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Wolgograd und der Hang zum Gigantismus

Veröffentlicht: 20.09.2017

Wolgograd, 14.09.2017

Mittlerweile sind wir in Wolgorad angekommen. In meiner Vorstellung war Wolgograd immer ein sehr kalter, irgendwie sumpfiger Ort. Das Gegenteil ist der Fall. Die Sonne brennt gnadenlos bei 35 Grad vom Himmel. Der Wald aus Russlands Norden hat sich in eine Steppenlandschaft verwandelt und überall an den Straßenrändern kann man Melonen für unglaublich wenig Geld kaufen. Das Kilo Melone kostet ca. 10 Cent. Die Landschaft rings um Wolgograd ist fantastisch. Die Wolga schlängelt sich durch sandige Hügellandschaften. Dieser gewaltige Fluss ist überall durchsetzt mit kleinen Inseln und große Frachtschiffe sehen auf dem Fluss aus wie Ameisen. Ich dachte immer, die Elbe sei ein großer Fluss, jetzt weiß ich es besser... Die letzte Brücke, die bei Saratow über die Wolga führte war knappe 3 Kilometer lang. Wolgograd wurde nach dem Krieg von Null wieder aufgebaut. Stalin konnte sich hier richtig austoben und so werden die Straßen bestimmt von riesigen monumentalen Bauten und gigantischen Alleen. Überall prangen Bilder von Lenin von den Häusern. Die Stadt scheint vor Patos überzulaufen. Hanna und ich wollen nur einen Stadtbummel machen und danach weiterfahren. Eines lassen wir uns dabei aber nicht entgehen. Im zweiten Weltkrieg hat  die Kesselschlacht von Stalingrad bekanntermaßen für die Soviets die Wende im Krieg gebracht und natürlich musste das nach dem Krieg gebührend gewürdigt werden. Dazu ließ man auf dem Berg 102, einem der am heftigsten umkämpften Hügel der Schlacht um Stalingrad ein Denkmal bauen. Wer denkt, er hätte mit der Freiheitsstatue oder mit der Jesusstatue in Rio eine große Statue gesehen wird hier eines Besseren beehrt. Die Russen setzten kurzerhand eine 84 Meter hohe Darstellung aus Beton von Mutter Russlad den Hügel ( Zum Vergleich: Die Freiheitsstatue ist gerade einmal halb so groß). Die wütend dreinblickende Frau reckt ein Schwert in die Höhe. Überall aus der Stadt ist dieses Monstrum zu sehen. Eine Treppe führt den Berg hinauf. Eine Stufe für jeden Tag der Schlacht um Stalingrad. Dabei stehen links und rechts vom Weg Statuen von Soldaten, Verwundeten und Zivilisten. Dann geht es weitere Stufen  zwischen zwei Betonwänden mit bildhauerisch ausgearbeiteten Kriegsszenen hinauf. Aus versteckten Lautsprechern dröhnt Maschinengewehrfeuer und russische Kampflieder. Das alles wirkt ein bisschen surreal wird aber noch deutlich von der Halle der Helden übertrumpft. Die freitragende Betonhalle am Fuße der Statue ist ein Traum aus goldenen Mosaiksteinchen. In der Mitte brennt wie üblich eine Fackel in einer gigantischen Steinhand. Vor der Fakel stehen zwei Soldaten Wache. Zur Wachablösung kommt der Ablösesoldat im Stechschritt anmaschiert und nimmt ein Tuch unter der Uniformmütze des Wachsoldaten heraus und wischt ihm den Schweiß vom Gesicht und tut das Tuch anschließend wieder unter die Mütze. Dann wird gewechselt. An der Hallenwand sind alle gefallenen sovietischen Soldaten mit Namen aufgeführt. Durch diese Halle indurch gelangt man zu den Füßen der Statue und in einen Park mit einer herrlichen Aussicht und kann sich von der Zurschaustellung sovietischer Stärke erholen. Das hat man dann auch bitter nötig. Entgegen meinen Erwartungen ist die Stadt an sich ganz schön und wir gehen noch sehr gut in einem georgischen Restautrat essen. Danach geht es weiter. Wir haben uns für die rechte Wolgaseite nahe der kasachischen Grenze entschieden um unseren Weg Richtung Astrackan fotzusetzten.

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