Veröffentlicht: 02.04.2019
Nach sechs Monaten unserer Reise sind wir nun in dem Land angelangt, das am weitesten von unserem zu Hause entfernt liegt: Neuseeland. Trotz der geografischen Ferne fühlen wir uns hier so nah an Deutschland wie noch nie in den vergangenen Monaten: So gut uns das Essen in Asien geschmeckt hat, so sehr freuen wir uns hier über ein simples Käsebrot zum Frühstück. Auch der Lebensstil der Neuseeländer gleicht dem in Europa, manche Landschaften erinnern uns an Norddeutschland andere an den Schwarzwald und das deutsche Sommerwetter scheint hier zu überwintern. Dies alles bietet für uns eine willkommene Pause vom asiatischen Verkehr, dem tropischen Klima und dem tagtäglichen Reis.
Wobei wir uns direkt nach unserer Ankunft in Auckland schneller wieder in einem asiatischen Homestay wiederfanden als uns lieb war. Denn als wir in dem Hostel ankamen, das wir für die ersten Nächte gebucht hatten, stellte sich heraus, dass Kinder dort nicht willkommen sind. Damit hätten wir nie gerechnet! Zum Glück fanden wir schnell eine andere Unterkunft und konnten uns ein Lachen nicht verkneifen, als die Tür von einer Chinesin geöffnet wurde. Willkommen zurück in Asien?! Nachdem wir im weiteren Verlauf unserer Reise noch mehrere solcher von Chinesen geführten Homestays gesehen haben, scheint dies eine gängige Einnahmequelle für Chinesen in Neuseeland zu sein.
Dies sollte nicht das letzte Mal sein, dass es wegen Antonia kompliziert wurde. Wir haben viele deutsche Familien mit Kindern getroffen - ein Hoch auf die Elternzeit. Dass manche der Kinder erst geboren wurden, als wir gerade durch Nepal gestiefelt sind, hat uns vor Augen geführt, wie lange wir schon unterwegs sind. Neuseeland ist in unseren Augen aber nur dann ein ideales Reiseland mit Kindern, wenn man mit dem eigenen Camper unterwegs ist. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommt schnell das Problem auf, dass wir für Antonia in Kleinbussen – auf die man oft angewiesen ist – einen Kindersitz benötigen. Der war zum Glück schnell organisiert. Das bedeutete aber auch, dass wir auf unseren Reisen durchs Land zusätzlich zu unserem Gepäck noch einen Kindersitz herumtragen mussten. Selbstverständlich geht’s um Antonias Sicherheit und die Hilfsbereitschaft sowie Freundlichkeit der Neuseeländer im Umgang mit solchen Sonderfällen hat uns schnell wieder versöhnt. Diese Freundlichkeit begegnet uns hier oft: die Zollbeamtin, die nett mit uns plaudert; der Busfahrer, der aussteigt, um uns mit dem Gepäck zu helfen; der Hostel-Betreiber, der seinen Nudelauflauf mit uns teilt. Und ja, auch der Rezeptionist in Auckland, der uns abweisen musste, hat alles getan, um uns dennoch weiterzuhelfen.
Immer wieder ist uns die Selbstironie der Neuseeländer aufgefallen: Oft lachen sie über sich am lautesten. Dazu gehört es wohl auch einen flugunfähigen, halb-blinden Vogel zum Nationalsymbol zu machen. Wobei es unserer Meinung nach ein bisschen zu viel Selbstironie ist, ihn auch zum Symbol der neuseeländischen Luftwaffe zu küren.
Die Entspanntheit und Unbekümmertheit der Neuseeländer haben wir sehr genossen. Obwohl wir schon sehr überrascht waren, dass es bei Inlandsflügen keine Passkontrolle oder einen Security-Check gibt. Diese Entspanntheit überträgt sich auf einen. Man geht davon aus, dass die Probleme der Welt hier weit weg sind. Der Terror-Anschlag auf die Moscheen in Christchurch hat uns (und die Neuseeländer) auf dramatische Weise mit der Realität konfrontiert.
Seit Jahren erlebt das Land einen Tourismusboom. Es erstaunt und begeistert uns, wie es dem Land gelingt damit umzugehen. Parkplätze an den Sehenswürdigkeiten werden ausgebaut, Toilettenanlagen installiert und Wege angelegt. Informationsbüros versorgen einen umfangreich und auf staatlichen Campingplätzen kann man günstig und meistens auf Vertrauensbasis übernachten. Wir sind uns aber auch mit vielen Kiwis, mit denen wir gesprochen haben, einig, dass der Ausbau dieser Infrastrukturen begrenzt sein soll und sich refinanzieren muss. Parkplatzgebühren, Eintritt zu Sehenswürdigkeiten und strikte Kontrollen auf den Campingplätzen sind wohl nur noch eine Zeitfrage. Derzeit stellt das Land in dieser Beziehung noch ein touristisches Schlaraffenland dar. Einerseits ist es schade, dass zu solchen Maßnahmen gegriffen werden muss, andererseits scheint es unumgänglich, um steigende Touristenzahlen und damit verbundene negative Begleiterscheinungen einzudämmen und auch den Neuseeländern noch etwas von ihrem Land übrig zu lassen. Keinen Spaß verstehen sie schon jetzt, wenn es um Umweltverschmutzung geht. Eine über Bord geworfene Coladose kostet einen schnell um die 5.000 € Strafe.
Neben den herzlichen Menschen sind es vor allem die atemberaubenden Landschaften Neuseelands, für die sich die weite Anreise lohnt. Denn kaum eine Stunde entfernt von Schwarzwald-ähnlichen Wäldern wähnt man sich plötzlich im Regenwald Borneos. Von dort ist es wiederum nicht weit zu traumhaften Sandstränden und nur ein paar Kilometer weiter findet man sich an rauen Steilküsten wieder. Tiefe Schluchten wechseln sich ab mit weiten Flusstälern und beschauliche Schafsweiden mit kargen Felslandschaften. Hinter jeder Kurve wartet ein neues Highlight. Neben den Landschaften haben es uns auch die wilden Tiere wie Pinguine, Robben oder Wale angetan, die wir beobachten konnten.
Die Einzigartigkeit Neuseelands liegt in unseren Augen in genau dieser Vielfalt an beeindruckenden Landschaften auf so kleinem Raum. Nicht zuletzt haben auch Swenjas Freunde aus Schüleraustausch-Zeiten, die wir hier über die Inseln verteilt besucht haben, die Zeit in Neuseeland zu etwas Besonderem werden lassen. Auch nachdem wir uns jahrelang nicht gesehen haben, wurden wir immer wie selbstverständlich mit offenen Armen begrüßt und gar für mehrere Tage aufgenommen. Wie wir auch schon auf unserer bisherigen Reise festgestellt haben, sind es die Menschen, die man unterwegs trifft, die unseren Eindruck von dem jeweiligen Land am intensivsten prägen.