässig erfolgreich und galt sogar der Regierung als zu «linksextrem». Als Idol und Ikone der Revolution ist er aber nach wie vor das meistgesehene Gesicht Kubas, sei es auf Banknoten, T-Shirts, Kühlschrankmagneten, usw.

Zigarren: In der Zeit in Kuba konnte ich meinen Snus-Vorrat schonen und Zigarren rauchen. Cohiba, Partagas, Romeo y Julieta um nur ein paar wenige bekannte Marken zu nennen, kosten hier deutlich weniger als in der Schweiz. Die günstigsten Zigarren gibt es jedoch auf den Tabakfarmen zu kaufen. Die sogenannten «Puros» werden vor Ort handgedreht und kosteten mich max. CUC 1,5 pro Stück. Sämtliche exportierenden Zigarrenfabriken sind in staatlicher Hand.

Rum: Rum ist der günstigste Alkohol in Kuba. Der meist sichtbare: Havana Club. Gibt es in den meisten Shops keine Getränke zu kaufen, Rum gibt es immer!

Oldtimers: Bis zur Revolution 1959 waren die USA ein wichtiger Handelspartner Kubas. Nach der Revolution und der damit einhergehenden Verstaatlichungsreihe vieler amerikanscher Unternehmen auf Kuba sind die Handelsbeziehungen bekanntlich zusammengebrochen. Der Import von Fahrzeugen war erschwert, weswegen die Fahrzeuge nicht ersetzt, sondern lediglich repariert und restauriert wurden. Die meisten Oldtimer verfügen heutzutage über asiatische Motoren. Was die meisten nicht wissen: Es gibt in Kuba mehr russische Ladas als amerikanische Oldtimer. Nebst Ladas zieren auch russische Moskwitsch und Wolga die Strassen Kubas.

Antworten (1)

Peter
Trotzdem: Viva la revolucion!

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